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02/12/2021 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

Die Galerie Alice Manteau wird von Alice Manteaus Ehemann Joseph Cloots geführt, der während der deutschen Besatzung etwa 50 Gemälde nach Deutschland exportiert.

Vor dem Krieg

Die Galerie Alice Manteau wird nacheinander im Januar 1927 von Alice Marie Manteau (geb. am 25. Juni 1890 in Saint-Josse-ten-Noode) an der Adresse 2 Rue Jacques-Callot im 6. Pariser Arrondissement1 und dann im März 1935 von Joseph Marie Guillaume Cloots (geb. am 13. Mai 1890 in Louvain) an der 14 Rue de l’Abbaye2 im selben Arrondissement gegründet. Die beiden sind belgischer Staatsangehörigkeit und haben am 15. Oktober 1910 in Brüssel geheiratet.3 Bereits seit der Gründung der Galerie 1927 stellt Alice Manteau hauptsächlich junge KünstlerInnen aus, die nicht aus Frankreich kommen, wie Dora Bianka4, Victor Barthe, Abraham Mintchine5, Frits van den Berghe6, Zina Gauthier7, Rik Wouters8, Paule Vézelay9, Moshe Mokady10, Gustave de Smet11, wobei sie gelegentlich französische Künstler wie André Hambourg12 zeigt.

Aus der Zeugenaussage René Gimpels (1881-1945) geht hinsichtlich der Beziehung zwischen Abraham Mintchine (1898-1931), seiner Witwe und Alice Manteau in den Jahren 1928 bis 1931 hervor, dass letztere wohl tatsächlich in direktem Kontakt zu den KünsterInnen stand, ihr Mann aber ebenfalls an der Leitung der Galerie beteiligt war. Gimpel gibt zu verstehen, dass die Galerie 1931 in finanziellen Schwierigkeiten steckte, Cloots allerdings ein härteres Geschäftsgebaren hatte als Manteau.13 Spätestens seit 1931 stellt die Galerie regelmäßig alte Malerei aus und verkauft sie auch.14 1933 zieht die Galerie an die neue Adresse 14 Rue de l‘Abbaye15 im 6. Arrondissement von Paris, wo sie im Mai 1935 offenbar mit der Schau „Peintures naïves“ zum letzten Mal zeitgenössische Kunst zeigt.16

Am 12. März 1935 zieht sich Manteau offiziell aus dem Geschäft zurück und ihr Mann Cloots führt die Galerie unter gleichem Namen weiter.17 Im Rahmen der Ermittlungen der Säuberungskommission erklärt Manteau daher am 25. März 1946, sie übe „keinerlei Tätigkeit in der Galerie, die [ihren] Namen trägt“ aus, es würden „alle Geschäfte durch [ihren] Mann abgewickelt“; im Übrigen leugnet sie jede Verbindung zur Galerie ihres Bruders, Louis Manteau, in Brüssel.18 Ab 1935 widmet sich die Galerie ausschließlich dem Verkauf alter Kunst, hauptsächlich Gemälde, und spezialisiert sich auf flämische und holländische Malerei.

Während der deutschen Besatzung Frankreichs

Von 1940 bis 1944 verkauft die Galerie eine relativ große Anzahl von Kunstwerken direkt oder über Vermittler an deutsche Museen: sieben Gemälde an das Rheinische Landesmuseum in Bonn1, zehn an die Kunstsammlungen der Stadt Düsseldorf (sowie ein Emaille-Bild an das Kunstgewerbemuseum Düsseldorf)2, ein Stillleben von Vallayer-Coster an das Folkwang Museum Essen3, sechs Werke an die Städtische Galerie und an das Städelsche Kunstinstitut in Frankfurt4, elf Gemälde an das Kaiser Wilhelm Museum in Krefeld5, zwei Stillleben von Liotard an das Museum in Linz6, ein Porträt eines „kleinen Mädchens mit Hund“ an die Städtischen Kunstsammlungen Nürnberg7 und eine Landschaft von David II. Teniers dem Jüngeren an das Museum in Wuppertal8. Zudem verkauft die Galerie eine Adrien van de Velde zugeschriebene Landschaft an das Museum in Strasbourg.9 Unter den deutschen Käufern und Vermittlern, denen die Galerie Alice Manteau zwischen 1940 und 1944 Werke verkauft, gehören Claude Anet10 (für das Rheinische Landesmuseum in Bonn), Hans Lange (Verkauf durch Cornelius Postma über die Galerie)11, Josef Mühlmann12, Walter Bornheim13, Eduard Plietzsch (für Göring)14, Hans Herbst15 und Adolf Wüster16 (für das Rheinische Landesmuseum in Bonn und die Kunstsammlungen der Stadt Düsseldorf). Das Paar hat zudem im Oktober 1940 Hans Posse17 eine Reihe von Werken angeboten und soll auch mit  Walter Andreas Hofer18 in Verbindung gestanden haben.

