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31/08/2023 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

René Gimpel ist ein in Paris, London und New York arbeitender Galerist. Als er 1940 zusammen mit seiner Frau vertrieben wird, flüchtet er nach Südfrankreich und sein Vermögen in Paris wird beschlagnahmt. Dank der Vermittlung der Galerie Chaleyssin tätigt er noch einige Verkäufe, bevor er von Jean-François Lefranc an die Gestapo verraten wird.

Ein international angesehener Galerist

Die Familie Gimpel kommt aus dem Elsass. Die Gimpels sind Juden und haben Verbindungen zu den Wildensteins. Wie Letztere haben sie sich nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870 in Paris niedergelassen. Nathan Wildenstein ermuntert Ernest Gimpel dazu, genau wie er eine Gemäldegalerie zu eröffnen. Nathan lässt sich in der Rue La Boétie nieder und Ernest eröffnet an der Adresse 9 Rue La Fayette die erste Galerie Gimpel. 1891 werden die beiden Männer Geschäftspartner.

Im Alter von rund dreißig Jahren heiratet Ernest Adèle Vuitton, die Tochter des katholischen, während der Dreyfus-Affäre zum Judaismus übergetretenen Kofferfabrikanten aus Asnières; am 4. Oktober 1881 kommt René als einziger Sohn des Ehepaares zur Welt. Als Ernest Gimpel im Jahre 1907 plötzlich stirbt, übernimmt René die Leitung der Galerie und bleibt Nathan Wildensteins Geschäftspartner. Am 14. November 1912 heiratet er Florence Duveen, die Tochter des berühmten Londoner Kunsthändlers Lord Duveen of Millbank. Das Paar bekommt  drei Söhne, Pierre, Ernest und Jean. Die Familie Gimpel hat von nun an über die Wildensteins und Duveens Verbindungen zum angelsächsischen Kunstmarkt, dank der Familie Vuitton aber auch zu den wohlhabenden Familien in Frankreich.

René et Florence mieten ab 1921 die an der Adresse 19 Rue Spontini gelegene Pariser Stadtvilla des Modeschöpfers und Sammlers Jacques Doucet, wo sie bis 1933 leben. René Gimpel hat sich auf Gemälde alter Meister und auf das 18. Jahrhundert spezialisiert, verkehrt aber gleichzeitig in literarischen und künstlerischen Kreisen der Moderne.1 Zu Beginn der 1920er Jahre wendet er sich der modernen Kunst zu, erwirbt 1918 seine ersten Corot-Gemälde und kauft 1921 bei der zweiten Zwangsversteigerung der Sammlung Daniel-Henry Kahnweiler sechs Ölgemälde von André Derain.2 Daraufhin kommen Werke von Picasso, Monet usw. hinzu. Den größten Teil seines Geschäftsfonds stellt er infolge der Auflösung der großen französischen Sammlungen von Nissim de Camondo, Cognacq-Jay oder Jacques Doucet zusammen.

Überdies ist René Gimpel sehr bald auf dem internationalen Markt vertreten. Er hat eine kleine Galerie in London eröffnet und pflegt geschäftliche Kontakte zu seinen Schwagern Duveen, für die er ab und zu Gutachten erstellt.

Ab 1901 arbeitet er in den USA, zuerst als Makler, später, nach dem Tod seines Vaters, als Leiter der Galerie Gimpel. An wohlhabende Industrielle verkauft er Raritäten des Mittelalters und aus der Zeit des Ancien Regimes, auf die er sich spezialisiert hat. Im Jahre 1919 löst er seine Geschäftspartnerschaft mit Nathan Wildenstein auf und  kämpft sich 1929 allein durch die Weltwirtschaftskrise.3 Der völlig unerwartete finanzielle Einbruch veranlasst ihn jedoch, sich mit dem großen Sammler und Kunstliebhaber Fredo Sidès zu assoziieren, als er 1935 eine Galerie an der Fifth Avenue eröffnet. Dafür lässt er per Schiff 607 Gemälde heranschaffen, die dann seinen amerikanischen Lagerbestand bilden.4

Im Jahre 1934 zieht das Ehepaar Gimpel an die Pariser Adresse 37 Rue de l’Université. René mietet ein zusätzliches Lokal, das ihm zuerst als Reservelager dient, in der Rue de La Sourdière im ersten Pariser Arrondissement. Noch im selben Jahr eröffnet er eine Galerie am 8 Place Vendôme.

