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29/11/2021 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

André Charles Schoeller gehörte zu den einflussreichsten Kunsthändlern und Kunstexperten auf dem Pariser Kunstmarkt. Als Kunsthändler, Verbandsfunktionär und Experte am Hôtel Drouot war er seit den 1920er Jahren auf dem Kunstmarkt etabliert und nutzte das bestehende Netzwerk in der Besatzungszeit für umfangreiche Geschäfte mit deutschen Kunsthändlern und staatlichen Einrichtungen.

Ausbildung und beruflicher Werdegang

Geboren am 23. September 1879 in Lüttich (Belgien), ging er bald nach Paris, wo er 1905 Hélène Roche (1882-1945) heiratete.1 Ursprünglich Schauspieler wandte er sich Anfang des 20. Jahrhunderts dem Kunsthandel zu.2 Im Ersten Weltkrieg diente er bei den französischen Streitkräften als Soldat.3 Über dreißig Jahre hinweg, zwischen 1914 und 1946 bewohnte er mit seiner Familie ein Appartement in der 65, Rue de Prony, im gutbürgerlichen Pariser Quartier Plaine de Monceaux.4

Schoeller führte weitere Beziehungen bzw. Ehen, über die nur wenig bekannt ist. Liiert war er wohl mit der Schauspielerin Lucie Pacitti Schoeller (1887-1978).5 Aus einer weiteren Verbindung stammte André Schoeller Jr. (1929-2014), Kunsthändler und Spezialist für das Werk des Malers André Lanskoy.6

Hochbetagt heiratete Schoeller die mehr als 40 Jahre jüngere Schwedin Helene Dufwa, geborene Hellichius (geboren am 23. Juli 1921 als Tochter der späteren Ehefrau Adolf Wüsters, Nadine, in Brunnby, und aufgewachsen im Haushalt der Wüsters). In späterer Zeit lebte Helene in Le Cannet, einem Vorort von Cannes, wo sie am 16. August 2005 starb.7

André Schoeller starb Anfang Dezember 1955 im Alter von 76 Jahren auf seinem Landsitz in Brie-Comte-Robert bei Paris.8

André Schoeller als Kunstsammler, Kunsthändler und Experte von 1905 bis 1939

Bereits seit 1905 war André Schoeller in der Pariser Galerie Georges Petit angestellt und übernahm nach dem Tod von Georges Petit im Jahr 1920 den Posten des Direktors der Galerie (7 bzw. 8, Rue de Sèze). Er stand der Galerie bis 1930 vor.1 Schon in diesen Jahren agierte er als Experte bei bedeutenden Versteigerungen im Hôtel Drouot, bei Georges Petit und ab 1932 für die Galerie Charpentier.2 Dies ermöglichte ihm seine Mitgliedschaft als Experte des Syndicat des Marchands de Tableaux [Verband der Gemäldehändler] in Paris.3 Zur selben Zeit machte er sich zudem mit einem „cabinet d’expertises“ zunächst in der Rue Lamennais Nr. 15 selbstständig.4 Seit Anfang der 1930er Jahre führte er eine eigene Galerie in der Rue de Téhéran Nr. 13 im 8. Pariser Arrondissement. Trotzdem arbeitete er weiterhin als Experte für das Hôtel Drouot.5 Diese Funktionen nutzte er in erheblichem Maße, um für seine kunsthändlerische Tätigkeit und wohl auch für seine eigene Sammlung Kunstwerke anzukaufen. In den Bänden des Periodikums Annuaire de la curiosité et des beaux-arts finden sich für die Jahre von 1912 bis 1936 mehr als 130 Kunsterwerbungen vor allem bei der Galerie Georges Petit, bei Auktionen des Hôtel Drouot und vereinzelt auch bei der Galerie Jean Charpentier. Diese waren – neben Werken von Künstlern des 17. und 18. Jahrhunderts – vor allem französische Impressionisten. Einige dieser Arbeiten gab Schoeller als Schenkung bereits 1921 ins Musée du Louvre, eine größere Kollektion, vor allem Delacroix-Zeichnungen, wurde 1932 vom Louvre angekauft.6

Mit den vielfältigen beruflichen Aktivitäten kam Schoeller in den Jahren vor 1939 zu einigem Wohlstand, besaß zwei Automobile, in denen er sich von einem Chauffeur fahren ließ, und mindestens drei Immobilien.7 Seine Kunstsammlung umfasste unter anderem Werke von Eugène Delacroix, die er für Ausstellungen entlieh.8 Bereits vor der Besatzungszeit war er am Pariser Kunstmarkt etabliert und auch international gut vernetzt.9 Davon zeugen seine zahlreichen Ämter und Funktionen: Er war Conseiller du commerce extérieur [~Außenhandelsberater], Mitglied des Comité français des expositions [~Französisches Komitee für Ausstellungen], Präsident des Syndicats des éditeurs d’art et négociants en tableaux modernes [~Gewerkschaften der Kunstverleger und Händler für moderne Gemälde ] sowie Vizepräsident der Chambre internationale des experts d’art [~Internationale Kammer der Kunstexperten].10

