Aller au contenu principal
Lien copié
Le lien a été copié dans votre presse-papier
26/10/2021 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

Der aus Russland stammende Zacharie Birtschansky verkaufte mehrere Gemälde an deutsche Kunden, um seine Flucht nach Südfrankreich zu finanzieren, da er seit der Erlassung der Rassengesetze in Gefahr war. Er war an der ersten Transaktion mit dem Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) beteiligt. Manchmal wird er mit seinem Bruder Léon, dem Antiquitätenhändler verwechselt.

Zwei Brüder, Antiquitätenhändler und Galeristen

Der aus Russland stammende Zacharie Birtschansky war Antiquitäten- und Kunsthändler. Am 12. Oktober  1915 heiratete er in Moskau Alexandra Porokhovnik und 1926 ließ sich das Paar in Frankreich nieder.1 Im Jahre 1931 erhielten sie die französische Staatsbürgerschaft.2 Am 1. Januar 1927 führte Birtschansky eine Galerie an der Pariser Adresse 88 Rue du Faubourg-Saint-Honoré.

Er arbeitete auf engster Basis mit seinem Bruder Léon zusammen, der seine eigene Galerie an der Adresse 281 Rue du Faubourg-Saint-Honoré besaß.3 Letzterer war seit längerer Zeit schon Kunsthändler in Paris, denn die Zeitschrift Le Radical erwähnte bereits am 14. Oktober 1923 bei Monsieur Birtschansky eine Ausstellung mit dem Titel „Primitifs sur fond or et tableaux anciens“ [⁓ Frühe Goldgrundbilder und alte Gemälde] in der 47 Rue Laborde im 8. Pariser Arrondissement gelegenen Kunstgalerie.4 Die Namen der beiden Brüder tauchen in den 1930er Jahren regelmäßig im Annuaire de la curiosité et des beaux-arts auf, wobei Zacharie als Antiquitätenhändler und Léon als Kunsthändler des Faubourg Saint-Honoré angeführt wird.5

Zacharie Birtschansky war auf den Verkauf von Antiquitäten, Gemälden und Drucken der französischen, italienischen und holländischen Schule des 17. und 18. Jh. spezialisiert.6 Zu Beginn der 1930er Jahre ist die Galerie von der Krise betroffen.7 Ab 1935 lief das Geschäft wieder und erlebte einen plötzlichen Aufschwung.8 Die Gebrüder Birtschansky verkauften oder verschenkten mehrere Gemälde an amerikanische Museen, insbesondere ein Gemälde der Nowgorod-Schule, eines der Moskauer Schule und eines der Flämischen Schule an das Detroit Institute of Arts Museum, und zwar in den Jahren 1938 und 1939.9 Zacharie und Léon Birtschansky boten auch dem Louvre Schenkungen an, darunter zwei Gemälde, eines von Dumonstier im April 1938 und ein anderes von Magnasco im Januar 1939, das dann in die Sammlungen aufgenommen wurde.10

Vor dem Krieg zählten zu den Kunden der beiden Brüder zahlreiche Händler aus Deutschland und der Schweiz. Eigenen Aussagen zufolge hatte Zacharie Birtschansky seit den 1930er Jahren geschäftliche Kontakte zu Gustav Rochlitz und seit den 1920er Jahren zu Hans Wendland.11 Er kannte auch Karl Haberstock, den er im Februar 1939 über eine geplante Reise nach Polen in Kenntnis setzte, bei der er auch in Berlin Halt machen und ihm dabei Gemälde zeigen wollte. Er wies gleichzeitig darauf hin, dass er Empfehlungen von mehreren Gutachtern und Sammlern hätte, insbesondere „von Kuhlmann“.12