Bereits 1938 ist René Gimpel wegen der internationalen Lage beunruhigt. Er sorgt sich um die Werke aus seinem Lagerbestand. Mit der Unterstützung von Duveen & Walker bringt er einige Werke aus Amerika nach London, und dann aus London nach Paris.5 Andere lässt er in New York in der Obhut des Kunsthändlers Furst und von Fredo Sidès. Die Werke seiner Privatsammlung bringt Gimpel höchstpersönlich nach Paris zurück.

Flucht und Widerstand

Zum Zeitpunkt der Kriegserklärung ist die Galerie am Place Vendôme bereits seit Januar 1938 geschlossen. Der Firmensitz der Galerie Gimpel befindet sich in der Rue de La Sourdière, wo René nach wie vor Mieter ist.1 1940, nach der Erlassung der Judengesetze durch die Regierung in Vichy, wird das Ehepaar Gimpel aus der Wohnung in der Rue de l’Université vertrieben. Die Familie findet dann eine Wohnung an der Adresse 6 Place du Palais-Bourbon, wo sie in aller Eile Möbel und Kunstwerke unterbringt. Schon am 14. Juni befindet sich die Sammlung René Gimpels auf der von Otto Abetz erstellten Liste der 15 Sammlungen in jüdischem Besitz. Aufgrund der antisemitischen Gesetzgebung, hat René Gimpel keine Möglichkeit mehr, seinen Beruf auszuüben.

Eine Woche nachdem die deutschen Truppen Paris besetzt haben, flüchtet die Familie Gimpel in den Süden des Landes und lässt sich in Cannes nieder, wo René ein Umzugsunternehmen gründet, „Azur Transport“; es sollte später der Widerstandsgruppe Gloria als Schutz bei den Stellungsänderungen dienen. Diese informiert die Alliierten über die Truppenbewegungen des Feindes und wurde im Januar 1941 von Jeannine Picabia gegründet. Gimpel hatte sie im November 1940 kennengelernt. Auch Ernest und Jean haben sich dem Widerstand angeschlossen.

Schon 1940 erstellt René sein erstes Lagerinventar auf insgesamt 70 losen Blättern, die er ohne Inventarnummer alphabetisch nach Künstlernamen ordnet und mit Fotografien illustriert. Die in den USA und in England eingelagerten Werke führt er darin ebenfalls auf. Diese losen Blätter, das Lagerbuch (Old Stock Book) sowie die in Umschlägen enthaltenen Fotografien und Negative der noch in seinem Besitz befindlichen Werke bilden in der Besatzungszeit das Archiv René Gimpel. Diese Unterlagen ermöglichen es den Rechtsinhabern nach dem Krieg,  die jeweilige Liste „ihrer“ Werke aufzustellen.

Konfiszierungen und Verhaftungen

Im Jahre 1941 beschlagnahmt die Deutsche Botschaft die Wohnung am Place du Palais-Bourbon, in die Otto Abetz‘ Sekretär von Bohse einziehen soll. Die Bestandsaufnahme der Möbel und Kunstgegenstände unterzeichnen von Bohse, im Namen der Botschaft, und Odile Firer, Gimpels langjährige Gouvernante.1 Ein Jahr später erteilt von Bohse Odile Firer die Erlaubnis, die Einrichtungsgegenstände aus der Wohnung an einen anderen Ort zu bringen. Sie werden in Kisten verpackt vom Transportunternehmen Chenue & Robinot zwischengelagert. Kurze Zeit später lassen sich René und Florence Gimpel in Monte-Carlo nieder. Die deutschen Besatzer lassen jedoch die in Gimpels Namen bei Chenue zwischengelagerten Kisten öffnen und beschlagnahmen gleichzeitig René Gimpels Möbel sowie die Kunstwerke, die sich bei Robinot befinden.2 Dieser hatte René als Jude denunziert.3 Die Liste mit den 111 dem Transportunternehmen Robinot anvertrauten Kisten trägt die handschriftliche Anmerkung von René Gimpel: „Von den Deutschen weggenommen“. Odile ist es zu verdanken, dass René nichtsdestotrotz Möbel und Kunstwerke in den Süden des Landes bringen lassen kann.4

Ernest Gimpel wird zwei Mal verhaftet und zwei Mal gelingt ihm die Flucht. Zur Vergeltung wird René Gimpel ab Ende September 1942 im Lager Saint-Sulpice-la-Pointe im Departement Tarn interniert; als er am 5. Januar  1943 entlassen wird, kehrt er nach Monte-Carlo zurück. In seiner Gefangenschaft schreibt er seiner Frau Florence, seinem Sohn Pierre und Odile Firer verschlüsselte Botschaften auf vorgedruckten Karten.5 Seine täglichen Sorgen drehen sich um das Überleben der Familie, weil die Kosten – Mieten, Versicherungen, finanzielle Unterstützung für Verwandte etc. – in Paris wie in Monte-Carlo, aber auch in Cannes hoch sind; ohne dabei die finanziellen Ausgaben für die Widerstandsgruppe zu vergessen. In jener Zeit erteilt er Odile verschlüsselte Verkaufsanweisungen: „Kümmern Sie sich um Derain…“. Florence gibt er den Ratschlag: „Der Nerzmantel hat einen Wert von mehreren Hunderttausend F. Kauf dir lieber etwas mit dem Geld vom Fragonard“.6

