Aller au contenu principal
Lien copié
Le lien a été copié dans votre presse-papier
20/05/2022 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

Der am 5. Dezember 1895 im achten Pariser Arrondissement geborene Jean Schmit1 ist der jüngste der vier Söhne von Frédéric Schmit, Ritter der französischen Ehrenlegion2 und Geschäftsführer der um 1820 von dem Luxemburger Frédéric Schmit gegründeten Dekorationsfirma Schmit3. Während der deutschen Besatzung lautet die Adresse des Geschäfts 18-24 Rue de Charonne im 11. Pariser Arrondissement; fast die Hälfte der Kundschaft ist deutsch.

Das Renommee des Hauses in der Zwischenkriegszeit

In den 1920er Jahren übernehmen die Brüder Jacques und Jean Schmit die im 19. Jahrhundert gegründete Firma. Letzterer tritt am 1. Juli 1922 als geschäftsführender Partner in das Familienunternehmen ein.1 Sein Bruder Jacques (1892-1973) kommt 1926 hinzu.2 Ende der 1920er Jahre beschließt Jean Schmit, sich innerhalb der Firma auf den Verkauf von Kunstgegenständen und Gemälden zu verlegen. Mitte der 1930er Jahre tätigt er erste Schenkungen an den Louvre. So  erhält die Gemäldeabteilung 1934 ein Porträt mit dem jugendlichen Mozart von Joseph-Siffred Duplessis.3 Im Jahr darauf folgt ein Gemälde von Nicolò dell’Abbate mit einer Auffindung Moses‘4 sowie ein Skizzenbuch von George Romney5. Vor dem Krieg bietet er dem Louvre eine große Anzahl von Werken an, darunter ein Gemälde von Jacques Dumont6, eines von Jean-Baptiste Huet sowie ein Nicolas de Largillière zugeschriebenes Gemälde7 usw..

Während der Zwischenkriegszeit führt die auf Kunsttischlerei, Herstellung von Sitzmöbeln sowie Ausstattung und Einrichtung von Behörden spezialisierte Firma Schmit & Cie Aufträge für diverse Kunden aus. Zu ihnen gehören das Kriegsministerium, das Finanzministerium, das Ministerium für Post- und Fernmeldewesen, das Luftfahrtministerium, das Bildungsministerium usw.. Sie beteiligt sich zudem an der Innenausstattung von Passagierschiffen wie Normandie, Champollion, Ville d’Oran, der Georges Philippar oder Pasteur.8 Die Firma erfreut sich also in Paris eines ausgezeichneten Rufs.

Die Firma Schmit in der Besatzungszeit

Jean Schmit, der bereits am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatte, wird 1939 eingezogen und am 19. Juni 1940 in Selles-sur-Cher gefangengenommen. Nach seiner Verlegung nach Orleans gelingt es ihm jedoch, am 30. Juni zu fliehen und zu seinem Regiment zurückzukehren, in dem er mit Willensstärke und Tapferkeit auffällt. Oberstleutnant Jean Graziani betont in einem anlässlich Schmidts Vorladung vor die Commission nationale interprofessionnelle d’épuration (CNIE) [Nationale berufsübergreifende Säuberungskommission] verfassten Schreiben „sein vorbildlich patriotisches Verhalten“.1 Des Weiteren bestätigt er, dass der Antiquitätenhändler ihm nach seiner Verhaftung durch die Gestapo wegen Beteiligung am Widerstand im Mai 1944 angeboten habe, ihn in seiner Fabrik im Departement Cher zu verstecken. In einem Brief vom 1. November 1940 berichtet des weiteren ein Oberst Geoffroy von den Gefahren, die der Obergefreite Jean Schmit auf sich genommen habe, damit das Regimentsarchiv dem Feind nicht in die Hände fiel. Für diese Taten wurde er mit dem Militärorden ausgezeichnet.

