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Hermann Bunjes ist mit dem nationalsozialistischen Kunstraub in Frankreich eng verbunden.1 Von 1940 bis 1944 ist er Mitarbeiter im Sachgebiet Kunstschutz der Militärverwaltung in Frankreich. Von 1942 bis 1944 leitet er die Kunsthistorische Forschungsstätte in Paris. Er fungiert auch als Görings Kunstbeauftragter in Frankreich. Im August 1942 verfasst er im Auftrag von Hermann Göring den Bericht Betrifft französische Einsprüche gegen Sicherstellung herrenlosen jüdischen Kunstbesitzes in besetztem Frankreich, dessen Hauptaussage darin besteht, dass jüdisches Privateigentum nicht durch die Haager Konvention (1907) geschützt sei.2

Werdegang

Von 1930 bis 1935 studiert Bunjes Kunstgeschichte in Düsseldorf und Marburg. 1934 ist er Stipendiat an der Sorbonne in Paris.1 1935 wird Bunjes mit der Studie Die steinernen Altaraufsätze der hohen Gotik und der Stand der gotischen Plastik in der Île-de France um 1300 an der Universität Marburg promoviert. Von 1936 bis 1940 arbeitet er in der Denkmalpflege der Rheinprovinz.2 Im Februar 1939 habilitiert er an der Universität Bonn.3 Am Kunsthistorischen Institut der Universität Bonn ist er Privatdozent4; am 22. November 1944 folgt die Ernennung zum außerplanmäßigen Professor.5

Im März 1932 tritt Bunjes dem NS-Studentenbund bei, 1933 der SA [Sturmabteilung]. Ab 1938 ist er Mitglied der NSDAP [Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei] und der SS [Schutzstaffel].6

1939 wird Bunjes zum Kriegsdienst eingezogen, aber bereits im Januar 1940 krankheitsbedingt entlassen. Im August 1940 erfolgt die Einberufung zur Militärverwaltung in Frankreich.7 Im Rang eines Kriegsverwaltungsrats im Oberkommando des Heeres [OKH] mit dem Sachgebiet Kunstschutz ist Bunjes im Bezirk Groß-Paris für die Sicherung von Museen, Schlössern, Baudenkmälern und beweglichen Kunstwerken verantwortlich. In dieser Funktion betreut er die Rückführung von kriegsbedingt ausgelagerten Kulturgütern nach Paris.8

Involvierung in den Kunstraub

Bunjes ist an der Sicherstellung jüdischer Kunstsammlungen und Bibliotheken durch den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg [ERR] beteiligt.1 Neben Robert Scholz, dem Leiter des Sonderstabs Kunst / ERR ist er verantwortlich für die Transporte der beschlagnahmten Kunstwerke nach Deutschland.2

Die Beziehungen zwischen dem Militärischen Kunstschutz, Kunstrauborganisationen und Kunsthandel werden in der Person von Bunjes evident. Bunjes verfügt über Informationen zu den Standorten von beweglichen Kunstwerken und hatte Zugang zu Auslagerungsorten, er fungiert als Kontakt für Wissenschaftler, Kunsthändler und Museumsmitarbeiter aus Deutschland. Für Museen und Private sondiert Bunjes den Kunstmarkt.3

Bunjes bildet zudem das Scharnier zwischen dem organisierten Kunstraub und den mit der Besetzung Frankreichs einhergehenden wissenschaftlichen Zielen. Die Arbeitsstrukturen des Militärischen Kunstschutzes sind in Frankreich auf Dauer angelegt. Sie werden begleitet von wissenschaftlichen Arbeitsprogrammen wie der Dokumentation von Baudenkmälern, der Ergänzung von Bestandslücken in Bibliotheken und Bildarchiven sowie einem kunst- und architekturhistorischen Forschungsplan. Ab Januar 1942 werden diese Forschungsprogramme mit Gründung eines wissenschaftlichen Auslandsinstituts in Frankreich, der Kunsthistorischen Forschungsstätte Paris, unter der Leitung von Bunjes institutionalisiert. Das Institut existiert von 1942 bis 1944 in der Rue Bonaparte 18, Paris.

Beauftragter von Hermann Göring

Im Kontext der Beschlagnahme von jüdischen Sammlungen entsteht der Kontakt zu Göring. Neben Bruno Lohse fungiert Bunjes als Görings Kunstbeauftragter mit Sondervollmachten in Frankreich. Während Lohses Aufgabe darin besteht, Göring Zugang zu geraubten Kunstwerken des ERR zu verschaffen und den Kunstmarkt zu sondieren, ist eine von Bunjes‘ Aufgaben, Göring und dem Deutschen Reich Zugang zu Kunstwerken in Staatsbesitz zu verschaffen.1 Für Görings Sammlung organisiert Bunjes zudem Abgüsse von Bronzeskulpturen durch die Fonderie Rudier. Zur Umsetzung dieser Aufträge wird Bunjes per 30. April 1942 aus dem Kunstschutz des Heeres entlassen und dem Generalstab der Luftwaffe überstellt. Wegen seiner Verdienste erhält Bunjes am 1. September 1943 den Rang eines Feldwebels und das Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse mit Schwertern. Zeitgleich erfolgt die Beförderung zum SS-Obersturmführer im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD [Sicherheitsdienst] Paris in allen Fragen des französischen Kulturlebens.2

Auf Veranlassung von Göring verfasst Bunjes im August 1942 den Bericht Betrifft französische Einsprüche gegen Sicherstellung herrenlosen jüdischen Kunstbesitzes in besetztem Frankreich, der den Verstoß gegen den Schutz von Privateigentum gemäß der Haager Konvention (1907) rechtfertigt.3 Den Protest der französischen Regierung gegen die Beschlagnahmungen von jüdischem Privateigentum weist Bunjes mit den Argumenten zurück, dass der Waffenstillstand von 1940 ein Abkommen zwischen dem deutschen und dem französischen Staat respektive französischen Bürgern sei. Der gemäß Artikel 46 des Haager Abkommens von 1907 gewährte Schutz von Privateigentum gelte mithin nicht für Juden und Freimaurer. Den Protest bewertet Bunjes weiter als Täuschung, die darauf abziele, den Widerstand gegen die deutschen Besatzer zu fördern.4 Der Text ist gleichermaßen ein Beleg für die rassistische Konnotation des Kunstraubs wie die Internalisierung von genozidalem Denken. Bunjes‘ Argumentation folgt den Grundsätzen der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Rassenpolitik, die infolge der Besetzung in Frankreich durchgesetzt wird.5

Nach Ende der Besetzung

Im Februar 1945 wird Bunjes von Soldaten der U. S. Armee in Fell an der Mosel verhört. Er übergibt zentrale Dokumente zu Göring sowie Unterlagen zu Kunstschutz und Kunstraub in Frankreich.1 Nach der offiziellen Übergabe des Gebiets an die französische Besatzungsmacht im Juni 1945 wird Bunjes verhaftet. Am 25. Juli 1945 nimmt er sich in Haft das Leben.