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METTERNICH Franziskus (Franz) Graf Wolff (DE)

Der Beauftragte für Kunstschutz in den besetzten Gebieten beim Oberkommando des Heeres führte in Zusammenarbeit mit französischen Stellen Maßnahmen zur Sicherung staatlicher Kunstschätze vor Kriegseinwirkung durch. Der „Sicherstellung“ beweglichen Kulturgutes aus meist jüdischem Besitz stellte er sich entgegen, weshalb seine Zuständigkeitsbereiche unter anderem auf wissenschaftliche Aufgaben beschränkt wurden. In die Kontrolle des Kunstmarktes durch den Kunstschutz war er kaum involviert. Er selbst kaufte Bücher und einige Möbel für den privaten Gebrauch.

Familie und beruflicher Werdegang

Franziskus Florentin Maria Hubertus Ignatius Sylvester Graf Wolff Metternich wurde am 31. Dezember 1893 als zehntes Kind und jüngster Sohn von Reichsgraf Ferdinand Wolff Metternich zur Gracht (1845-1938) und Flaminia Prinzessin zu Salm-Salm (1853-1913) im westfälischen Haus Beck (bei Bottrop) geboren. Er wuchs mit starker katholischer Prägung auf Schloss Gracht und in Bonn auf und erhielt früh Französischunterricht. Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges begann er ein Studium der Kunstgeschichte und Denkmalpflege bei Paul Clemen (1866-1947) an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn, das er nach Unterbrechung aufgrund seines Wehrdienstes 1919 wieder aufnahm und 1923 mit einer Dissertation über spätgotische Einflüsse in niederrheinischer Profanarchitektur um 1500 beendete. 1925 heiratete er Alix Freiin von Fürstenberg (1900-1991), aus der Ehe gingen vier Kinder hervor.1

1924/1925 war Wolff Metternich Mitarbeiter der Stadt Köln für die Vorbereitung der „Jahrtausendausstellung der Rheinlande“, 1926 wurde er wissenschaftlicher Hilfsarbeiter in der Rheinischen Provinzialverwaltung beim Provinzialkonservator Edmund Renard (1871-1932). Am 1. November 1928 wurde er zu Renards Nachfolger als leitender Denkmalpfleger ernannt und hatte das Amt des Provinzialkonservators, später Landeskonservators, durchgehend bis 1950 inne; damaliger Dienstsitz war das Amt für Denkmalpflege in der Bachstraße in Bonn. Zu seinem wissenschaftlichen Ziehvater Paul Clemen, dem ersten Provinzialkonservator der Rheinprovinz (1893-1911), der im Ersten Weltkrieg für den militärischen Kunstschutz zuständig war, pflegte Wolff Metternich eine enge Beziehung – über die rheinische Denkmalpflege hinaus auch hinsichtlich des Kunstschutzes im Krieg und der Lehrtätigkeit an der Universität Bonn. Dort hatte Wolff Metternich ab 1933 einen Lehrauftrag für Denkmalpflege und rheinische Kunstgeschichte, 1940 wurde er zum Honorarprofessor ernannt.2

Tätigkeiten im Zweiten Weltkrieg

Im Juli 1939 wurde Wolff Metternich per Geheimschreiben des Oberpräsidenten der Rheinprovinz mit dem Schutz der Kunstwerke und der Sicherung der Baudenkmale im Kriegsfall beauftragt; nach Kriegsausbruch begann die Provinzialverwaltung mit den Auslagerungsmaßnahmen.1 Mit Beginn des Westfeldzuges wurde Wolff Metternich im Mai 1940 nach vorheriger Planung mit dem preußischen Staatskonservator Robert Hiecke (1876-1952) beim Reichsministerium für Wirtschaft, Erziehung und Volksbildung (REM) zum Beauftragten für Kunstschutz in den besetzten Gebieten beim Oberkommando des Heeres (OKH) ernannt. Als Beauftragter für den Kunstschutz waren er und sein Stellvertreter Bernhard von Tieschowitz beim OKH angegliedert, die Mitarbeiter der Abteilung Kunstschutz bei der jeweiligen Militärverwaltung in den besetzten Gebieten. Der Dienstsitz der Abteilung Kunstschutz (später Abteilung Kunstschutz und Archäologie) in Frankreich befand sich im Hotel Majestic in der Avenue Kléber in Paris, dort waren der Militärbefehlshaber in Frankreich mit seinem Verwaltungs- und Kommandostab angesiedelt; die weiteren Kunstschutz-Mitarbeiter waren den Militärverwaltungsbezirken Groß-Paris, A, B, C, Bordeaux und später in Südfrankreich angegliedert. Wolff Metternich hatte, wie die Korrespondenz mit Hiecke belegt, in der Auswahl seiner Mitarbeiter für den Kunstschutz Gestaltungsspielraum. Er wählte dafür rheinische Kunsthistoriker, Denkmalpfleger und Archäologen, teilweise auch Kunstschützer aus dem Ersten Weltkrieg beziehungsweise deren Schüler, die er bereits aus seiner Bonner Studienzeit oder aus seinem beruflichen Umfeld kannte.2 Zusammenarbeit und Austausch bestand auch mit den benachbarten Referaten in Paris: Archivschutz, Bibliotheksschutz sowie Vorgeschichte und Archäologie.