Jean Schmit kehrt im November 1940 nach Paris zurück, wo er seinen Bruder wiedertrifft, der ebenfalls eingezogen worden war. In der Besatzungszeit beschäftigten die Fabriken der Firma Schmit bis zu 280 Arbeiter, Angestellte und Techniker. In den Geschäftsjahren 1941-1942 und 1942-1943 wird knapp die Hälfte der Aufträge im Namen deutscher Kunden ausgeführt.2 Von November 1941 bis März 1944 wird das Unternehmen als „kriegswichtiger Betrieb“ eingestuft. In Wirklichkeit arbeitet Jacques Schmit, der sich in der Firma hauptsächlich um die Herstellung kümmert, nur unter Zwang für deutsche Interessen.3 Ein Brief des leitenden Architekten der Stadt Paris und des Departement Seine bescheinigt der Firma Schmit nach dem Krieg, sie sei „von der technischen Baubehörde der Stadt Paris mit der Ausführung diverser Arbeiten in von der Besatzungsarmee beschlagnahmten Gebäuden beauftragt“ worden. Die Firma Schmit & Cie wurde also verpflichtet, für große Pariser Hotels wie das Majestic  „Möbel, Vorhänge für passive Verteidigung und Raumausstattung, Teppiche und Wandbehänge“ in geschätzter Höhe von 10.000.000 Franc zu liefern.4 Aus demselben Brief geht hervor, dass bei den direkt mit den deutschen Besatzern verhandelten Geschäften die deutschen Machthaber und insbesondere der Kommandant Altman im Majestic dabei der Firma gegenüber einen „erbitterten Hass, der sich im pausenlosen Abzug von Arbeitskräften und in Androhungen, ihre Werkstätten zu schließen, äußerte“, an den Tag gelegt hätten.5

Am 10. Juni 1940 lässt sich die Fabrik Schmit auf Anweisung des Luftfahrtministeriums im Weiler Laugère in Charenton-du-Cher in der unbesetzten Zone Frankreichs nieder. In dieser Fabrik verstecken Jacques Schmit und seine Sekretärin zahlreiche, vor der Zwangsarbeit (STO, Service de travail obligatoire) geflohene Menschen, Geflüchtete und gefährdete Widerstandskämpfer. Als er nach dem Krieg vom Comité de confiscation des profits illicites [Komitee für die Beschlagnahmung unlauterer Gewinne] belangt wird, erhält Jacques Schmit eine Vielzahl von Zeugenaussagen über seinen Einsatz für den Widerstandskampf.

Jean Schmits Einbindung in den Kunstmarkt

Es ist nicht leicht, Jean Schmits Beziehungen zu deutschen Händlern während der Besatzungszeit einzuschätzen. Tatsache ist, dass der Antiquitätenhändler, der bereits vor dem Krieg Umgang mit US-amerikanischen und deutschen Händlern wie auch dem Schweizer Hans Wendland pflegte, an zahlreichen Transaktionen zugunsten deutscher Händler beteiligt ist.1 Die von ihm anlässlich seiner Vorladung vor die berufsübergreifende Säuberungskommission (CNIE) verfasste Verteidigungsschrift und die von den US-amerikanischen Ermittlern in ihren Berichten herausgearbeiteten Befunde sind widersprüchlich.

Die Ermittler der Roberts Commission beschreiben Jean Schmit als einen „Spekulanten eher als einen echten Sachverständigen“.2 Er steht im Rufe, einer von Adolf Wüsters Zulieferern gewesen zu sein, der ihm als Verbindungsmann zu Händlern wie Walter Bornheim und Josef Angerer diente.3 Er soll Raubgut von jüdischen Familien angekauft haben4, was er jedoch abstreitet, als er dazu im Oktober 1945 von den Richtern des Cour de justice du département de la Seine [Gerichtshof des Departement Seine] befragt wird. Dabei besteht der Händler darauf, nur Gemälde verkauft zu haben, die aus ihm bekannten Familien stammten. Den französischen Ermittlern erscheinen Schmits Aktivitäten während der Besatzungszeit umso zwielichtiger, als der Antiquitätenhändler, obwohl er selbst Zoll-Gutachter war, der damals geltenden Gesetzgebung entsprechend der Aufsicht der französischen Nationalmuseen keinen einzigen Verkauf vorgelegt hatte.5 In einem Bericht vom 20. August 1945 zur vorgesehenen Ermittlung gegen Jean Schmit wird er ebenfalls beschrieben als ein „unangenehmer, skrupelloser Mann, der damit geprahlt haben soll, Görings offizieller Einkäufer gewesen zu sein“.6 Die 1941 in der Zeitung L’Illustration geschaltete Reklame für Gemälde und Möbel in seinem Besitz deutet darauf hin, dass der Antiquitätenhändler gezielt versuchte, um deutsche Kundschaft zu werben.

