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30/09/2021 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

Der Kunsthistoriker Otto H. Förster gehörte als Direktor des Kölner Wallraf-Richartz-Museums zu denjenigen Akteuren am Pariser Kunstmarkt, die mit Hilfe Hildebrand Gurlitts und weiterer deutscher sowie französischer Kunsthändler im erheblichen Umfang Kunst und Kulturgut während der deutschen Besatzung erwarben.1

Ausbildung und beruflicher Werdegang

Geboren am 13. November 1894 in Nürnberg, studierte Förster ab 1913 in München Volkswirtschaftslehre, Geschichte und Kunstgeschichte, 1920/21 in Bonn Kunstgeschichte. Nach erfolgter Promotion mit einer Forschungsarbeit zur Kölner Malerei des 14. Jahrhunderts im Jahr 1921 bei Heinrich Wölfflin (1864-1945) in München wechselte er ins Rheinland, wo er in Düsseldorf bereits seit 1920 am Zeichenlehrerseminar Kunstgeschichte und -pädagogik lehrte. In der Metropole Köln nahm er im April 1921 ein Volontariat im Wallraf-Richartz-Museum auf und wurde im folgenden Jahr ebendort zum wissenschaftlichen Hilfsarbeiter ernannt. 1924 habilitierte er sich mit der Schrift Die Kölner Malerei von Meister Wilhelm bis Stefan Lochner an der Kölner Universität, an der er später, im Januar 1937, zum außerordentlichen und 1939 zum außerplanmäßigen Professor ernannt wurde. Am 1. April 1925 übernahm er im Wallraf die Stellung des Kustos der alten Gemäldegalerie und wechselte 1927 als Sachbearbeiter ins Kulturdezernat über.1

Otto H. Förster als Direktor des Wallraf-Richartz-Museum

Als Nachfolger Ernst Buchners, der im März 1933 planmäßig an die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen wechselte, wurde Förster am 1. April 1933 mit der stellvertretenden Leitung der Gemäldegalerie des Wallraf-Richartz-Museums  betraut. Seine offizielle Ernennung zum Direktor erfolgte am 1. September desselben Jahres.1 Unterstützt wurde Förster bei seiner Berufung durch den NS-Beigeordneten und kommissarischen Leiter des städtischen Amtes für Kunst und Volksbildung, Wilhelm Ebel, der die Ausgrenzung jüdischer MuseumsmitarbeiterInnen sowie jüdischer Kunsthändler und -sammlerInnen vorantrieb. Förster trat in dieser Phase, am 1. Mai 1933 in die NSDAP ein.2

Insgesamt suchten Förster und die städtische Obrigkeit die Gemäldegalerie des Wallraf-Richartz-Museum  in der Folgezeit auszubauen, um die kulturelle Vormachtstellung Kölns im Westen des Deutschen Reiches zu untermauern. Im Februar 1936 gelang dazu der Erwerb der Sammlung Adolf von Carstanjen (1825-1900) mit bedeutenden Werken von Rembrandt van Rijn, Franz Hals und anderen niederrheinischen Meistern des 17. Jahrhunderts. Diese wurden als Teil der Sammlung europäischer Malerei vom 14. bis 19. Jahrhundert nach umfangreichen Renovierungen des Museumsgebäudes in neugestalteten und modernen Räumen 1936 präsentiert.3 Insgesamt standen Förster in den Jahren von 1933 und 1939 allerdings nur geringfügige Ankaufsmittel zum Ausbau der Gemäldegalerie zur Verfügung.

Erwerbungen auf dem Pariser Kunstmarkt während der deutschen Besatzung

Mit Kriegsbeginn und mit der deutschen Besatzung der Niederlande und Frankreichs standen Förster erstmals erhebliche städtische Gelder zur Verfügung. Der Kölner Oberbürgermeister Peter Winkelnkemper (1902-1944) sah die Zeit gekommen, Köln als Kunstmetropole weiter zu etablieren. Städtische Gelder, die in Kriegszeiten kaum investiert werden konnten, sollten für die Kölner Museen verwendet werden. Vor diesem Hintergrund stellte der Oberbürgermeister Förster Ende März 1941 zunächst zwei Millionen RM für die Ankäufe von Kunstwerken in Aussicht.

