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Der militärische Kunstschutz der Wehrmacht wurde im Mai 1940 nach dem Vorbild seiner Vorgängerorganisation im Ersten Weltkrieg, im Vorfeld des Westfeldzugs auf Vorschlag des Reichserziehungsministeriums (REM) und durch Befehl des Oberkommandos des Heeres (OKH) gegründet, nachdem in bereits eroberten Ländern wie Polen, Dänemark und Norwegen zum Teil konkurrierende NS-Organisationen, wie das SS-Ahnenerbe oder das Amt Rosenberg, zum Zuge gekommen waren. Seine Aktionen fügten sich einerseits nahtlos in die NS-Besatzungspolitik ein, standen aber andererseits im Gegensatz zu dieser, wenn es um die völkerrechtswidrige Beschlagnahme von staatlichem Kulturgut ging.

Aufbau, Organisation und Personal des Kunstschutzes

„Beauftragter für Kunstschutz beim OKH“, angesiedelt beim Generalstab des Heeres und dem Generalquartiermeister unterstellt, wurde am 11. Mai 1940 der Provinzialkonservator der Rheinprovinz und Honorarprofessor an der Universität Bonn, Prof. Dr. Franziskus Graf Wolff Metternich, im Rang eines Oberkriegsverwaltungsrats (OKVR, ab November 1940 Kriegsverwaltungsabteilungschef, KVACh).1 Ihm wurde als Assistent und Stellvertreter Kriegsverwaltungsrat (KVR) Dr. Bernhard von Tieschowitz, im zivilen Leben Kunsthistoriker und Assistent der Denkmalpflege, beigegeben. Dienstsitz war von Ende Mai bis Ende Juli 1940 Brüssel, ab dem 1. August 1940 Paris. Dort entstand beim Militärbefehlshaber in Frankreich (MBF) das Referat „Kunstschutz“, das beim Verwaltungsstab, Abteilung Verwaltung, angesiedelt war.2 Sein Leiter war OKVR Dr. Felix Kuetgens, Direktor des Suermondt-Ludwig-Museums in Aachen. Ständige Referenten waren KVR Dr. Carl Heinz Pfitzner (1908-1944), Kunsthistoriker und Direktorialassistent von Wolff Metternich in der Denkmalpflege, sowie Leutnant Wend Graf von Kalnein (1914-2007), Student der Kunstgeschichte.3 Zudem wurde jedem Militärverwaltungsbezirk im besetzten Teil Frankreichs ein Sachbearbeiter zugeordnet.4 Für den Militärverwaltungsbezirk Groß-Paris war dies KVR Dr. Hermann Bunjes, Kunsthistoriker und Assistent an der Universität Bonn.

Trotz der zumindest anfangs unterschiedlichen verwaltungsmäßigen Zuordnung arbeiteten beide Dienststellen eng zusammen, wobei der Beauftragte für KS des OKH Wolff Metternich die Richtlinien vorgab, während die Kunstschutzabteilung des MBF sowie die Sachbearbeiter in den Militärverwaltungsbezirken eher den ausführenden Part übernahmen.5 Der Kunstschutz des OKH war zudem für die Einrichtung und Koordination der KS-Referate in anderen besetzten Ländern mit Militärverwaltung zuständig, ohne diesen gegenüber direkte Befehlsgewalt zu besitzen.6 Das Pariser Büro, dass sich entgegen der verbreiteten Meinung nur kurzzeitig im Hôtel Majestic,7 dem Sitz des Militärbefehlshabers in Frankreich, befand, blieb bis zur Befreiung der französischen Hauptstadt Ende August 1944 eine Art Kommunikationszentrale für den deutschen militärischen Kunstschutz im besetzten Europa.