Der Verkauf der Gemälde und die Flucht in den Süden

Als im Krieg die Deutschen in Paris einmarschierten, versteckte sich Zacharie, da er Jude war. Mit dem Erlass vom 16. Februar 1942 wurde sein Besitz beschlagnahmt und er verlor seine Staatsangehörigkeit. Sein Unternehmen wurde ab 21. Dezember 1940 von einem vorläufigen Verwalter geleitet. Er versuchte dann, nach Südfrankreich zu entkommen und seine Frau Alexandra bemühte sich, wie er selbst erklärte, ihm durch Verkaufsgeschäfte Geld zu beschaffen.1

Durch Vermittlung von Théo Hermsen nahm er Ende Oktober 1940 erneut Kontakt zu Haberstock auf, um ihm Gemälde zum Verkauf anzubieten.2 Seine Adresse hatte der Kunsthistoriker Hans Posse im Oktober 1940 auch in seinem Reisenotizbuch vermerkt, wobei zwei Künstler, Pieter Janson und Hendrik van Balen erwähnt waren, deren Gemälde letztendlich nicht für das Museum in Linz angekauft wurden.3

Im Frühjahr 1941 war er zusammen mit Rochlitz und Wendland an dem ersten Tauschgeschäft mit dem Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) beteiligt, bei dem es sich um moderne Gemälde aus beschlagnahmten jüdischen Sammlungen und von Hermann Göring begehrte Gemälde alter Meister handelte.

Im September 1941 kaufte bei ihm Maria Almas-Dietrich, eine seiner ehemaligen Kundinnen, die deutscher Abstammung war und eine Galerie in München hatte, ein Gemälde von Jan van den Heem, Nature morte avec fruit [⁓ Stillleben mit Früchten], das anschließend an das Museum in Linz verkauft wurde.4 Der Kontakt zwischen Birtschansky und Dietrich wurde aufrechterhalten, wie aus der mit Birtschanskys Frau bis März 1942 geführten Korrespondenz hervorgeht.5

Im Juni 1941 verkaufte Léon Birtschansky seinerseits durch die Vermittlung von Walter Andreas Hofer ein Gemälde von Albani, Diane et ses compagnons [⁓ Die Jagdgöttin Diana mit ihren Gespielinnen], für 800 RM an Göring.6 Wie Joseph Mühlmann erklärte, hatte ihm Zacharie Birtschansky auch mehrere holländische Gemälde aus dem 17. Jh. verkauft.7 Durch seine Vermittlung erwarb er zwei große Landschaftsbilder von Ricci für 1.691.074 F.8

Mehrere Quellen belegen, dass sich die Brüder Birtschansky ab 1942 in Südfrankreich aufhielten. Léon Birtschansky erklärte, mit seiner Familie in Marseille Zuflucht gefunden zu haben, da ihm Jean Dutey Hilfe und Schutz geboten hatte, bevor dieser dann nach Monte-Carlo ging. Er beschrieb Dutey folgendermaßen:

„Ich kannte ihn seit dreieinhalb Jahren als überzeugten Widerstandskämpfer. Ich habe ihm einen Großteil dessen anvertraut, was ich aus der besetzten Zone hatte mitnehmen können, wodurch meine Familie und ich in diesen Jahren überleben konnten. Die ganze Zeit über hat er uns immer Schutz geboten so gut er konnte, um uns vor der Deportation zu retten.“9

Im Jahre 1942 stellte Zacharie Birtschansky einen Visumsantrag für die USA, der anscheinend nicht bewilligt wurde und den amerikanischen Ermittlungen zufolge blieb er in Monte-Carlo.10 Im März 1942 ist Pierre Birtschansky, Léons Sohn und Zarachies Neffe, den Aussagen des Kunsthändlers Wendland zufolge zusammen mit August L. Mayer in Nizza am Gutachten des Rembrandt-Bildes, Portrait d’un vieil homme barbu [Porträt eines bärtigen Alten] beteiligt. Später erwirbt Wendland dieses Gemälde und verkauft es, wie er behauptete, für 400.000 Schweizer Franken für das Museum in Linz an Hofer.11