Deutscher militärischer Kunstschutz in Frankreich

In Frankreich waren große Teile der staatlichen Kunstsammlungen bereits vor dem Krieg ausgelagert worden, diese Sicherungsmaßnahmen galt es künftig in Zusammenarbeit der deutschen und französischen Stellen fortzuführen. Die von Wolff Metternich definierten Aufgaben des Kunstschutzes umfassten in der anfänglichen Planung vom Juni 1940 laut ungenauer handschriftlicher Notizen Aufräumungs- und Schutzmaßnahmen, bewegliche Denkmale, Bestandsaufnahme (Inventarisierung, Fotokampagnen, Bildarchiv), wissenschaftliche Erforschung, Belehrung der Truppen über schützenswerte Denkmale und Propaganda (Berichte, Publikationen, wissenschaftliche Forschung mit Rückbezug auf Deutschland).1

Kontroversen um die Zuständigkeit für die „Sicherstellung“ beweglicher privater Kulturgüter – konkreter: die Beschlagnahmungen privater, insbesondere jüdischer Kunstsammlungen – mit dem deutschen Botschafter Otto Abetz in Paris, dem „Sonderkommando Künsberg“ und dem Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) prägten die ersten Monate in Paris.2 Wolff Metternich bemühte sich mit seinen Mitarbeitern und in Absprache mit der Militärverwaltung um die Nachverfolgung dieser ersten Beschlagnahmungen sowie um die Verhinderung weiterer. Er berief sich dabei auf die Haager Landkriegsordnung von 1907 und die Verpflichtung, das Kulturgut des besetzten Landes vor Zerstörung und Wegnahme zu schützen. Nach diesen Zuständigkeitsstreitigkeiten wurde ab November 1940 das Aufgabengebiet des Kunstschutzes, in Abgrenzung zu den Tätigkeiten des ERR, auf die Sicherung ortsfester und beweglicher Kunstdenkmale und historisch wertvoller Bauten sowie auf wissenschaftliche Aufgaben (unter anderem Fotokampagnen) eingeschränkt. Diese Abgrenzung zum ERR und dessen missbilligten Kunstraub-Aktivitäten zeigt sich auch in späteren Tätigkeitsberichten und privaten Dokumenten Wolff Metternichs und einiger Mitarbeiter, außerdem in der Zusammenarbeit mit französischen Beamten der Museums- und Kulturverwaltung, um die ausgelagerten staatlichen französischen Sammlungen vor einem Zugriff und Abtransport ins Deutsche Reich zu bewahren.

Wolff Metternich verfolgte mit Beginn seiner Tätigkeit als Kunstschutzbeauftragter neben den Schutzmaßnahmen auch das Ziel, die Besatzungslage für den Ausbau wissenschaftlicher Forschung zu nutzen, wozu er bereits im Juli 1940 durch OKH-Befehl ermächtigt wurde. Dafür standen Wolff Metternich und von Tieschowitz in engem Austausch mit Alfred Stange und dem kunsthistorischen Institut in Bonn sowie mit Richard Hamann (1879-1961) und dem kunsthistorischen Institut in Marburg. Am 1. Oktober 1940 nahm der „kunstwissenschaftliche Arbeitsstab in Frankreich“ seine Tätigkeiten auf, den Wolff Metternich befehligte, von Tieschowitz koordinierte und dessen wissenschaftliche Gesamtleitung im Deutschen Reich bei Stange lag. Die Arbeiten umfassten die Fotokampagnen in den besetzten Gebieten (Neuaufnahmen und Auswertung französischen Aufnahmematerials) sowie wissenschaftliche Forschungsprojekte.3 Die Quellen zeigen auch Wolff Metternichs frühe Bemühung um die Einrichtung eines deutschen Auslandsinstituts in Frankreich. Dies besprach er bereits im November 1940 mit Stange, was schließlich mit zur Gründung der Kunsthistorischen Forschungsstätte in Paris 1942 unter der Leitung von Hermann Bunjes führte.4 Der Kunstschutz betreute zudem Studienfahrten für Denkmalpfleger, Universitätsprofessoren und Städtebauer aus Deutschland durch die besetzten Gebiete Frankreichs und durch Belgien in den Jahren 1940 und 1941, worin sich abermals die Bemühungen Wolff Metternichs um Synergieeffekte von Besatzung und Kunstschutzmaßnahmen für die wissenschaftliche Forschung zeigen.5