Beziehungen zum Kunsthandel: Archivalische Überlieferung

In Nachkriegsberichten der ehemaligen Mitglieder der Kunstschutzabteilung sucht man meist vergeblich nach Hinweisen auf proaktive Tätigkeiten in Bezug zum Kunsthandel. Bei aller Anerkennung der konservatorischen Maßnahmen, die der Kunstschutz in den besetzten Gebieten durchgeführt oder unterstützt hatte, vermuteten allerdings schon die Alliierten 1945, er habe enge Beziehungen mit Vertretern des Kunsthandels unterhalten, vor allem in Frankreich. In einem geheimen Bericht vom März 1945 heißt es, der Kunstschutz sei 1941 verantwortlich gewesen für „giving assistance to German museum directors and art dealers who were visiting the occupied territories for the sake of enriching their collections.“1 Außer einigen versprengten Dokumenten verfügten die Alliierten jedoch über keine konkreten Belege oder Zeugenaussagen. Der Blick in die heute zugänglichen Archive erlaubt ein deutlicheres und nuancierteres Bild, obgleich die Quellen sehr spärlich und unvollständig sind. Sowohl kollektiv als auch individuell waren die Mitglieder des Kunstschutzes in Vorgänge auf dem Kunstmarkt involviert, und zwar auf allen drei Ebenen (OKH, MBF in Frankreich, Militärverwaltungsbezirke). Schon die „Richtlinien des OKH für die Durchführung des Kunstschutzes in den besetzten westlichen Gebieten“ vom 3. September 1940 sahen eine Bestandsaufnahme der „beweglichen Kunstdenkmale aus öffentlichem und privatem Besitz (auch Kunsthandel)“ vor.2 Die am 15. Juli 1940 vom Oberbefehlshaber des Heeres veröffentlichte „Verordnung über die Erhaltung von Kunstschätzen im besetzten Gebiet Frankreichs“ aus der Feder Wolff Metternichs unterzog jegliches Rechtsgeschäft einer Genehmigung durch die Militärverwaltung, verlangte die Meldung bei den zuständigen Feldkommandanturen aller Kunstwerke, deren Wert 100.000 Francs überstieg und untersagte jeglichen Ortswechsel beweglicher Kunstobjekte.3 Die Einhaltung dieser Bestimmungen auf französischer Seite kam aber einem Stopp aller Geschäfte mit Kunstgegenständen gleich, was wiederum den bald einsetzenden massiven Einkauf von deutscher Seite behinderte. Deshalb wurde der Wert, oberhalb dessen eine Meldung erforderlich war, im März 1941 auf eine Million Francs erhöht; lediglich für Transaktionen von Gegenständen höheren Wertes war die Genehmigung des MBF in Frankreich nötig.4 Sachbearbeiter für die modifizierte Verordnung scheint auf Seiten des Kunstschutzreferats beim MBF Carl Heinz Pfitzner gewesen zu sein. Dass er und seine Kollegen mit dem Kunsthandel befasst waren, belegt außerdem der Aktenplan der Abteilung sowie die Tatsache, dass eine der darin vermerkten Mappen „Kunsthandel“ erhalten ist; sie scheint aber stark ausgedünnt worden zu sein.5 Sie enthält u. a. Korrespondenzen in deutscher und französischer Sprache, Listen von erworbenen Werken sowie eine Aufstellung der Mitglieder des Syndicat des négociants en objet d’art, tableaux et curiosités (Verband der Kunsthändler). Die andere Mappe war im November 1942 aufgelöst und ein Teil ihres Inhalts in die Akte „Einladungen“ überführt worden.6