1943 stand in der Zeitschrift Journal des débats zu lesen, dass in Juan-les-Pins ein Gemälde von Tintoretto aus Léon Birtschanskys Besitz gestohlen worden war, das später in Italien auftauchte.12 Im Jahr 1943 wurde die Pariser Wohnung von Alexandra und Zacharie Birtschansky an der Adresse 9 Rue Boccador vollkommen geplündert und alle Möbel und beweglichen Sachen wurden von den deutschen Besatzern mitgenommen.13 Zacharie Birtschansky kam im Oktober 1944 nach Paris zurück und konnte im Oktober 1945 sein Geschäft erneut übernehmen.14

Das Tauschgeschäft mit dem ERR und die Entlastung Birtschanskys

Im Jahre 1946 musste Zacharie Birtschansky vor dem Cour de justice du département de la Seine [Gerichtshof des Departement Seine] über seine Kontakte zu Rochlitz und Wendland, die er seit etwa zehn bzw. etwa dreißig Jahren kannte, Rechenschaft ablegen, insbesondere im Hinblick auf den Verkauf des Tizian-Gemäldes und seine Beteiligung am Verkauf der geraubten Werke. Er sagte aus, weiterhin Anteile an diesem Gemälde zu besitzen, da er es mit Rochlitz zusammen vor dem Krieg gekauft habe und dass Letzterer seinen Anteil abkaufen wolle. Dafür verlangte Birtschansky 10.000 $ von ihm.1

Da der Betrag hoch war und in amerikanischen Devisen gezahlt werden sollte, bot Rochlitz Birtschansky letzten Endes stattdessen moderne Gemälde zum Tausch an. Wie Birtschansky aussagte, lehnte er diesen Tausch ab, weil er davon ausging, dass „es sich um Gemälde handelte, die aus jüdischen Sammlungen gestohlen worden waren“ und so einigten sich die beiden Händler auf einen Betrag von 7.000 $, umgerechnet 260.000 F.2 Rochlitz behauptete seinerseits, dass Birtschansky sehr wohl das Angebot mit fünf modernen Gemälden angenommen hatte, die er auf seine Bitte hin aufbewahrte und die später im Auftrag von Birtschansky an Wendland weiterverkauft wurden.3

Rochlitz nannte Corots Mère et enfant (Madame Stumpf et sa fille) [⁓ Madame Stumpf und ihre Tochter], Degas‘ Madame Camus au piano [⁓ Madame Camus am Piano], eine Nature morte (à la corbeille de fruits) [⁓ Stillleben mit Obstkorb] von Braque und zwei Matisse, Femme endormie [⁓ Schlafende Frau] und Nature morte [⁓ Stillleben]. Er behauptete weiter, dass Wendland insgesamt „sechs Gemälde, die Rosenberg  gehörten, die entweder ich oder Birtschansky ihm verkauft hatten“, erworben hätte.4

Da Birtschansky zu zwei Dritteln Besitzer von Tizians Gemälde Portrait d’homme [Porträt eines Mannes] war, hatte Rochlitz also im März 1941 einen Tausch vereinbart, um das Tizian-Gemälde zurückzubekommen und es an Göring weiterzugeben, der sich angesichts des astronomischen Preises jedoch weigerte, es zu kaufen. Bruno Lohse hatte ihm elf Werke aus dem 19. und 20. Jh. aus den vom ERR beschlagnahmten Sammlungen angeboten, damit der Reichsmarschall an Tizians Gemälde kam.5

Wendland, der Birtschansky gut kannte, bot die bei dieser Transaktion mit dem ERR im Laufe des Sommers 1941 erworbenen Gemälde von Corot, Braque und Degas der Luzerner Galerie Fischer zum Kauf an.6 Die Schweizer Galerie verfügte zu diesem Zweck in Frankreich über einen Kredit beim Bildhauer Bernhard A. Böhmer, dem sie 3.000.000 F anvertraut hatte, um auf dem Pariser Kunstmarkt impressionistische Gemälde zu erwerben.

