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Der aus dem Rheinland stammende Münchner Kunsthändler Bornheim hatte bereits 1936 das ‚arisierte‘ Geschäft der jüdischen Kunsthändlerfamilie Drey in München übernommen. In der Folge lernte er Hermann Göring persönlich kennen, für den er ab 1941 aktiv auf dem französischen Kunstmarkt einkaufte.

Das Verhör

Am 15. September 1945 wurde Walter Bornheim durch die Art Looting Intelligence Unit (ALIU) zu seinen Aktivitäten auf dem französischen Kunstmarkt, vor allem im Zusammenhang mit Hermann Göring, befragt. Seine Aussage, die im „Detailed Interrogation Report No. 11“ festgehalten wurde, ist eine der wenigen zusammenhängenden Quellen, anhand derer sich Leben und Wirken Walter Bornheims rekonstruieren lassen.1 Sie bildet eine wesentliche Grundlage für die folgenden Ausführungen, sollte aufgrund ihrer Autorschaft aber kritisch hinterfragt werden.

Werdegang als Kunsthändler

Bornheim wurde am 23. August 1888 in Köln geboren.1 Von 1905 bis 1907 ging er im dortigen Kunst- und Auktionshaus Lempertz bei Peter Hanstein (1853-1925) in die Lehre.2 Seine ersten Erfahrungen auf dem französischen Kunstmarkt konnte er ab 1908 während seiner Anstellung als Grafikexperte bei Louis Bihn in Paris sammeln. Aus dieser Position heraus konnte er, nach eigener Aussage, auf internationalen Grafikauktionen Ankäufe tätigen. Außerdem sei er als unabhängiger Kunsthändler auch in Brüssel und London tätig gewesen.3 Ab 1910 war Bornheim im Militärdienst. Er geriet während des Ersten Weltkriegs bereits im September 1914 in französische Kriegsgefangenschaft und arbeitete fortan in einem Steinbergwerk.4 Nach einem gescheiterten Fluchtversuch wurde er 1920 entlassen.

Zurück in Köln eröffnete er „Bornheims Kupferstichkabinett“ in seinem Elternhaus in der Antongasse 5 und knüpfte von hier aus erste Kontakte, die ihn während seiner gesamten Händlerkarriere begleiten sollten. Unterstützt wurde er durch seine Mutter und besonders durch seine Schwester Helene, die nach Bornheims Umzug nach München die Kölner Handlung weiterführte.5

Im Oktober 1936 ‚arisierte‘ Bornheim die renommierte Münchner Kunsthandlung A. S. Drey auf dem Maximiliansplatz 7 und führte sie fortan unter dem Namen „Galerie für Alte Kunst G.m.b.H.“ als Geschäftsführer und mit dem ehemaligen Anwalt der Familie Drey, dem Kölner Rechtsanwalt Alexander Spengler, als Teilhaber.6 Die Galerie wechselte im Oktober 1938 in größere Geschäftsräume in der Brienner Straße 13 in München.7 Unter dem Namen der Galerie kaufte Bornheim ab 1941 auf dem französischen Kunstmarkt.

Kunstagent Görings in Paris

Nach der Arisierung der Kunsthandlung A. S. Drey machte Bornheim Bekanntschaft mit Hermann Göring. Nach eigener Aussage traf Bornheim Göring zufällig, als dieser 1938 in die Räume der Galerie für Alte Kunst kam, um sich dort Kunstwerke für seine Privatsammlung anzusehen. In diesem Zusammenhang habe Göring Bornheim kennengelernt und ihn anschließend zu späterer Zeit nach Carinhall eingeladen.1

Im Archiv des Landschaftsverbandes Rheinland hat sich eine Korrespondenz erhalten, die diese Aussage zu Teilen entkräftet: Aus einem Brief vom September 1937 geht hervor, dass die Kontaktaufnahme zwischen Göring und Bornheim schon zu einem früheren Zeitpunkt und keinesfalls zufällig geschehen sein könnte. Der Leiter der Kulturabteilung der rheinischen Provinzialverwaltung, Hans-Joachim Apffelstaedt, mit dem Bornheim sich beständig austauschte, vermittelte im September 1937 den Kontakt zum Kölner Regierungspräsidenten Rudolf Diels (1900-1957), der schon vor 1933 mit Hermann Göring zusammengearbeitet hatte und 1943 in die Familie einheiratete. Apffelstaedt drückt in seinem Schreiben deutlich aus, dass Bornheim die Möglichkeit habe, über Diels Kontakt zu Göring herzustellen.2

Obgleich der Zeitpunkt des Erstkontaktes zwischen Bornheim und Göring offenbleiben muss, war Bornheim spätestens ab 1941 für Hermann Göring auf dem französischen Kunstmarkt in Paris tätig. In seiner Befragung durch die ALIU 1945 beschreibt Bornheim sein Vorgehen wie folgt: Er bezog regelmäßig eine Suite im Grand Hotel in Paris, in der er seine Gäste empfing und Geschäfte abwickelte. Häufig zahlte er bar und war deshalb ein gern gesehener Kunde bei französischen Händlern. Vor allem aber war er zur Aufbringung auch großer Summen in der Landeswährung imstande, wofür nicht zuletzt seine Zugriffsrechte auf das sogenannte Sonderkonto A I, das sich allein aus dem Besatzungskostenhaushalt des besetzten Landes speiste, verantwortlich waren.3