Die konkrete Involvierung des Kunstschutzes in den Kunsthandel und den französischen Kunstmarkt sowie sich daraus ergebende Verbindungen zum NS-Kunstraub lassen sich anhand der Quellenüberlieferung nicht eindeutig nachvollziehen. Die Kontrolle über bewegliche Kulturgüter und private Kunstsammlungen war zwar, wie erwähnt, in der anfänglichen Konzeption Wolff Metternichs für den Kunstschutz inbegriffen, wurde aber schnell an den ERR übertragen. Zu den Aufgaben der Abteilung Kunstschutz in Frankreich gehörte jedoch weiterhin eine Überwachung des Kunstmarktes, die Erteilung von Einreisegenehmigungen deutscher Museumsmitarbeiter und Kunsthändler sowie das Ausstellen von Ausfuhrgenehmigungen für von Deutschen in Frankreich erworbene Kunstwerke. So sollte der Export nach Deutschland in Zusammenarbeit mit französischen Stellen reguliert werden. Wolff Metternich ist als Akteur hier nur schwer zu verorten. Die diesbezüglich erhaltenen Dokumente (beispielsweise Tätigkeitsberichte, Korrespondenz und Ausfuhrgenehmigungen) sind meist von seinen Mitarbeitern abgezeichnet. Eine Involvierung auf persönlicher, militärischer oder kulturpolitischer Ebene beziehungsweise eine Vernetzung mit anderen Kunstmarktakteuren kann anhand der überlieferten Kalender und Tagebücher nachverfolgt werden.6 Auf Basis der Ausfuhrgenehmigungen können objektbezogene Transaktionen in Museums- oder Kunsthandelsarchiven exemplarisch nachvollzogen werden. Diese disparate Überlieferung verweist jedoch weniger auf eine bürokratische Systematik durch den Kunstschutz, als vielmehr auf häufig semi-offizielle Aktionen und vorteilhafte persönliche Kontakte des Kunsthandels zur Kulturverwaltung.7 Wolff Metternich selbst wird neben Ankäufen von Büchern für das Denkmalpflegeamt und organisatorischen Berichten, in denen der Bezug Kunstschutz und Kunstmarkt meist nur am Rande erwähnt wird, kaum sichtbar.

Im Juli 1942 wurde Wolff Metternich beurlaubt und im Oktober 1943 aus dem Militärdienst entlassen. Seine „frankophile Haltung“ wurde ihm in einem Schreiben des Sicherheitsdienstes und der Sicherheitspolizei vom 20. April 1943 negativ angelastet.8 Bei einem Zusammentreffen mit Hermann Göring am 5. Februar 1941 vor dem Museum Jeu de Paume in Paris sprach sich Wolff Metternich gegen die Plünderungen privaten Kulturgutes aus und wurde von Göring abgewiesen.9 Auch gegen eine Rückführung von Kulturgütern aus französischem Staatsbesitz ins Deutsche Reich setzte sich Wolff Metternich ein, zumindest solange kein Friedensvertrag mit Frankreich geschlossen sei und sich dies negativ auf das Ansehen des Deutschen Reichs und auf Friedensverhandlungen auswirken könnte. Zudem war seine Rückkehr als leitender Konservator ins Rheinland aufgrund der zunehmenden Zerstörung der historischen Innenstädte durch den Luftkrieg 1942 seitens der NS-Führung der Rheinprovinz nachdrücklich gefordert worden. Zurück in Deutschland nahm er seine Aufgaben in Denkmalpflege, Luftschutz und Bergungsarbeiten, die für die Dauer seiner Aufenthalte in Frankreich vertretungsweise Provinzialbaurat Theodor Wildemann (1885-1962) übernommen hatte, wieder auf und referierte weitgreifend über Kunstschutz.10 Nach seiner Beurlaubung und Entlassung aus dem Militärdienst übernahm von Tieschowitz die Leitung des Kunstschutzes in Paris, während Wolff Metternich dennoch eine übergeordnete Leitung beibehielt, enge Rücksprachen mit von Tieschowitz führte und bis 1944 noch mehrfach in Paris war.