Auf dieser Grundlage erwarb Förster am 1. Juli 1941 beim Berliner Auktionshaus Hans W. Lange fünf Gemälde zum Preis von 298.000 RM und reiste einen Monat später in die Niederlande, um dort weitere Werke einzukaufen. Insbesondere die weithin beachtete Auktion bei Lange mit einem Bietergefecht um das Gemälde Dame de Francfort von Gustave Courbet wies Förster als einen finanzkräftigen Käufer aus, so dass in der Folge Kunsthändler aus dem Deutschen Reich und auch aus den besetzten Gebieten mit diesem in Kontakt traten.1 

Ab Herbst 1941 wurden Förster und auch sein engster Mitarbeiter, der Leiter des Graphischen Kabinetts, Helmut May, auf dem Pariser Kunstmarkt aktiv. Sie reisten selbst dorthin und erwarben Objekte von bzw. über verschiedene Künsthändler. Zu diesen Kunsthändlern gehörten u.a. Étienne Bignou, Hugo Engel, Martin Fabiani, Raphaël Gerard, J. O. Leegenhoek, die Galerie Renou & Colle, Gustav Rochlitz, André Schoeller und Adolf Wüster.

Der zentrale Partner für Förster in Paris war allerdings der Dresdner Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, über welchen das Wallraf-Richartz-Museum  insgesamt 27 Objekte bzw. 54 Prozent der Ankäufe in Frankreich tätigte.2 Im Juni bzw. Juli 1941 hielt sich Gurlitt erstmals für mehrere Wochen in Holland, Belgien und Frankreich auf und bot seine Dienste dem Wallraf-Richartz-Museum  und anderen Museen im Reich an. Der erste Verkauf eines Objektes aus Paris an das Wallraf-Richartz-Museum , eine Landschaftsdarstellung in der Art von Meindert Hobbema, erfolgte am 19. September 1941. Das Gemälde war am 24. April 1941 auf einer Auktion im Hôtel Drouot aus der Sammlung des italienischen, jüdischen Geschäftsmannes Federico Gentili Di Giuseppe (1868-1940) versteigert worden.3

In der Folge standen Förster und Gurlitt in intensivem Kontakt. Auf seinen Fahrten nach und von Paris machte der Kunsthändler etwa zwanzigmal Zwischenhalt in Köln, um dort über mögliche Ankäufe zu sprechen. Im Oktober 1941 vermittelte er dem Wallraf-Richartz-Museum  drei Gemälde von Gustave Courbet, François Boucher und Eugène Delacroix für die Summe von 255.000 RM.4 Es folgte nur einen Monat später ein umfangreicher Ankauf im Gesamtwert von einer Million RM, bei dem Förster Gemälde französischer Impressionisten als Tauschobjekte für ein Kreuzigungsbild von Matthias Grünewald aus der niederländischen Sammlung Franz Koenigs suchte. Gurlitt vermittelte dabei acht Meisterwerke französischer Künstler des 19. Jahrhunderts,5 beschaffte die notwendigen Devisen sowie mit Hilfe des niederländischen Kunsthändlers Theodor Hermsen die Ausfuhrgenehmigungen und sorgte auch für den Kontakt zum Hamburger Tabakfabrikanten Hermann F. Reemtsma (1892-1961), der im Falle des Scheiterns des Tauschgeschäftes als Käufer der Gemälde einzuspringen bereit war. Letztlich kam der Tausch nicht zustande. Förster erkannte den hohen kunsthistorischen Wert der Gemälde, konnte die städtische NS-Obrigkeit und auch den Leiter des Gaues Köln-Aachen der NSDAP, Josef Grohé (1902-1987), vom Erwerb der Werke für den Aufbau einer Abteilung der französischen Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts überzeugen. Vier Courbets wurden dabei als Gegenstücke zum Frühwerk des in Köln geborenen Wilhelm Leibl, vier Renoirs als Gegenstücke zu seinem Spätwerk angesehen.6