Wenn Göring in Paris weilte, traten beide lediglich telefonisch miteinander in Kontakt, wobei Göring den Geheimnamen „Müller“ verwendete. Laut Bornheims Aussage kam Göring nur drei Mal persönlich in seine Suite. Kunstgegenstände, die Bornheim direkt für Göring eingekauft hatte, wurden in Sonderzügen nach Deutschland gebracht. Diejenigen Objekte hingegen, die Bornheim für seine Münchner Galerie in Paris einkaufte, ließ er durch Holzvergaser-LKWs der Kölner Firma Imbert transportieren. Nach Aussage eines Herrn Molz aus Daun, der als Fahrer für die Firma arbeitete, gehörte die Firma zu Teilen dem Anwalt Alexander Spengler.

Molz gibt an, ausschließlich Kunstwerke transportiert zu haben, hatte selbst jedoch nie Einsicht in die geladene Ware. Für den reibungslosen Ablauf führte er eine Bescheinigung mit sich, die Bornheims Handel in Frankreich zertifizierte und die dieser von Hermann Göring erhalten hatte: „Herr Walter Bornheim in München ist berechtigt, Kunstgegenstände in Frankreich aufzukaufen und dieselben in Lastwagen (Holzgas) nach Deutschland zu bringen. Ich bitte, dass ihm in jeder Weise Schutz und Hilfe geleistet wird. Gez. Hermann Göring“.4

Verbindung ins Rheinland

Während der Pariser Zeit pflegte Bornheim seine Beziehungen ins Rheinland weiter, dem er sowohl geschäftlich als auch familiär verbunden blieb. Gewährsmann für Letzteres war nicht zuletzt der Landeshauptmann der rheinischen Provinzialverwaltung, Heinz Haake (1892-1945), Bornheims Cousin mütterlicherseits. Diese ‚rheinischen Beziehungen‘ funktionierten wie wohldurchdachte Machenschaften: Für den Hinweis Apffelstaedts im Jahr 1942 auf eine Sammlung französischer gotischer Möbel, die Görings Kaufinteresse erregten, zeigte sich Bornheim durch die Stiftung eines Geldbetrags für die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Rheinischen Landesmuseums Bonn erkenntlich. Dieses Geld wiederum verwendete Apffelstaedt mit Erlaubnis Haakes im darauffolgenden Jahr für den Erwerb von Kunstgegenständen auf dem französischen Markt.1

1942 kam es in Paris zu Bornheims wichtigstem Ankauf. Weit unter Wert erwarb er die Statue einer thronenden Madonna für 5 Millionen Francs aus der Kunsthändlerfamilie Dufet. Aus München verkaufte Bornheim die Statue nach Verhandlungen mit Direktor Otto Förster für 1 Million RM an das Wallraf-Richartz-Museum Köln. Da das Museum die geforderte Summe nicht aufbringen konnte, einigte man sich stattdessen auf den Betrag von 300.000 RM und die Abgabe von 16 Gemälden aus der Sammlung des Kölner Museums.2 Göring erhielt drei Gemälde aus diesem Bestand sowie eine Statue und verzichtete damit auf sein Vorkaufsrecht an der Madonna. Die Geschäftsabwicklung zog sich kriegsbedingt hin, und die Madonnenfigur wurde in Bornheims Depot in Tegernsee eingelagert. Hier wurde sie von den alliierten Streitkräften beschlagnahmt und nach Paris restituiert.3

Kriegsende und Folgejahre

Am 15. Mai 1944 wurde Bornheims Galerie in München durch Fliegerbomben zerstört, woraufhin er nach Gräfelfing umzog und hier, in der Grosostraße 18, seine Geschäfte weiterführte. Spätestens im Sommer 1945 wurde Bornheim von den Alliierten inhaftiert und befragt (siehe oben).1 Bornheim stand unter Hausarrest und musste seinen Kunsthandel zunächst aussetzen,2 obgleich das Urteil des Befragungskomitees sehr mild ausfiel und Bornheim nicht mit weiteren Verfahren oder Strafen behelligt wurde.

1949 musste Bornheim Wiedergutmachungszahlungen an die Familie Drey leisten. Eine einmalige Zahlung von 20.000 DM sollte den Verlust der Firma A. S. Drey ausgleichen; diese wurde am 2. August 1949 durch Alexander Spengler getätigt, der damit gleichzeitig offiziell aus der Gemeinschaft austrat. Sämtliche Gegenstände, die sich vor der Übernahme im Besitz der Familie Drey befunden hatten, gingen wieder in deren Besitz über, ebenso wie sämtlicher gemeinsamer Besitz und das von Bornheim erstellte Konto bei der Dresdner Bank, München. Für die verlorengegangenen oder zerstörten Werte der Familie übergab Bornheim zusätzlich ein Gemälde von Benozzo Gozzoli.3

Bis in die 1960er Jahre führte Bornheim seine Kunsthandlung unter dem Namen „W. Bornheim. Galerie für Alte Kunst“ weiter. Er starb 1971 in Kreuth im Kreis Miesbach.