Im Dezember 1940 ist Jean Schmit zusammen mit dem Vicomte Raoul de La Forest-Divonne in den Verkauf einer blütenübersäten Tapisserie („Tapisserie mille-fleurs“) aus dem 16. Jh. an den Deutschen „Springel“ im Grand Hôtel verwickelt. Jean Schmit und der damals bereits aus dem Geschäft zurückgezogene Raoul de La Forest-Divonne waren durch die Vermittlung eines unbedeutenden Kunsthändlers namens Antonini, dessen Geschäft an der Pariser Adresse 34 Rue Jasmin lag, in Kontakt zueinander getreten. Den Wandbehang aus dem Besitz einer Amerikanerin kauft Schmit zunächst von La Forest-Divonne, um ihn dann an die Deutschen weiterzuverkaufen. Er erklärt, unter Druck gesetzt worden zu sein. La Forest-Divonne äußert sich in seinem Verhör folgendermaßen zu diesem Verkauf: „Herr Schmit soll ins Grand Hôtel zitiert worden sein, wo ihn Dr. Springel bedroht und sogar davon gesprochen haben soll, ihn ins Gefängnis zu werfen, wenn er ihm diese Tapisserie nicht verkaufe.“7

Während der Besatzung tätigt Jean Schmit zahlreiche Verkäufe an Walter Bornheim. Zwischen dem 27. Februar 1941 und dem 26. März 1943 soll Görings Händler allerlei Gemälde, Möbelstücke und Kunstgegenstände für insgesamt 695.965 F8 bei Schmit erworben haben. Als Schmit die von den US-amerikanischen Ermittlern aufgestellte Liste der von Bornheim für Göring erworbenen Werke vorgelegt wird,9 streitet Schmit allerdings seine Verantwortung für bestimmte Objekte ab und behauptet, Bornheim habe bei ihm Briefbogen mit Briefkopf entwendet und für die Ausstellung falscher Rechnungen verwendet.10 Nichtsdestotrotz lässt Schmit im August 1941 Werke für Hermann Göring ins Jeu de Paume-Museum bringen.11 Während der Besatzungszeit soll der Reichsmarschall im Übrigen persönlich die Pariser Fabrik der Gebrüder Schmit besucht haben und dort vom Antiquitätenhändler selbst empfangen worden sein.12

Im Jahr 1941 gerät ein von Jean Schmit verkauftes Werk in den Mittelpunkt von Auseinandersetzungen zwischen Görings Händler, Walter Bornheim, und Adolf Hitlers Händler, Karl Haberstock. Es handelt sich dabei um ein Werk von Rubens, Vénus et Adonis, das dem Grafen von Gastines gehörte und zum Preis von 600.000 F verkauft wurde. Walter Bornheim, der das Werk auf seiner ersten Reise nach Paris entdeckt hatte, hat es angeblich – weil er noch nicht über genügend Geld verfügte – zurücklegen lassen.13 Haberstock, der einige Wochen später durch die Vermittlung von Simon Meller bei Schmit vorstellig wurde14, gelang es, das Werk mithilfe von Paul von Waldthausen für den Führer zu erwerben. In seiner Verteidigungsschrift fügt Schmit hinzu, dass am Ende die Gräfin de Gastines in den Verkauf der Tapisserie an Haberstock eingegriffen habe. Dieser Verkauf wurde auch Gegenstand einer Mitteilung vom Botschafter Otto Abetz vom 13. März 1941.15

