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Als Direktor des Krefelder Kaiser-Wilhelm-Museums tätigt Friedrich Muthmann umfängliche Kunstankäufe im besetzten Frankreich. Er arbeitet eng mit dem rheinischen Kulturdezernenten Hanns Joachim Apffelstaedt sowie Kollegen von anderen rheinischen Museen zusammen und reist selbst mehrfach nach Paris. Dort ist sein wichtigster Kontaktmann Adolf Wüster.

Beruflicher Werdegang

Muthmann studierte klassische Archäologie, Alte Geschichte und Kunstgeschichte in Göttingen, Heidelberg und Berlin. Er promovierte 1927 in Heidelberg in klassischer Archäologie. Nach ausgiebigen Reisen u.a. nach Italien, Griechenland, Frankreich und in die Türkei war er von 1929 bis 1933 Assistent in der Antikenabteilung des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe.1 Bevor Muthmann 1937 zum Direktor des Kaiser-Friedrich-Museums in Krefeld berufen wurde, war er ab 1933 als Nachfolger Hildebrand Gurlitts Leiter des Hamburger Kunstvereins. Er war vermutlich durch seine Parteifreundschaft zum Hamburger Gauleiter auf diesen Posten gekommen.2 In seinem Ausstellungsprogramm zeigte er auch progressivere Kunst. Die von ihm 1936 veranstaltete Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes wurde durch den Vorsitzenden der Reichskammer der Bildenden Künste, Adolf Ziegler, persönlich abgebrochen. Danach wechselte Muthmann nach Krefeld.

Aufbau der Krefelder Sammlung

Dort verfolgte Muthmann das ehrgeizige Ziel, im Kaiser-Wilhelm-Museum, das bis dahin einen kunstgewerblichen Schwerpunkt hatte, eine exklusive Gemäldesammlung aufzubauen, die einen repräsentativen Querschnitt durch die Kunstgeschichte bis ins 19. Jahrhundert bieten sollte.1 Die Chance dazu sah er gekommen, als durch die Besetzung Frankreichs der dortige Kunstmarkt leichter zugänglich wurde und den Ankauf hochwertiger Werke zu zunächst sehr günstigen Preisen ermöglichte. Muthmanns Idee war es, für Krefeld als Stadt der Textilproduktion vor allem Darstellungen schöner Gewebe und Kostüme sowie farblich Dekoratives aus der Malerei der großen europäischen Zentren zu sammeln. Zudem sollten die niederrheinische Landschaftsmalerei sowie die niederländische und belgische Malerei des 19. Jahrhunderts berücksichtigt werden. Auch die kunsthandwerkliche Sammlung wurde ergänzt und um den Sammelbereich Gobelins erweitert.2 Über die Hälfte der von Muthmann seit 1937 getätigten Erwerbungen waren aber französische Gemälde des 18. und 19. Jahrhunderts.3

Zusammenarbeit mit rheinischen Kollegen

Wichtig war es Muthmann, dass die von ihm aufgebaute Krefelder Gemäldesammlung neben den Sammlungen anderer rheinischer Museen würde bestehen können.1 Mit den Leitern von Museen in Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen und Wuppertal, die ebenfalls von den Erwerbungsmöglichkeiten in den besetzten Westgebieten profitieren wollten, sowie mit dem Kulturdezernent der Rheinprovinz Hans Joachim Apffelstaedt, stand er in z.T. engem Austausch. Man arbeitete bei den Ankaufsunternehmungen zusammen, um die beträchtlichen administrativen und logistischen Herausforderungen bewältigen zu können.

Vor allem mit dem Direktor der Düsseldorfer Museen, Hans Wilhelm Hupp, und des Essener Museum Folkwang, Heinz Köhn, hatte er regelmäßigen Kontakt. Felix Kuetgens, Leiter des Aachener Suermondt Museums, der als Kunstschutzoffizier in Paris stationiert war, unterstützte ihn intensiv bei formalen Fragen der Ausfuhrabwicklung und Einreisebewilligungen. Muthmann reiste mehrfach selbstständig nach Paris und begleitete persönlich einen von mehreren Sammeltransporten der Ankäufe verschiedener deutscher Museen von Paris nach Krefeld.2 Dabei wurden u.a. auch von Albert Speer, der Kunsthändlerin Maria Gillhausen oder vom Verlag Krüger in Berlin Nicolassee erworbene Objekte mittransportiert.3