„Kontrolle und Steuerung des deutschen Kunsthandels in Paris“

In der Tat war der Kunstschutz Ansprechpartner für Pariser Auktionshäuser und andere Berufsgenossenschaften, als diese die Besatzungsmacht – wohl aus eigener Initiative – um die Wiederaufnahme der Kunsthandels- und Versteigerungstätigkeit baten.1 Der zuständige Sachbearbeiter innerhalb der Militärverwaltung war Hermann Bunjes, dem in der französischen Hauptstadt, bis dato der wichtigste Umschlagplatz für Kunstwerke und -gegenstände in Europa, die Aufsicht über Pariser Museen, Galerien sowie den Kunsthandel unterstand. Denn zu den Aufgaben des Kunstschutzes beim MBF gehörte die „Kontrolle und Steuerung des deutschen Kunsthandels in Paris und im bes. Gebiet“.2 Dies bedeutete zum einen, dass der Kunstschutz, als Organ des MBF, die alleinige Aufsicht über die Legalität der durch den „deutschen Kunsthandel“ in Paris getätigten Transaktionen für sich beanspruchte. In der Praxis wurde seine Autorität auf diesem Gebiet allerdings immer wieder unterminiert.3 Zum anderen sollte seine Vermittlung und Anbahnung von Transaktionen, vom Erhalt von Angeboten französischer Verkäufer bis zur Weitergabe der Informationen an deutsche potenzielle Interessenten, hauptsächlich der Bereicherung deutscher Museen und Privatsammlungen zugutekommen. Die Sachbearbeiter des Kunstschutzes beim MBF sowie beim Kommandanten von Groß-Paris übernahmen dabei die fachliche und ortskundige Beratung, Betreuung und Begleitung deutscher Museumsdirektoren oder -mitarbeiter sowie von Kunstsammlern und Kunsthändlern bei Besichtigungen von Galerien, Antiquariaten und Kunsthandlungen. Zum Zwecke der maximalen Ausnutzung der „dauernden Angebote von bedeutenden Kunstgegenständen durch französische Private oder Kunsthändler“ beabsichtigte Prof. Dr. Otto Kümmel, Generaldirektor der Berliner Museen, die Bildung einer Museumskommission, bestehend aus den Direktoren der größten deutschen Museen, der Hermann Bunjes die Offerten zuleiten sollte.4 Vom Verbindungsmann des Devisenschutzkommandos beim MBF, Ministerialrat Hellmuth Rademacher, erhielt Bunjes zudem Listen von beschlagnahmten Sammlungsobjekten, die über einen Treuhänder zu erwerben seien.5

Ein anderer Hinweis auf eine abgestimmte Aktion, allerdings ebenfalls ohne Details, findet sich im Tagebuch von Carl Heinz Pfitzner, in dem für den 31. Oktober 1940 ein Treffen mit „Kunsthandelsleuten“ im Deutschen Institut bei Dr. Karl Epting notiert ist.6 Der Leiter der kulturpolitischen und propagandistischen Außenstelle des Auswärtigen Amts hatte zuvor schon eine Liste mit französischen Gemälden, die auf dem Pariser Kunstmarkt angeboten wurden, über die Generaldirektion der Staatlichen Museen zu Berlin an die Kunsthalle Hamburg adressiert.7 Bekannt ist auch, dass das Deutsche Institut mit dem Kunsthändler Hildebrand Gurlitt zusammenarbeitete.8 Eine von Epting koordinierte Aktion unter Hinzuziehung des Kunstschutzes erscheint daher plausibel, denn im Anschluss an das genannte Treffen führte Pfitzner den Gauleiter und Reichsstatthalter in Wien, Baldur von Schirach, in die Kunsthandlungen André Schoeller und Raphaël Gérard, wo der Hobby-Kunstsammler folgende Arbeiten erwarb: „zwei Bronzen v. Rodin, ein Courbet, Waldstück, ein Courbet, Stilleben, ein Monet. Guten.“9 Für seine Vermittlungsdienste bedankte sich Gérard bei Pfitzner, indem er ihm ein Werk von Edmond Céria schenkte.10 Eine erfolgreiche Vermittlung konnte Pfitzner auch bei André Schoeller verbuchen.11 Bei halbprivaten Treffen mit deutschen Museumsleuten wie Walter Mannowsky, Ernstotto Graf zu Solms-Laubach, Ernst Holzinger, Heinz Köhn und Hans Wilhelm Hupp, die in Paris zwecks Erwerbungen für ihre jeweiligen Institutionen weilten, gab Pfitzner vermutlich Tipps und Hinweise auf verkaufswillige Eigentümer. Angebote von französischen Privatpersonen oder Kunsthändlern beschränkten sich nicht auf Paris, sondern auch die in den Militärverwaltungsbezirken tätigen Kunstschutzreferenten, wie Joseph Busley in Angers, erhielten derartige Offerten.12 Begünstigt wurde der Informationsfluss durch die weitreichenden und intensiven gesellschaftlichen Kontakte der Kunstschutzreferenten mit Persönlichkeiten aus mondänen Kollaborationskreisen.13 Enge Kontakte wurden auch zu deutschen, in Paris ansässigen Künstlern gepflegt, unter ihnen Edzard Dietz (1893-1963), der eigene Werke an Felix Kuetgens verkaufte14 und für Museumsdirektoren aus dem Deutschen Reich als Vermittler zum Kunsthandel fungierte.15

