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Die renommierte, von Allan Loebl geführte Galerie Kleinberger wird während der Besatzung durch Verkauf an Ernest Garin „arisiert“ und von vielen deutschen Kunden frequentiert. Nach Kriegsende wird sie wieder von ihrem vorherigen Besitzer übernommen.

Filialen in Paris und New York: internationale Kundschaft

Die Galerie Kleinberger wurde 1883 oder 1885 in Paris von Franz Kleinberger gegründet und spezialisierte sich auf den Handel mit den Vereinigten Staaten, wo im Jahr 1913 eine Zweigstelle in New York entstand.1 Nach Franz Kleinbergers Tod im Jahr 1937 übernahm sein Neffe Allen Loebl das Pariser Geschäft, das nicht weit entfernt vom Musée du Louvre angesiedelt war. Die folgende Darstellung widmet sich der Geschichte der Pariser Galerie während der Besatzungszeit, in der die Kunsthandlung aufgrund der jüdischen Konfession Loebls zunächst liquidiert werden sollte, dann durch Verkauf an Ernest Garin „arisiert“ wurde und nach Kriegsende wieder in den Besitz von Allen Loebl wechselte.2

Die renommierte Kunsthandlung F. Kleinberger handelte vor allem mit alten Meistern und Kunsthandwerk des 18. Jahrhunderts. Nachdem die Galerie in der 9 Rue de l’Échelle anfangs Räumlichkeiten im Erdgeschoss sowie im ersten Stock belegt hatte, beschränkte sich das Unternehmen seit 1938 auf fünf Büro- und Ausstellungsräume in der ersten Etage des Gebäudes.3 Neben regen Geschäftsverbindungen mit der New Yorker Filiale, die seit Franz Kleinbergers Tod von dessen Enkel Harry G. Sperling (1906-1971) geleitet wurde, stand die Galerie bereits vor der Besatzung mit zahlreichen ausländischen Kunsthändlern in Verbindung. Zu diesen zählten unter anderem Hans Wendland in der Schweiz, Julius Böhler in München und Theodor Fischer (1878-1957) in Luzern.4 Der Kontakt zu Händlern aus Deutschland und der Schweiz setzte sich nach Beginn der Okkupation fort. So verkaufte die Galerie zum Beispiel im Dezember 1940 fünf Gemälde an den Berliner Kunsthändler Karl Haberstock, der für den Sonderauftrag Linz in Frankreich nach Werken für das von Hitler geplante Führermuseum suchte.5

„Arisierung“

Da der Besitzer der Galerie F. Kleinberger, Allen Loebl, Jude war, wurde die Kunsthandlung dem kommissarischen Verwalter M. Galland unterstellt, der am 11. April 1941 durch den Administrateur provisoire, den vorläufigen Verwalter Marcel Poulet und am 23. Mai 1941 durch Alice Jackson ersetzt wurde.1 Unter Jackson wurde die Liquidierung der Galerie eingeleitet, und die Streichung der Galerie aus dem Handelsregister war für Januar 1942 nach Ablauf des Mietvertrags geplant.2 In dieser Phase meldete sich der Kriegsverwaltungsrat Georg Stenger (21.02.1907 - ?) als Vertreter des Militärbefehlshabers in Frankreich zu Wort. In einem Schreiben vom 19. Juni 1941 zweifelte er die Kompetenz der bisherigen kommissarischen Verwalter an und schlug vor, die Galerie Kleinberger dem Administrateur provisoire Édouard Gras zu unterstellen, der bereits mit der „Arisierung“ der Pariser Galerie Wildenstein beauftragt worden war und daher über viel Erfahrung verfüge.3

Édouard Gras wurde am 2. August 1941 zum kommissarischen Verwalter der Galerie F. Kleinberger ernannt, nahm seine Funktion aber erst am 3. Februar 1942 auf.4 Einen Monat später erhielt Gras das Kaufangebot des Kunsthändlers Ernest Garin, der die Galerie F. Kleinberger für die Summe von 50 000 F erwerben wollte.5 Dem Angebot vorausgegangen war der von Gras an den Commissaire-priseur [Auktionator] Alphonse Bellier vergebene Auftrag, für die Galerie einen Schätzpreis zu ermitteln. In Belliers am 24. März 1942 eingereichten Bericht fällt als Rechtfertigung für den sehr niedrig angesetzten Gesamtpreis das beinahe vollständige Fehlen eines Bestands verkäuflicher Kunstwerke ins Auge: Lediglich acht wenig wertvolle Gemälde, Skulpturen und Kunstobjekte werden aufgelistet, von denen keines eindeutig einem bestimmten Künstler zugeschrieben wurde.6 Allen Loebl hatte angegeben, dass er viele Kunstwerke in Hinblick auf die geplante Auflösung der Galerie bereits verkauft hätte und dass gleichzeitig das größte aktive Kapital der Kunsthandlung aus Anteilen an Kunstwerken bestehe, die sich blockiert im Ausland befänden.7 Hiermit sind geteilte Eigentumsrechte an Werken zusammen mit anderen Galerien gemeint. Es hat sich eine Liste dieser Galerien erhalten, welche die umfangreichen Verbindungen der Galerie F. Kleinberger zum Beispiel nach Deutschland (Matthiesen, Böhler, Cassirer, Heinemann) und in die USA (Seligmann New York, Sperling) verdeutlicht. Die weitaus meisten Anteile an Werken teilte sich die Kunsthandlung mit Hans Wendland in der Schweiz.