Die Galerie André Schoeller während der deutschen Besatzung Frankreichs

Insbesondere als Präsident des Verbands der Kunsthändler stand Schoeller in der Besatzungszeit in Kontakt mit der deutschen Botschaft, mit dem Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) und mit dem militärischen Kunstschutz. Bei der Suche nach Eigentümern von im besetzten Paris aufgefundenen bzw. versehentlich beschlagnahmten Kunstobjekten wurde er vom Kunstschutz angeschrieben und um Hilfe gebeten.1

Deutsche Botschaft, Adolf Wüster und ein Netzwerk von Kunsthändlern

Ab 1940 arbeitete André Schoeller mit der deutschen Botschaft in Paris zusammen. Die Kooperation begann spätestens am 6. September 1940 mit dem Verkauf einer Reihe von Bildern an die deutsche Botschaft durch Raphaël Gérard. An dieser Transaktion waren neben Schoeller auch die Galerie Tédesco frères sowie die Kunsthändler Mademoiselle Lalot und Charles Vaumousse (1890-1950) beteiligt. Während Tédesco frères und Lalot jeweils Anteile an einzelnen Kunstwerken hielten, bekamen Schoeller und Vaumousse für ihre Dienste Provisionen.1 Verhandlungspartner auf deutscher Seite war der Kölner Kunsthändler Hermann Abels, der im Auftrag des Reichsaußenministers Joachim von Ribbentrop in Paris Kunst erwerben sollte.2 Schoeller und Abels hatten sich bereits vor dem Ersten Weltkrieg kennengelernt, als Abels einen Teil seiner kunsthändlerischen Ausbildung in der Galerie Georges Petit bei André Schoeller absolvierte.3

Weitere Geschäfte erfolgten über Adolf Wüster, mit dem Schoeller ebenfalls bereits seit 1912 oder 1913 geschäftlich bekannt und befreundet war.4 Ob Wüster, der ab Juni 1942 offiziell den Rang eines Konsuls bekleidete, in diesen Fällen als Angehöriger der Botschaft oder als Kunsthändler agierte, ist allerdings nicht immer eindeutig erkennbar.

An einer Vielzahl von Werken, die Wüster ab Januar 1941 an das Folkwang Museum in Essen, an das Kaiser Wilhelm Museum in Krefeld, an das Suermondt-Museum in Aachen und an weitere rheinische Museen vermittelte, war Schoeller beteiligt.5 Über Wüster lernte Schoeller auch Bruno Lohse kennen.6 Eng verbunden war Schoeller darüber hinaus mit Raphaël Gérard. Ihre Galerien lagen in unmittelbarer Nachbarschaft. Schoeller war in der Besatzungszeit am Verkauf von rund 30 Werken durch Gerard an den Kunstsammler Myran Eknayan (1892-1985) und an weitere Kunsthändler als Kommissionär oder in anderer Weise beteiligt. Vor allem aber veräußerte Schoeller in den Jahren von 1941 bis 1945 rund 380 Werke an Gérard.7

Neben Wüster und Gérard gehörte Hildebrand Gurlitt zu den zentralen Geschäftspartnern Schoellers. Davon zeugen mehr als 140 Expertisen Schoellers im Bestand Gurlitts. Eine erste Expertise datiert vom 17. April 1934.8 Intensive Überprüfungen ergaben, dass sich diese von Schoeller begutachteten Werke nicht, oder zumindest nur zu einem geringen Teil, mit den Auktionen des Hôtel Drouot verbinden, an denen Schoeller als Experte beteiligt war. Anzunehmen ist daher, dass sich die Rolle Schoellers bei diesen Werken weitgehend auf die Gutachterrolle beschränkte. Daneben ersteigerte er aber auch Kunstwerke im Auftrag Gurlitts auf den Pariser Auktionen. Überliefert ist dies unter anderem für die bedeutende Auktion der Sammlung Georges Viau im Hôtel Drouot am 11. Dezember 1942. Das zu diesem Zeitpunkt Paul Cézanne zugeschriebene Gemälde Mont Sainte Victoire als Spitzenlos der Versteigerung präsentierte Schoeller nicht nur selbst, sondern sicherte sich auch den Zuschlag für seinen Auftraggeber. Neben diesem Gemälde erwarb er auf der Auktion weitere Werke, von denen sich heute noch fünf im Kunstfund Gurlitt befinden.9

Der Handel mit Kunstwerken konfiszierter Sammlungen

Als Kunstexperte und Kunsthändler war Schoeller in Vorgänge zur Konfiszierung und Verwertung von Kunstwerken verfolgter jüdischer Sammler involviert und profitierte wohl auch davon. In besonderer Verbindung scheint er zum Pariser Kunsthändler Jean François Lefranc gestanden zu haben.1 Als Treuhänder verwaltete dieser die Sammlung Schloss,2 die Sammlung Emile Weil sowie die Sammlung Simon Bauer.3 In seinem Auftrag nahm Schoeller 88 Gemälde des jüdischen Sammlers Emile Weil an sich und erstellte Wertgutachten. 85 der sehr niedrig bewerteten Gemälde erwarb Gérard aus dem Depot Schoellers.4 Auch die Gemälde der konfiszierten Sammlung der Familie Schloss sollen im Auftrag Lefrancs bei Schoeller gelagert haben.5 Schließlich soll er auch in die „Arisierung“ der Bestände der Galerie Bernheim-Jeune involviert gewesen sein.6