Bei öffentlichen Kunstauktionen waren die Kunstschutzbeauftragten aber wohl nur selten persönlich anwesend.16 Auf eine dahingehende Anfrage eines Dr. Stenge (oder Stengel), einem nicht näher identifizierten Mitglied der Militärverwaltung, antwortete Bunjes, es sei „unmöglich, dass wir bei evtl. Versteigerungen von Kunstgegenständen aus jüdischem Besitz jedesmal einen Vertreter zur Überwachung abbestellen.“17 Die Versteigerungen würden unter den Bedingungen der Verordnung vom 15. Juli 1940 genehmigt, das heißt, dass jeder Besitzerwechsel eines Gegenstands im Wert von mehr als 100.000 Francs „unter Angabe des erzielten Preises und Angabe des neuen Besitzers“ dem Kunstschutzbeauftragten für Paris, Bunjes, gemeldet werden musste.18 Laut Emmanuelle Polack meldeten die französischen Auktionatoren pflichtgemäß diejenigen Werke, deren ersteigerter Wert darüber lag.19 Auch ist es möglich, dass sie verabredungsgemäß die Versteigerungskataloge an Bunjes als Kunstschutzbeauftragten des Militärbezirks Groß-Paris sendeten.20 Ein Teil davon könnte sich heute in Mainz, im ehemaligen Bücherbestand der von 1942 bis 1944 von Bunjes geleiteten Kunsthistorischen Forschungsstätte befinden.21

Hilfestellung bei deutschen Erwerbungen

Die im Lagebericht des MBF genannte Hilfestellung des Kunstschutzes bei Devisengenehmigungen („Devisenüberweisungen im Clearing-Verfahren“) konnte bisher nicht konkret nachgewiesen werden. In den Akten befinden sich lediglich Hinweise auf seine Einbindung in das Genehmigungsverfahren: Um die für die Bezahlung notwendigen Devisen zu erhalten, musste zuvor der deutsche Einkäufer die Genehmigung für das Geschäft bei der ZAST, der Zentralauftragsstelle für den Bereich des MBF in Frankreich, einholen, falls er nicht schon diejenige der Gruppe Wi/V (Außenhandel) „nach Anhörung der Gruppe Kultur und Kunstverwaltungen“,1 also dem Kunstschutz, erhalten hatte. Die ZAST erteilte ihre Genehmigung wiederum „im Einvernehmen mit der Gruppe Kultur und Kunstverwaltungen des Militärbefehlshabers“.2

Auch existieren nur wenige Belege für die Ausstellung von Einreisegenehmigungen und andere die Geschäfte im besetzten Frankreich erleichternden Bescheinigungen für Kunsthändler.3 Eine Ausnahme ist das bereits im März 1945 in die Hände der Alliierten geratene Zertifikat (oder eine Kopie davon), das die Kunstschutzabteilung am 24. Februar 1943 dem Kunsthändler und offiziellen Agenten des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg (ERR) Gustav Rochlitz ausstellte.4 Darin heißt es, Rochlitz sei mit dem Erwerb von wichtigen Kunstwerken für deutsche Museen und offizielle Vertreter beauftragt; alle Dienststellen würden gebeten, ihm bei seiner Mission behilflich zu sein.5 Ähnlich ambivalente, jedoch lebenswichtigere Unterstützung erfuhren jüdische Kunsthändler, wenn sie mit oder für Hans Posse Geschäfte machten, wie Hugo Engel oder Ali Loebl, deren Anträge auf Befreiung vom Tragen des gelben Sterns zumindest über den Schreibtisch des Kunstschutzes liefen, wenn auch sie vermutlich nicht dort entschieden wurden.6