Kontakte in Paris

Wichtigster Kontaktmann zum französischen Kunstmarkt war der, wie Muthmann selbst, aus Elberfeld stammende, in Paris ansässige Kunsthändler Adolf Wüster. Im Krefelder Museumsarchiv sind umfangreiche Korrespondenzen erhalten, die von einem sehr vertrauten Verhältnis zeugen.1 Über Wüster, von dem Muthmann auch direkt kaufte, und dessen Frau Nadine liefen die meisten Kaufabwicklungen und der Austausch mit den französischen Händlern. Über die Eheleute Wüster war Muthmann auch mit deren Freund Comte René Avogli Trotti in Kontakt. Über diesen konnte er ein vermeintlich von Peter Paul Rubens stammendes Gemälde an die Kunsthalle Hamburg vermitteln, das er in einem Dankesbrief an Trotti als „carte de visite“ in der Hansestadt bezeichnete. Als Visitenkarte diente ihm das Bild vermutlich bei seinen Bestrebungen, Generaldirektor aller Hamburger Museen zu werden, was ihm jedoch nicht gelang.2

Bei der Finanzierung der erstklassigen Werke für den Ausbau der Krefelder Sammlungen wurde Muthmann von der Stadtverwaltung und einem „Kreis von Gönnern über jedes anfänglich erhoffte Maß hinaus gefördert“.3 Der Oberbürgermeister Alois Heuyng wie auch der Stadtkämmerer Robert Helm begleiteten Muthmann gelegentlich sogar persönlich nach Paris, um Objekte begutachten und gleich vor Ort die Ankaufsformalitäten klären zu können.4 Als privaten Mäzen konnte Muthmann u.a. den Gründer der Vereinigten Seidenwebereien Hermann Lange gewinnen.5

Die französischen Händler, bei denen Muthmann kaufte, sind: Étienne Bignou, Paul Cailleux, Raphaël Gérard, Pierrre Landry, J. O. Leegenhoek, Jean Lenthal, Alice Manteau, Jacques Matthey, Schmit et Cie., M. Benezit, Martin Fabiani, André Schoeller, Comte Avogli Trotti, G. Aubry, Benatof, Roland Blay, R. Schmit, Grosvalet, Carlhian und Adolf Wüster.6

Nach dem Krieg

Im März 1943 wurde Muthmann zum Kriegsdienst einberufen, aus dem er im März 1945 entlassen wurde. Möglicherweise war er für den ERR tätig, wie aus einem Karteikartenvermerk von Douglas Cooper (MFAA) hervorgeht.1 Während seines Kriegsdienstes wurde er in der Leitung des Museums durch einen Kollegen namens Dr. Steeger vertreten.2

Das Kaiser Wilhelm-Museum Krefeld hat unter Muthmanns Ägide, neben den Museen von Düsseldorf, Essen und Bonn, die umfangreichsten Einkäufe öffentlicher deutscher Sammlungen in Frankreich während der Besatzung getätigt.3 Die Erwerbungen wurden nach 1945 an Frankreich restituiert. 77 Objekte befinden sich im Bestand MNR, von denen ein Gemälde von Maurice Utrillo an die Nachkommen der vormaligen Besitzer restituiert werden konnte.4

Muthmann hatte alle Objekte zwar offiziell mit städtischen Mitteln sowie durch Spenden erwerben können, doch konnte er sie, dank der besonderen Behandlung deutscher staatlicher Institutionen durch die militärischen Machthaber im besetzten Frankreich, unversteuert ausführen. Noch vor den offiziellen französischen Rückforderungen und Rückführungen nach Frankreich der von ihm angekauften Objekte verließ Muthmann Krefeld und ging 1947 in die Schweiz, wodurch er sich einer Entnazifizierung entziehen konnte.5 Er wurde Mitarbeiter am Musée d’art et d’histoire in Genf, wo er sich vorrangig mit Kunst der spanischen Kolonialzeit in Südamerika beschäftigte. Nach seiner Habilitation in Kunstgeschichte 1950 an der Universität Genf lehrte er zudem als Privatdozent. Ab 1954 war er im deutschen diplomatischen Dienst als Kulturattaché in Bern und von 1961 bis 1964 in Athen tätig. 1966 kehrte Muthmann nach Bern zurück, wo ihm, der weiterhin archäologische Forschungen betrieb, 1976 die Ehrendoktorwürde verliehen wurde und wo er 1981 verstarb.