Insgesamt scheint Schoeller über die Verbindung zum Treuhänder Lefranc hinaus mit dem Commissariat Général aux Questions Juives [französisches Generalkommissariat für Judenfragen] in Verbindung gestanden zu haben und für dieses tätig gewesen zu sein. Dies belegen nicht zuletzt fünf- und sechsstellige Honorarzahlungen des Generalkommissariats an Schoeller aus den Jahren 1943 und 1944.7

Außerdem stand Schoeller mit weiteren verfolgten jüdischen Sammlern privat und geschäftlich in unterschiedlicher Form in Kontakt. Zwei Tage vor seiner Deportation am 17. Juli 1942 soll Marc Wolfson, ein in Paris lebender russisch-jüdischer Pharmazievertreter und Kunstvermittler, Geld, Wertpapiere, Juwelen und Gemälde zur Verwahrung an Schoeller gegeben haben.8 Mit dem jüdischen Unternehmer und Sammler Max Braunthal scheint in den Prozessunterlagen zu André Schoeller ein weiteres Opfer des Nationalsozialismus auf. So verkaufte Schoeller im Frühjahr/Sommer 1941 mehrere Gemälde und Zeichnungen von dem aus dem Deutschen Reich nach Paris emigrierten Braunthal an den Münchener Händler Ludwig Gutbier.9

Verfahren gegen André Schoeller wegen Geschäften mit den deutschen Besatzern

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges geriet André Schoeller mit dem Vorsitzenden des privaten Kunstsammlervereins Collectionneurs Français des Oeuvres d’art [~Französische Kunstsammler], Victor Simon, aneinander. Mit ihm stand er in Konkurrenz um die Erstellung von Preisschätzungen auf dem Pariser Kunstmarkt. Vor diesem Hintergrund wurde Schoeller von Simon denunziert. Nachdem das erste Verfahren 1947 eingestellt worden war, beschuldigte Simon diesen ein Jahr später erneut der Zusammenarbeit mit den deutschen Besatzern. Im Verfahren kam man zu dem Schluss, dass Schoeller etwa 10 Prozent des Einkommens durch Expertisen erwirtschaftet habe.1 Die Angaben und ihre Vollständigkeit wurden im Laufe des Verfahrens in Zweifel gezogen. So waren mehrere Werke im Depot nicht in den von Schoeller aufgestellten Listen und Büchern verzeichnet.2

In einem weiteren Verfahren wegen Geschäften mit den deutschen Besatzern bzw. zur Rückübertragung gestohlener Güter im Jahre 1947 musste sich Schoeller verantworten, weil er als Experte und Käufer von der „Arisierung“ der Galerie Bernheim-Jeune profitiert habe. Am 6. März 1947 wurde er wegen illegaler Geschäfte mit den Besatzern zu einer Strafe von zwei Millionen F verurteilt. Außerdem wurden Gewinne in Höhe von 2.483.774 F eingezogen.3

Möglicherweise wurde das Verhalten André Schoellers während der Besatzungszeit nicht eingehender untersucht und härter bestraft, weil er glaubhaft machen konnte, dass er jüdische Sammlungen vor der Beschlagnahme habe retten können und er zudem als Informant für die Résistance gearbeitet habe.4 Für diese Rolle, das heißt insbesondere für die Übermittlungen militärischer Geheimnisse und Informationen aus diplomatischen Kreisen der deutschen Botschaft, wurde er im Januar 1946 von Charles de Gaulle mit dem Kriegskreuz mit silbergoldenem Stern ausgezeichnet. Dagegen protestierte Victor Simon. Im Laufe des Verfahrens konnten keine Beweise für einen unmäßigen Handel mit Deutschen ermittelt werden.5

Anfang 1946 gab Schoeller sein Geschäft in der Rue de Téhéran Nr. 13 auf. Die Räume übernahmen Marguerite und Aimé Maeght, die während der Okkupation eine Galerie in Cannes betrieben hatten, die Galerie Arte.6 Als Experte war Schoeller weiterhin gefragt. So betreute er beispielsweise zusammen mit Etienne Bignou die Auflösung der Sammlung des Kunstkritikers Félix Fénéon, die 1947 in drei Tranchen im Hôtel Drouot versteigert wurde.7

Nach dem Tode André Schoellers 1955 wurden Teile seiner Sammlung in zwei Auktionen im Hôtel Drouot versteigert, und zwar vom 14. bis 16. Mai 1956 unter dem Titel Collection André Schoeller, tableaux et sculpures modernes, dessins-aquarelles, objets d’art et d’ambeublement du XVIIIe […] sowie am 10. Dezember 1956 unter dem Titel Catalogue des dessins-aquarelles, gouaches […] sculptures […] Tableaux modernes […] dépendant de la succession de Monsieur André Schoeller.