Ab Mai 1941 ist Schmit bei den deutschen Besatzungsbehörden eingetragener Lieferant für deutsche Museen und für den Reichsmarschall Göring. In der Akte der berufsübergreifenden Säuberungskommission (CNIE) im französischen Nationalarchiv findet sich ein Brief von Adolf Wüster, der Schmits Dienstleistungen bestätigt. Ihm wird daher für seine Suche nach Kunstgegenständen und Gemälden eine größere Reisefreiheit eingeräumt. In seiner Verteidigungsschrift erklärt Schmit, er sei absichtlich so vorgegangen, um die Deutschen hinters Licht zu führen, die es auf die Gemälde von Winterhalter abgesehen hatten, von denen sie wussten, dass sie sich in seinem Besitz befanden. Schmit, dem zwei deutsche Ausweise ausgestellt worden waren, behauptet jedoch, Paris in der gesamten Besatzungszeit kein einziges Mal verlassen zu haben.16 Es handelte sich angeblich um die zwei Zeichnungen aus dem vorherigen Besitz des Grafen von Nemours17 mit Darstellungen von Königin Victoria und König Louis-Philippe. Beide habe der Händler im Februar 1939 als Schenkung nach Versailles geben wollen. Am 10. März 1939 hatte ihm der Präsident des Conseil des musées nationaux [Nationaler Museumsrat) geantwortet:

„Die Skizzen von Winterthaler haben sowohl aufgrund ihres spontanen Charakters als auch wegen des Unterschieds zu den großen endgültigen Gemälden, die sich bereits in Versailles befinden, unser Interesse geweckt, zumal sie die gegenseitigen Besuche der französischen und britischen Herrschenden in den Jahren 1843 und 1844 in etwas anderem Lichte zeigen.“18

Gerichtsverfahren nach dem Krieg

Nach dem Krieg werden die Geschäftsführer des Unternehmens Schmit & Cie der wirtschaftlichen und persönlichen Kollaboration und des Betrugs verdächtigt. Aus diesen Gründen wird eine Ermittlung durch das 1er Comité de confiscation des profits illicites in die Wege geleitet. Per Gerichtsbescheid vom 18. Oktober 1945 wird das Unternehmen Schmit & Cie zunächst zu einer Geldeinziehung in Höhe von 2.473.500 F verurteilt.1 Eine Strafzahlung wird ihm nicht auferlegt, da die Verkäufe unter Druck zustande gekommen seien. Diese Geldstrafe wird am 12. Dezember 1946 neu bewertet und aufgehoben.2 Jean Schmit, der von der Geldeinziehung 1945 mitbetroffen war, wird 1946 freigesprochen.

Zudem wird gegen den Händler durch die Commission nationale interprofessionnelle d’épuration und den Cour de justice du département de la Seine vorgegangen. Schmit, der „aufgrund seines körperlichen wie geistigen Gesundheitszustands“ dem Prozess fernbleibt, lässt sich von seinem Anwalt Aimé Besson vertreten. Während der Gerichtshof des Departement Seine das Verfahren am 7. Juni 1948 einstellt, spricht die Säuberungskommission (CNIE) in der Sitzung vom 6. März 1950 ihm gegenüber eine Rüge aus. In den Augen der Richter kann sich der Händler angesichts seiner zahlreichen Verkäufe zugunsten Görings „nicht hinter einem unausweichlichen Druck verstecken“, da er „feindliche Unternehmen begünstigt“ habe.3

Die Handelsgesellschaft Schmit & Cie wird 1946 aufgelöst. Jean Schmits Sohn Robert Schmit (1920-2008) tritt in die Fußstapfen seines Vaters und eröffnet seine eigene Kunstgalerie.