Die Ausstellung von Ausfuhrgenehmigungen für Kunstexporte ins Deutsche Reich gehörte laut Tätigkeitsbericht ebenfalls zu den Aufgaben der Kunstschutzreferenten des MBF. So finden sich beispielsweise zahlreiche, u. a. von Felix Kuetgens unterzeichnete Bescheinigungen für Ankäufe rheinischer Museen im Archiv des Landschaftsverbandes Rheinland.7 Diese zumeist gleichlautendenden Dokumente betonen die Tatsache, dass die Gegenstände „ordnungsgemäss erworben“ [sic] wurden und aufgrund ihrer gemeinnützigen Bestimmung als Museumsgut „zoll- wie umsatzausgleichsteuerfrei“8 waren. Die bereits genannte Mappe „Kunsthandel“ sowie die Mappe „Abrechnungen“ in den Archives nationales enthalten Genehmigungen, die unter die Rechnung oder eine Abschrift derselben gesetzt wurden.9 Laut Dr. Erhard Goepel, Referent für Kunsterwerb beim Reichskommissar für die niederländischen Gebiete, der 1943 mit einem Bericht über den französischen Kunstmarkt beauftragt worden war, sollte damit vor allem eine Kontrolle über die Ankäufe deutscher Händler und Privater im Gebiet des MBF ausgeübt werden,10 um bei eventuellen retrospektiven Reklamationen die Rechtmäßigkeit des Vorgehens belegen zu können.

Deutsch-französische Querelen um Exportlizenzen

Die Auswertung der Quellen ergibt ein zum Teil widersprüchliches Bild, was die Beteiligung der Kunstschutzabteilung an der Erteilung von Exportlizenzen betrifft. Während die von ihr ausgestellten Ausfuhrgenehmigungen keine entscheidende Bedeutung hatten und eher als „Befürwortungen“ betrachtet werden müssen, lag ihre Rolle in erster Linie auf der Ebene der von einer Mischung aus Wettbewerb und Kooperation geprägten Verhandlungen mit den französischen Dienststellen. Hierbei stechen besonders die unklare Kompetenzverteilung zwischen deutschen und französischen Behörden sowie die Diskrepanz zwischen den beiderseits aufgestellten Regeln und der tatsächlichen Praxis hervor.

Seitdem die französische Regierung per Gesetz vom 23. Juni 1941 ein zumindest formal gesehen eigenes Kontrollrecht für Kunstexporte durchgesetzt hatte, mussten nicht die deutschen Käufer, sondern die französischen Verkäufer Anträge in mehrfacher Ausfertigung bei verschiedenen, in erster Linie landeseigenen Behörden einreichen.1 Am Ende des Genehmigungsverfahrens erfolgte nach einer Inspektion der Ware die Entscheidung durch die Kunstexperten der Direction des Musées nationaux, insbesondere durch Michel Martin, Kustos am Louvre.2 Doch am 8. Juli 1941 erließ der MBF eine Verordnung, wonach Exporte ins Deutsche Reich und von ihm annektierte Gebiete von dieser Vichy-Gesetzgebung ausgeschlossen waren.3 In Verhandlungen, die die Kunstschutzabteilung, vermutlich zusammen mit der Wirtschafts- und der Finanzabteilung des MBF, mit der französischen Verwaltung führte, habe letztere die deutsche Ausnahmeregelung anerkannt, so Kuetgens. Nach einer Beschwerde des Kunstschutzes wegen angeblicher Nichtbeachtung dieser Sonderregel bekräftigte der Secrétaire d’Etat à l’Éducation nationale et à la jeunesse Jérôme Carcopino gegenüber dem Berufsverband der Kunsthändler, dass „jusqu’à la conclusion du traité de paix, ladite loi en zone occupée ne sera pas opposée à l’exportation d’objets d’art à destination d’amateurs résidant dans le Reich allemand“.4 Entgegen Kuetgens’ Behauptung, dass deutsche Käufer damit auch vom französischen Antragsverfahren auf die Erteilung einer Exportlizenz entbunden waren, scheint sich in der Praxis jedenfalls ein Teil der Händler diesem jedoch bis zum Ende der Besatzung unterzogen zu haben.5 Die französischen Stellen nutzten ihren wenn auch geringen Spielraum dahingehend, dass sie das ohnehin bürokratische und aufwendige Prozedere noch in die Länge zogen. Dies wurde auf deutscher Seite als gewollte Verschleppung bzw. Sabotage interpretiert, woraufhin der Kunstschutz in einem Treffen mit den französischen Behörden eine maximal dreiwöchige Bearbeitungsfrist durchsetzte.6 Meldeten die französischen Behörden innerhalb dieser Frist Bedenken an, weil es sich nach ihrer Auffassung um ein national wertvolles Kunstwerk handelte, konnte „über die Frage seiner Ausfuhr oder Nichtausfuhr mit den deutschen Stellen verhandelt werden“.7 Kam es dann zu keiner Einigung, musste die Genehmigung im Prinzip automatisch erteilt werden. Dennoch wurden eine ganze Reihe Exportgenehmigungen verweigert.8 Jedoch konnte sich ein deutscher Einkäufer mühelos darüber hinwegsetzen, zum Beispiel, indem er das Exportgut unter der Hand nach Deutschland beförderte oder in Paris bei einem Zwischenhändler bis nach Kriegsende deponierte. Waren die Genehmigung erteilt und die Devisen beschafft, half die Kunstschutzabteilung außerdem bei der Organisation des Warentransports ins Deutsche Reich.9 Doch die Kontrolle der Transaktionen durch den Kunstschutz diente nicht, wie nach dem Krieg häufig behauptet wurde, der Verhinderung von Ausfuhren von für die französische Nation bedeutsamen Kunstwerken. Es ging um die Förderung und Legalisierung der deutschen Kunstankäufe bei gleichzeitiger Bewahrung der vermeintlich freundschaftlichen deutsch-französischen Beziehungen, die als Garantie für eine erfolgreiche und reibungslose Besatzungspolitik angesehen wurden. Unklar bleibt, ob die Kunstschutzabteilung über die Unterzeichnung durch 18 Staaten, darunter Frankreich (bzw. die Vertreter von La France libre unter Charles de Gaulle) der London Declaration vom 5. Januar 1943, die jedwede Erwerbung in einem von Deutschland besetzten Land als null und nichtig erklärte, im Bilde war.10