Im Auftrag der Galerie Fischer stellte Böhmer Wendland die verlangte Summe für den Erwerb der modernen Werke zur Verfügung. Rochlitz konnte nun Birtschanskys Anteil am Tizian-Gemälde zurückkaufen und Wendland die modernen Gemälde in die Schweiz bringen.7 Somit war Birtschansky zwar sehr wohl an dieser ersten Transaktion zwischen dem ERR, Rochlitz, Wendland, Böhmer und der Galerie Fischer beteiligt gewesen, aber nur, weil er mit Rochlitz zusammen der gemeinsame Besitzer des Gemäldes war, er kann jedoch nicht als Urheber des Geschäfts gelten.

Am 7. Juli 1947 legte die Commission nationale interprofessionnelle d’épuration [Nationale berufsübergreifende Säuberungskommission] den Fall Birtschansky zu den Akten, da der Umsatz dieses Händlers mit deutschen Kunden stark zurückgegangen war und weil diese Kaufgeschäfte nicht unter strafbaren Bedingungen erfolgt waren. Darüberhinaus sagte Michel Martin aus, dass es in den Untersuchungen über Görings Sammlung sein Name irrtümlich mit Victor Mandls Namen in Zusammenhang gebracht worden war. Letztendlich waren Birtschanskys Umsätze 1945 weniger hoch als 1939.8

Aus denselben Gründen schloss am 27. Mai 1948 das Comité de confiscation des profits illicites [Komitee für die Beschlagnahmung unlauterer Gewinne] die Akte Zacharie Birtschansky und die seiner Frau Alexandra, und zwar aufgrund der Tatsache, dass die Transaktionen mit Almas-Dietrich in der Höhe von 608.000 F sehr wohl bewusst mit dem Feind und ohne Ausfuhrgenehmigung getätigt worden waren, aber eben unter Zwang und weil sie wahrscheinlich deren Privatvermögen betrafen, insbesondere Gemälde, die Alexandra Birtschansky bei ihrer Ankunft in Frankreich im Jahre 1926 in ihrem Besitz hatte.9

Außerdem versuchte das Ehepaar Birtschansky nach dem Krieg, die verschwundenen Gemälde ausfindig zu machen. So stellten sie bei der Commission de récupération artistique [Kommission für die Wiedererlangung von Kunstbesitz] 1949 einen Antrag auf Rückgabe, um das Tintoretto zugeschriebene Porträt des Dogen Pietro Loredano wiederzuerlangen, das im italienischen Genua wieder aufgetaucht war. Hierzu legten sie den Nachweis vor, dass es zu Alexandras Privatsammlung gehört hatte, denn sie hatte es 1920 bei einer Auktion erworben und im Dezember 1942 Carlo Weilbacher in San Remo zur Begutachtung überlassen.10

Zacharie verstarb 1961.11 Die Sterbedaten von Alexandra und Léon Birtschansky sind heute nicht mit Sicherheit festzustellen.12 In den 1960er Jahren existierte eine Galerie Pierre Birtschansky an der Pariser Adresse 156 Boulevard Haussmann, die als Verlag arbeitete und 1962 eine Ausstellung, „Séraphine de Senlis“, zeigte. Wahrscheinlich handelt es sich um Léons Sohn, Pierre Birtschansky.13 Zu Beginn der 1990er Jahre zeigte die von Pierres Sohn Georges Birtschansky geleitete Galerie Pierre Birtschansky mehrere Ausstellungen zeitgenössischer Kunst. Auch fand in jüngster Zeit, im Jahre 2015, im Hôtel Drouot eine Auktion mit Zeichnungen und Gemälden der Galerie Pierre Birtschansky statt. Im Katalog werden die verwandtschaftlichen Verhältnisse zwischen Léon, Pierre und Georges erwähnt.14