Nach seiner Entlassung will René Gimpel seine Geschäfte in Ordnung bringen. Er macht handschriftliche Anmerkungen in seinem Lagerbestandsbuch, das er nach Monte-Carlo mitgenommen hat, um seinen Söhnen Hinweise über den Verbleib der Werke und ihren Status (Privatsammlung, Sammlung der Galerie, hundertprozentiges Eigentum, gemeinsames Konto…) zu hinterlassen. Auf den beiden Vorsatzblättern des Lagerbestandbuchs erklärt er ihnen den Begriff „an den Eigentümer zurückgegeben“. Es bedeutet nämlich, dass entweder ein Werk ihm nicht gehört hat oder dass es verkauft und dem neuen Eigentümer übergeben wurde.7 Zur Identifizierung klebt er Fotografien in das Stock Book, und auch in die kleinen Briefumschläge steckt er rückseitig beschriftete Fotos von Kunstwerken.

In den USA werden all seine Guthaben gesperrt; 1943 trifft er mit Paul Graupe eine Abmachung, um seine Gemälde vor Ort zu verkaufen. In den Reserven in New York  hat er 257 Gemälde gelagert; die meisten davon wurden nach dem Krieg wieder gefunden und von dem New Yorker Aktionshaus Parke Bernet verkauft.

Verkäufe der Galerie Chaleyssin

René Gimpel hat zwar kein Geschäft mehr, verkauft aber weiterhin Gemälde mit Hilfe von Vermittlern wie etwa der von Émile Ott geleiteten Galerie Chaleyssin in Nizza, 43 rue de France, in der der Innenausstatter und Kunsthändler Maurice Laffaille (1902-1989) seit 1940 tätig ist. Diese Galerie scheint im Krieg ein Schwarzhandelsknotenpunkt gewesen zu sein.1 Im Old Stock Book steht, dass Gimpel der Galerie Chaleyssin Kunstwerke zum Verkauf überlassen hat.

Maurice Laffaille handelt auch mit Antoinette Sachs (1897-1986) und beliefert Jean Moulins  Galerie Romanin; er beherbergt Yadwiga Zak (1885-1943) auf ihrer Flucht und versteckt die von ihr mitgebrachten Werke. Diese Verkäufe werden nicht immer mit Bargeld abgewickelt, es gibt keinerlei Buchhaltung und die Transaktionen zwischen diesen Vermittlern sind völlig unverständlich. Der mit der Galerie befreundete Doktor Besson organisiert den Diebstahl einiger der unter anderem von Yadwiga Zak und René Gimpel bei Chaleyssin zwischengelagerten Gemälde. Zuerst wird die Angelegenheit auf gütlichem Wege geregelt. Maurice Laffaille beschließt vorsichtshalber, die Gemälde in Nizza  bei der Bank Crédit Commercial de France in Sicherheit zu bringen: drei Kisten, 56 Gemälde, darunter zwei Chardin, „die Monsieur Gimpel gehören“.2 Dieser hatte das Haus Chaleyssin damit beauftragt, diese beiden Gemälde zum Preis von 4.500.000 F zu verkaufen. Auf Anraten des Museumsdirektors Mori aus Monte-Carlo behauptete Yves Perdoux (1875-1952) in einem seiner Verhöre, er habe Gimpel bei einem seiner Besuche in dieser Stadt, in der der Kunsthändler auf seiner Flucht untergekommen war, getroffen; er habe aber sowohl dessen Angebot über die beiden Chardins und auch die Offerten Laffailles aufgrund überzogener Preisvorstellungen ausgeschlagen.3      