Insgesamt beläuft sich die Anzahl der in diesen fünf Jahren aus der Galerie Alice Manteau nach Deutschland exportierten Werke auf mindestens 54, darunter ein Emaille-Bild und drei Skulpturen, das Gros der Verkäufe betraf Malerei des 16., 17. und 19. Jh.. Nur für 13 dieser Werke wurde eine Ausfuhrgenehmigung beantragt. Dies übernahm Michel Martin zufolge Theo Hermsen.19 Der geheimdienstliche Bericht vom 15. Mai 1945, der von der Direction générale des études et recherches [Nachrichtendienst der Befreiungszeit] an das Präsidialamt der Übergangsregierung gesendet wurde, führt daher aus, dass die „Antiquitätenhändler, die die meisten Geschäfte mit dem Feind machten, Fabiani, Bignon [sic], Alice Manteau, Raphaël Gérard, bis auf wenige Ausnahmen während der gesamten Besatzungszeit nie eine Ausfuhrgenehmigung beantragt haben“.20 

Im Übrigen befinden sich noch heute knapp zwanzig Werke in französischen Museen, die von der Galerie Alice Manteau verkauft wurden oder verkauft worden sein sollen und im Zuge der Wiedererlangung von Kunstbesitz (MNR und OAR) ins Land zurückkamen.21 Für diese Werke konnte keine Provenienz zwischen dem Jahr 1933 und dem Zeitpunkt ihres Verkaufs durch die Galerie Manteau ermittelt werden, mit Ausnahme des Porträts des kleinen Mädchens mit Hund von Johan Cornelisz van Loenen, das - falls es sich tatsächlich um dasselbe Gemälde handelt - 1936 in einer öffentlichen Auktion in Wien verkauft und 1941 von der Galerie an die Städtischen Kunstsammlungen Nürnberg veräußert wurde.22 Entsprechend liegen die Erwerbsmethoden der Galerie zum Teil noch im Dunkeln. Es sei darauf hingewiesen, dass die Galerie gelegentlich als Vermittlerin zwischen einem Verkäufer und einem Käufer gedient haben kann, wie am Fall eines 1944 zustande gekommenen Verkaufs zweier Stillleben von Liotard anschaulich wird, die Cornelius Postma der Galerie anvertraut hatte.23

Die Ermittlungen der Nachkriegszeit

In den Jahren 1946 und 1947 ermittelt die Commission nationale interprofessionnelle d’épuration [Nationale berufsübergreifende Säuberungskommission] zur Galerie Alice Manteau. Ein Vermerk der Commission de récupération artistique [Kommission für die Wiedererlangung von Kunstbesitz] vom 27. März 1945 betont, dass „die Galerie Alice Manteau […] während der gesamten Besatzungszeit Geschäfte mit den Deutschen gemacht hat. Es wäre angezeigt, diesbezüglich Ermittlungen einzuleiten und die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen“.1  Der Bericht über Görings Verhör stuft das Ehepaar hingegen als „kleine Händler“ ein.2 Am 7. Februar 1947 vertritt Michel Martin, wissenschaftlicher Mitarbeiter der französischen Nationalmuseen, die gleiche Ansicht, als er dem Kommissionsvorsitzenden mitteilt: „Dieser Händler führt ein recht unbedeutendes Geschäft und verfügt nicht über ausreichende Gelder für großangelegte Aktionen. Entsprechend betreffen seine Verkäufe an die Deutschen nur wenige Gemälde von durchschnittlicher Qualität und es sieht nicht so aus, als ob die Galerie sich durch den Krieg in irgendeiner Form vergrößert hätte. Des Weiteren konnte Herr Cloots nachweisen, dass er bereits vor dem Krieg geschäftliche Beziehungen zu deutschen Unternehmen unterhielt, weshalb sich die Deutschen an ihn wandten, und man ihm nicht vorwerfen kann, um deutsche Kunden gebuhlt zu haben.“ Joseph Cloots listet tatsächlich in einem Brief an Michel Martin die Händler auf, die vor dem Krieg in seiner Galerie ein- und ausgingen. Zu ihnen gehörten „Van Diemen & Cie, Bénédict, F. Rothmann, Cassirer, Perls, Henrichssen, Vitale Bloch etc.“, doch ist festzustellen, dass zwischen 1940 und 1944 neue Namen zu dieser Liste hinzukommen, die Joseph Cloots nicht anführt. Im Übrigen gibt er gegenüber der Ermittlungskommission weniger als die Hälfte (24) der an deutsche Käufer veräußerten Werke und einen Gesamtbetrag von 1.290.700 F an. In Wirklichkeit ergibt die Addition der nur für 47 dieser Geschäftsabschlüsse mit deutschen Käufern bekannten Verkaufspreise die Summe von 2.178.600 F. Nichtsdestotrotz stellt die Commission nationale interprofessionnelle d’épuration die „Angelegenheit Cloots“ am 5. März 1947 ein.3

Vereinzelte Hinweise deuten darauf hin, dass die Galerie noch 19534 und vermutlich auch noch 19575 existierte, der genaue Zeitpunkt ihrer Schließung ließ sich aber leider nicht bestimmen.