Am 4. Mai 1942 wurde die Galerie Kleinberger schließlich zum Preis von 65 000 F an Ernest Garin, einen früheren Mitarbeiter der Galerie Seligmann, verkauft.8 Der Notar, der den Verkauf beurkundete, war Maître Étienne Ader. Schnell wird klar, dass der Erwerb durch Garin lediglich zum Schein erfolgte: In Wirklichkeit war es auch nach dem Verkauf weiterhin Allen Loebl, der von einem Hinterzimmer der Galerie aus die Geschäfte führte.9 Insbesondere Bruno Lohse, der in Görings Namen in Frankreich Werke für dessen Kunstsammlung suchte, profitierte davon, dass Garin nur als „prête-nom“ [Strohmann] diente und Loebl weiter tätig blieb. Im Gegenzug dafür, dass Lohse den jüdischen Loebl vor den im Laufe der Besatzung immer stärkeren antisemitischen Maßnahmen durch den Sicherheitsdienst schützte, hatte Loebl Lohse Werke für die Sammlung Göring zu beschaffen, für die der Reichsmarschall ein Vorverkaufsrecht besaß. Loebl führte Lohse, den er noch aus der Vorkriegszeit kannte, in die Pariser Kunstwelt ein und vermittelte ihm Kontakte zu Galeristen, von denen Lohse ebenfalls Werke beziehen konnte. Auf diese Weise entwickelte sich die während der Okkupation in „Galerie E. Garin“ umbenannte Galerie F. Kleinberger zum „beliebteste(n) Ort für Treffen von Kollaborateuren auf dem Pariser Kunstmarkt [...] und wurde offenbar von einem Großteil der deutschen Käufer besucht. Die Korrespondenz, die von diesem Haus an diese Kunden geschickt wurde, war in deutscher Sprache verfasst.“10

Geschäftspartner, Kunden und Verkäufe

Welche Kunden und Kunsthändler es genau waren, die mit der verdeckt von Allen Loebl geführten Galerie Geschäfte machten, bleibt in vielen Fällen unklar, da, wie Garin anmerkt, nicht alle Geschäfte mit Deutschen festgehalten wurden: „Wir haben nicht alle Verkäufe an Deutsche in die Buchhaltung aufgenommen, sondern nur einen Teil davon.“1 Kunsthändler und Agenten, die in das deutsch-französische Netzwerk der Kunsthandlung integriert gewesen sein sollen, waren unter anderem Perdoux, Boitel, Dequoy, Engel und Mandl. Auch Maria Dietrich zählte zu den Kunden der Galerie in der Rue de l’Échelle.2 Zumindest für einen Teil der Geschäfte von Hofer, Wendland, Gurlitt und Haberstock mit Garin bzw. Loebl haben sich Belege erhalten.3 Durch den Kontakt zu Hofer und Lohse war die Verbindung der Kunsthandlung zu Göring, der die Räumlichkeiten der Galerie wahrscheinlich sogar mindestens einmal zusammen mit Lohse besuchte, sehr eng.4

Verschiedene der Werke, die während der Besatzungszeit über die Galerie gehandelt wurden, zählen heute zum Bestand der MNR (Musées nationaux récupération – Rückführungsbestand in den Nationalmuseen). Hier zu nennen ist zum Beispiel das MNR 508, bei dem es sich um das Ölgemälde Landschaft mit Fluss von dem niederländischen Maler Salomon van Ruysdael aus dem 17. Jahrhundert handelt.5 Es wurde für 900 000 F von Hofer auf einer seiner letzten Reisen Anfang 1944 nach Paris in der Galerie F. Kleinberger gekauft, wobei Hofer anmerkte, dass es trotz des hohen Preises ohne Schwierigkeiten möglich sei, das Gemälde für die doppelte Summe in Berlin zu verkaufen.6 Das Werk ging an den Rüstungsunternehmer Friedrich Flick, der es Göring schenkte. Ebenfalls als Geschenk an Göring, diesmal durch den Industriellen Rudolf Stahl, diente das MNR 458. Das Gemälde von Judith Leyster trägt heute den Titel Der Lautenspieler, während es bei seinem Verkauf in der Galerie F. Kleinberger 1942 an Hofer noch Der Mandolinenspieler hieß.7 Ein Beispiel für einen frühen Verkauf der Galerie ist die Erwerbung des heutigen MNR 452 von Pieter Jacobsz Codde, Die Tanzstunde, durch Haberstock im Dezember 1940. Haberstock verkaufte das Ölgemälde aus dem 17. Jahrhundert nur kurze Zeit nachdem er es in Paris erstanden hatte, an die Sammlung des in Linz geplanten Führermuseums weiter.8 Loebl selbst gab nach dem Krieg an, nicht mit konfiszierten Werken aus jüdischem Besitz gehandelt zu haben.9

Bereits vor dem Verkauf der Galerie F. Kleinberger von Loebl an Garin im Jahr 1942 hatten An- und Verkäufer untereinander ausgemacht, dass nach dem Ende der deutschen Besatzung die Eigentumsverhältnisse wieder geändert werden, was später auch so geschah: Am 6. Juli 1945 wurden beide Kunsthändler gemeinsame Eigentümer der Kunsthandlung.10 Am 17. Februar 1949 wurde ein Verfahren gegen die Galerie wegen profits illicites, bei dem Gewinne untersucht werden sollten, die in der Besatzungszeit auf unlautere Weise durch den Handel mit Deutschen gemacht wurden, fallengelassen.11 Die Galerie F. Kleinberger bestand in Paris noch bis ins Jahr 1955.