Dieses erfolgreiche „Millionengeschäft“ im Herbst 1941 war der Auftakt für eine intensive Zusammenarbeit zwischen Förster und Gurlitt. Über diesen und über weitere Kunsthändler erwarb der Museumsdirektor von 1940 bis 1944 insgesamt 34 Werke in Frankreich sowie 21 Werke in den Niederlanden. Unterstützt wurde Förster dabei von May als enger Vertrauter am Wallraf-Richartz-Museum, der bei der Auswahl der angebotenen Werke, der Ankaufsabwicklung und der Einholung von Devisen- und Ausfuhrgenehmigungen mitwirkte. Werner Bornheim, gen. Schilling (1915-1992) führte zeitgleich als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter des Wallraf-Richartz Museum Untersuchungen zu den angebotenen Kunstwerken und zu ihrer Herkunft durch. Bei den rechtlich komplizierten Erwerbungsvorgängen war darüber hinaus Josef Haubrich (1889-1961) als Jurist und als erfahrener Kunstsammler von großer Bedeutung. In Paris hielt zudem der Stiefsohn Försters, Karl vom Rath (1915-1986), die Stellung, der dort ab August 1942 für die Kunsthistorische Forschungsstätte tätig war, um den Kunstmarkt zu beobachten und Kontakte zu deutschen und französischen Kunsthändlern zu pflegen. Schließlich erhielt Förster auch von Oberkriegsverwaltungsrat Felix Kuetgens, der insbesondere die Einreisegenehmigungen auf Reichsebene wohlwollend voranbrachte.7

Zur Finanzierung dieser Ankäufe in Frankreich und in den Niederlanden standen Förster insgesamt drei Millionen RM an Barmitteln aus der städtischen Kasse zur Verfügung. Hinzu kamen Erlöse aus dem Verkauf von 612 Depotbildern ab Dezember 1941 sowie Entschädigungszahlungen für Fliegerschäden vom städtischen Kriegsschädenamt. Diese Gelder konnte Förster sehr kurzfristig auf dem schnelllebigen Pariser Kunstmarkt freimachen durch die Zusammenarbeit mit Gurlitt, durch städtische Vorschüsse auf die Depotverkäufe und durch eine enge Verbindung zu finanzkräftigen Stiftern und Sammlern. Denn über seine erste Ehefrau Antonia Johanna (gen. Tony), geborene Schnitzler (1889-1968), die er am 14. Februar 1925 geheiratet hatte, war Förster verwandtschaftlich bzw. freundschaftlich verbunden mit Camphausen, Deichmann, Herstatt, von Mallinckrodt, vom Rath, von Stein und anderen einflussreichen Familien Kölns.8

Otto H. Förster in der Zeit nach 1945

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Erwerbungen von alliierter Seite geprüft und die Gemälde nach Frankreich zurückgeführt. Förster musste sich nach 1945 für seine Kunstpolitik und insbesondere für die Verkäufe aus dem Depot des Wallraf-Richartz-Museums  verantworten. Als Direktor des Wallraf-Richartz-Museums  wurde er suspendiert und trat offiziell am 1. Oktober 1946 in den Ruhestand.1 Im November 1957 wurde Förster erneut zum Direktor des Wallraf-Richartz-Museums  sowie zum Generaldirektor der Kölner Museen berufen und verblieb bis Dezember 1960. Nachdem seine Frau Tony 1968 verstorben war, heiratete Förster am 9. Juni 1970 eine frühere Volontärin des Wallraf-Richartz-Museums, Lotte Brand Philip (1910-1986), die 1941 aufgrund ihrer jüdischen Abstammung nach New York emigriert war. Förster verstarb am 27. April 1975 in Köln.