Etliche Kunstschutzreferenten erwarben auf dem französischen Kunstmarkt Objekte für ihre Heimatinstitutionen oder für private Zwecke. Am besten erforscht sind die Erwerbungen von Felix Kuetgens für die Aachener Museen sowie für seine eigene Sammlung.11 Aber auch Hans Möbius kaufte als Kustos für Antike der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel sowie für das damalige Würzburger Universitätsmuseum (heute Martin von Wagner-Museum) in Paris an.12 Belegt sind außerdem Ankäufe von Kunstwerken sowie Einrichtungsgegenständen und Büchern durch Franz Graf Wolff Metternich für seinen privaten Gebrauch.13

Ausblick in die Nachkriegszeit

Im Nachkriegsdeutschland wurde die Ankaufspraxis von Reichsdeutschen in besetzten Gebieten im Allgemeinen als völlig regulär und legal dargestellt. Die Restitution der Objekte an Frankreich oder andere Herkunftsstaaten, basierend auf der Londoner Erklärung von 1943 sowie auf Regelungen der jeweiligen Militärregierungen in den deutschen Besatzungszonen, empfand man daher als unrechtmäßig und ungerecht. Ehemalige Mitglieder der Kunstschutzabteilung nutzten ihre im Krieg geknüpften Beziehungen zu französischen Fachkollegen, um die drohenden Restitutionen abzuwenden oder sie rückgängig zu machen. Hans Möbius vertrat noch 1954 gegenüber Bernhard von Tieschowitz, inzwischen Kulturattaché der deutschen Diplomatischen Vertretung in Paris,1 die Meinung, die hohen Preise, die NS-Vertreter in Paris für Kunstobjekte bezahlt hätten, wären Kompensation genug für die geraubten Kunstgegenstände, sodass die Restitutionen von „legal“ erworbenen Objekten nicht als Gegenwert betrachtet werden könnten und damit jeglicher Rechtfertigung entbehrten.2 Mehrere ehemalige Kunstschutzreferenten im besetzten Frankreich waren auch nach Kriegsende mit Fragen des Kunsthandels und der Kulturgutrestitutionen befasst: Wolff Metternich als Mitglied des deutschen Ausschusses für Restitutionsfragen,3 Bernhard von Tieschowitz als kurzzeitiger Leiter des Bonner Büros der Treuhandverwaltung für Kulturgut und als Kulturreferent in Paris sowie Josef Busley als Landesverwaltungsoberrat im Oberpräsidium der Nord-Rheinprovinz.4 Eine Aufklärung der von ihnen verursachten, unterstützten oder zumindest gebilligten Vorgänge auf dem Pariser Kunstmarkt in den ‚années noires‘ [~dunkle Jahre] der Okkupation war indes von den Akteuren nicht gewünscht und fand daher nicht statt.