Kriegsende und Nachkriegszeit

Ende 1944 verließ Wolff Metternich Bonn und tätigte weiterhin einige Dienstreisen zu Bergungsorten im Rheinland. Bis März 1945 hielt er sich mit seiner Familie auf Schloss Fürstenberg auf, das der verwandten Familie der Grafen von Westfalen im Kreis Paderborn gehörte. Amerikanische Offiziere verhafteten ihn am 4. April 1945, er wurde im Gefängnis in Rheinbach bei Bonn interniert und bereits am 12. April wieder entlassen.1 Der sofortige Kontakt zu amerikanischen Kunstschutzoffizieren der Monuments, Fine Arts and Archives Section (sog. Monuments Men), später der Austausch mit britischen Kunstschutzoffizieren und der britischen Militärverwaltung, und seine Fachkompetenz zu Auslagerung und Rückführung von Kulturgütern verhalfen Wolff Metternich zu einer schnellen Wiederaufnahme seiner Tätigkeiten. Auch hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits seinen vom OKH in Auftrag gegebenen abschließenden Tätigkeitsbericht über den Kunstschutz gemeinsam mit von Tieschowitz ausgearbeitet und konnte diesen als Beleg und Rechtfertigungsschrift für die eigenen Tätigkeiten während der Kriegszeit vorlegen.2

Bereits am 2. August 1945 genehmigte die britische Militärverwaltung die vorläufige Anstellung Wolff Metternichs. Die im Winter 1945/1946 ausgestellten französischen Entlastungsschreiben waren eine wichtige Unterstützung für die Wiederanstellung. Am 14. Februar 1946 wurde Wolff Metternich schließlich seitens der britischen Kontrollkommission bestätigt, woraufhin er seine Arbeit als Leiter der Denkmalpflege offiziell fortführen konnte.3 Auch sein privates Vermögen wurde 1946 entsperrt und die in Frankreich erworbenen Möbel wieder freigegeben, untere anderem dank eines Bestätigungsschreibens von Jacques Jaujard (1895-1967), Direktor der Musées Nationaux, mit dem Wolff Metternich während der Besatzungszeit zum Schutz der staatlichen Sammlungen im Austausch stand.4 Sein Entnazifizierungsverfahren in der britischen Besatzungszone wurde – nach Berufungsverfahren gegen die Einstufung in Kategorie IV („Mitläufer“) aufgrund seiner NSDAP-Mitgliedschaft –5 unter anderem wegen seines Einsatzes beim Kunstschutz für die französischen Kulturgüter und seiner Tätigkeit als Provinzialkonservator mit der Einstufung in Kategorie V („entlastet“) und dem Entlastungszeugnis vom 21. April 1948 abgeschlossen.6

Wie bei vielen Kollegen im Kulturbetrieb und im Kunstschutz ist auch bei Wolff Metternich eine berufliche Kontinuität zu erkennen: So beteiligte er sich beim ersten Kunsthistorikertag der Nachkriegszeit 1948 in Brühl und referierte dort zum Wiederaufbau; dabei waren auch einige Kollegen aus der Zeit und dem Umfeld des Kunstschutzes anwesend.7 Die Nachkriegszeit führte aber auch zu Kontroversen um Hierarchien und Karrieresprünge, wobei sich Wolff Metternich für einen „Wiederaufbau der Denkmalpflege“ einsetzte.8 Verschiedentliche Versuche der beruflichen Weiterentwicklung führten Wolff Metternich und auch von Tieschowitz ins Auswärtige Amt in Bonn, wo Wolff Metternich von 1950 bis 1952 Leiter der Abteilung Wissenschaft im Referat Kultur war. Dort war er unter anderem auch Teil von internationalen Restitutionskomitees und konnte abermals seine Kontakte nach Frankreich und Italien nutzen. Nach erneuten institutionellen und kollegialen Kontroversen um eine mögliche Tätigkeit an der deutschen Botschaft in Rom wurde Wolff Metternich 1953 erster Direktor der wiedereröffneten Bibliotheca Hertziana (Max-Planck-Institut) in Rom, die er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1962 leitete.9

1964 erhielt Wolff Metternich in Anerkennung seiner Verdienste im Kunstschutz den Orden der französischen Ehrenlegion – eine der zahlreichen Ehrungen für seine beruflichen Verdienste und vielseitiges Engagement in Vereinen und Fachkreisen. 1968 kehrte Wolff Metternich nach Deutschland und ins Rheinland zurück. Er starb am 25. Mai 1978 im Alter von 84 Jahren.

Wolff Metternich ist eine bis heute sehr positiv gewertete Persönlichkeit, insbesondere aufgrund der engen Verbindungen mit dem Kunstschutz in Frankreich während des Zweiten Weltkrieges und seiner Verdienste für den Schutz der staatlichen Kulturgüter Frankreichs.