Zu diesem Zeitpunkt kommt Jean-François Lefranc ins Spiel, den René Gimpel vor dem Krieg wegen eines Werkes von Perronneau getroffen hatte.4 Maurice Laffaille begibt sich nach Paris, wo man ihm Lefranc vorstellt, der sich an den Beschlagnahmungen der Sammlungen Schloss und Bauer beteiligt hatte und Interesse an den beiden Chardins äußert. Einige Zeit später begibt sich Lefranc nach Nizza, in Begleitung des – für die deutschen Besatzer arbeitenden – Gutachters Cornelius Postma, der die Schätzung auf 4.500.000 F bestätigt, und kehrt nach mündlicher Vereinbarung des Geschäfts  nach Paris zurück. Den Aussagen von Gimpels Neffen Serge Lemonnier zufolge hat Lefranc Gimpel bei der Gestapo denunziert, die einige Tage später kommt, um die beiden Chardins zu versiegeln. Kurz danach kommt eine andere Gruppe des ERR unter Leitung eines Deutschen namens A. Kroske , um die anderen von der Galerie Chaleyssin beim Crédit Commercial de France zwischengelagerten Gemälde zu beschlagnahmen, sieht die Siegel auf den Chardin-Gemälden, bricht sie  auf, bringt ihre eigenen Siegel an und nimmt dann alles mit. Unter den beschlagnahmten Gemälden befinden sich, abgesehen von den beiden Chardins, insbesondere: 1 Greco, 1 Alter Meister aus Deutschland, 1 La Fresnaye, 2 Renoir, 1 Degas, 2 Picasso, 7 Constantin Guys, 3 Pissarro, 4 Rouault, 2 Soutine.5

Bei der Befreiung Frankreichs wird in einer Lagerhalle in der Nähe des Bahnhofs in Nizza eine aufgebrochene Kiste mit 17 Gemälden gefunden. Acht weitere Kisten, die bei verschiedenen Vermittlern und Kunsthändlern von Hand zu Hand gegangen waren, werden etwas später gefunden. In der Zwischenzeit erfährt Maurice Laffaille, dass es „Widerstandskämpfern gelang, einen nach Deutschland abgefahrenen Zug mit wertvollen Gütern – Kunstobjekten, antiken Möbeln, Pelzmänteln – aufzuhalten“.6 Die Ladung ist im noch kurz davor von der Gestapo besetzten Hotel Hermitage ausgestellt. In einem Raum mit lauter Gemälden findet Laffaille Werke der Familie Zak, die er dann den Erben zurückgibt:

„Die Rückerstattung wurde später im Jeu de Paume weitergeführt… wo zahlreiche, den Deutschen wieder weggenommene Werke… gruppiert und klassifiziert worden waren… Dort sollte ich dann u.a. zwei Soutine entdecken, die Herrn Gimpel gehörten und ein kleines Aquarell von Picasso, das Frau Zak gehörte.“7

Laffaille behauptet, dass diese schöne Sammlung „dieser Person aus Nizza zu verdanken ist“, diesem Doktor Besson, was ihm zwei Jahre später ein Oberleutnant der Forces françaises de la Libération [Widerstandskämpfer für die Befreiung Frankreichs] bestätigt…8

Auf diesem Weg gelangten Gemälde aus René Gimpels Besitz ins Jeu de Paume.

Denunzierung und Deportation

René Gimpel, wohnhaft in Charolles (Departement Saône et Loire), wird am 4. Mai 1944, nachdem er vom Kunsthändler Jean-François Lefranc denunziert worden war, in Poisson verhaftet und von den deutschen Besatzern nach Lyon in das Gefängnis Montluc gebracht.1 Am 5. Juli 1944 wird er mit einem Konvoi vom Lager in Compiègne aus ins Konzentrationslager Neuengamme in der Nähe von Hamburg gebracht, wo er am 3. Januar 1945 aus Erschöpfung und wegen schlechter Behandlung stirbt.2

Florence Gimpel befindet sich in London, als Frankreich befreit wird und ihre Söhne aus dem Krieg zurückkehren. Ernest war gefoltert und nach Auschwitz, Buchenwald und Flossenbürg deportiert worden. Pierre und Ernest lassen sich in Großbritannien nieder, wo sie die Galerie Gimpel Fils eröffnen. Jean bleibt in Frankreich. Sie müssen das Erbe verwalten und von diesem Zeitpunkt an taucht ihre Handschrift in den Listen des Old Stock Book auf. Das Archiv ihres Vaters dient ihnen als Grundlage und ihr Cousin Serge Lemonnier unterstützt sie dabei. Sie müssen den gesamten Bestand der in verschiedenen Depots in Frankreich, England und Amerika gelagerten Güter verorten.3 Ohne dabei zu vergessen, was die deutschen Besatzer aus den Tresors erbeutet hatten…

Der Grund, warum sich die Familie nicht sofort nach Kriegsende um die Wiedererlangung ihres Eigentums kümmert, ist wohl die schwierige Lage, in der sie sich zu jenem Zeitpunkt befindet. Erst in den zehn letzten Jahren unternahm sie allerlei Schritte, damit das geraubte Vermögen zurückerstattet wird.