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Als Inhaber der traditionsreichen Galerie Ernst Arnold in Dresden und später in München konnte Ludwig Wilhelm Gutbier auf dem französischen Kunstmarkt seine Kontakte nutzen, um Werke anzukaufen und vorrangig für deutsche Museen Aufträge auszuführen.

Ausbildung als Kunsthändler

Ludwig Gutbier war Inhaber der Dresdner Galerie Ernst Arnold.1 Deren Namen geht auf den Gründer der Königlich Sächsischen Hofkunsthandlung zurück, in die Gutbiers Vater, Adolf Ludwig Gutbier, 1867 eingetreten war, und deren Inhaber er später wurde. Nach dem Tod des Vaters 1902 übernahm Gutbier die Galerie, die bis dahin vorrangig auf Grafik spezialisiert war, und eröffnete sie 1906/7 in der Schloßstraße 34 neu.

Gutbier erfuhr eine sehr gute Ausbildung, etwa in den Sprachen Englisch und Französisch, und wurde schon früh auf den zukünftigen Beruf des Kunsthändlers vorbereitet. An der „Königlich Sächsischen Technischen Hochschule zu Dresden“ studierte er, ohne abzuschließen, in der sogenannten „Allgemeinen Abteilung“ und erwarb sich theoretisches Grundwissen in Geschichte, Kunstgeschichte und Literatur. Es folgten Studienreisen nach  Holland und England. Dabei konzentrierte er sich auf das Studium niederländischer Grafik. Doch begeisterte er sich auch für moderne Kunst, für die er sich später intensiv einsetzte. So reichte das Spektrum seiner Kenntnisse von holländischen Meistern bis hin zu Grafik, Gemälden und Plastik des Expressionismus. Einen deutlichen Schwerpunkt seines Verkaufsprogramms der Galerie Arnold bildeten aber französische und deutsche Impressionisten.2

Internationale Kontakte

Gutbier war international sehr gut vernetzt, so auch in Frankreich,1 und er verkaufte an zahlreiche Museen im In- und Ausland.  Besonders verbunden war er mit den Sammlungen seiner Heimatstadt Dresden. Hans Posse, der Direktor der Dresdner Gemäldegalerie, erwarb bei Gutbier im Laufe mehrerer Jahre zahlreiche Werke für sein Museum. Die Verbindung zu Posse bestand bereits 1921, als dieser für die Galerie Ernst Arnold das Katalogvorwort und Texte zu einer Verkaufsausstellung holländischer Meister verfasste.

Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung versuchte Gutbier zwar mit dem Angebot der Galerie auch die verlangte künstlerische Ästhetik zu bedienen, dennoch folgte ein sehr schneller wirtschaftlicher Niedergang, sodass er im Oktober 1934 die Galerie in Dresden schließen musste.

Neuanfang in München

1937 wagte Gutbier einen Neustart in München und eröffnete die Galerie Ernst Arnold in der Ludwigstraße 17. Doch der Anfang gestaltete sich schwierig. Trotz großen Einsatzes hatte er nach zwei Jahren noch kein einziges Bild verkauft. Schließlich kam er durch die von ihm organisierte Ausstellung lebender Künstler „Aus Münchner Ateliers“ mit Gerdy Troost in Kontakt. Die Witwe des Erbauers des „Hauses der Deutschen Kunst“ Paul Troost, und enge Vertraute Hitlers, war „für München eine Art Kunstrichterin“.1 Durch ihre Vermittlung konnte er drei Bilder an Hitler verkaufen und auch Geschäftsverbindungen zu weiteren Vertretern der NS-Führung aufbauen. Diese waren weniger an Werken lebender Künstler interessiert, als vielmehr an Alten Meistern und – ähnlich wie die Museen – vorrangig an Kunst des 19. Jahrhunderts. Da der Markt hier wenig bot, wurde die Beschaffung solcher Kunstwerke immer schwieriger. Nach Möglichkeiten suchend wandte sich Gutbier 1940 u.a. an Hans Posse, um zu erfahren, ob „in Dresden irgend etwas auf dem Markt aus dem ehemals jüdischen Besitz“ sei.2

Aktivitäten im besetzten Frankreich

Zudem hoffte er, von dem Angebot des Kunstmarkts im besetzten Frankreich profitieren zu können. Mit Gerdy Troosts Hilfe erhielt er einen Wehrmachtsfahrschein für die Reise nach Paris.1 Seine dortigen Unternehmungen und Ankäufe seien sehr erfolgreich gewesen, weshalb er eine weitere Reise plane, wie er im März 1942 an Ernst Holzinger, Direktor des Frankfurter Städel-Institutes schrieb.2 In Holzingers Auftrag organisiert er im Anschluss für einen Freund des Städel-Instituts den Ankauf einer Bronze in Paris und deren Transport nach Frankfurt.3 Als seinen größten Erfolg erachtete Gutbier aber die Vermittlung einer Landschaft von Camille Corot an die Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, die, wie er stolz betonte, sogar in der Weltkunst abgebildet wurde.4

Aus dem Sitzungsprotokoll des Sachverständigenbeirats der Nationalgalerie vom 19. Juni 1941 geht hervor, dass man den Ankauf eines Gemäldes von Corot für dringend notwendig hielt.5 Die Angelegenheit schien so dringlich, dass man ein weiteres Bild von Corot, das Ludwig Grote für die Münchner Galerie am Lenbachplatz der Nationalgalerie zeitgleich anbot, wohl nicht mehr in Augenschein nahm. Und das, obwohl der Direktor der Nationalgalerie Ortwin Rave, wie er in einem Brief an Grote vom 7. Juni 1941 schrieb, „für den aus Paris angebotenen Corot nicht so ganz eingenommen“ sei.6  Trotz des hohen Preises entschied sich der Sachverständigenbeirat für den Erwerb des Bildes, das Gutbier in Paris ausfindig gemacht hatte.7 Raves Anmerkung, dass Hitler sich für eben dieses Bild interessiere, wird diesen Entschluss befördert haben.8 Gutbier trat als Zwischenhändler für die Pariser Galerie Daber bei der Abwicklung des Geschäfts auf.9 Das Gemälde sollte das einzige bleiben, das für die Staatlichen Museen Berlin in Frankreich während der Besatzung angekauft wurde.10

Ob Gutbier wie geplant erneut persönlich nach Paris reiste, ist unklar. Dass er weitere Geschäfte mit französischen Kunsthändlern tätigte, ist hingegen belegt.11

Kriegsende und Folgezeit

Nach der Zerstörung der Münchner Galerie Ernst Arnold am 25. April 1944 zog sich Gutbier ganz nach Rottach am Tegernsee zurück, wo er zuvor schon seinen Wohnsitz hin verlegt hatte. Sein Plan, dort ein „Kunstheim“ zu eröffnen, konnte er zunächst nicht umsetzen. Denn aufgrund seiner Verbindungen zu ranghohen NS-Vertretern sowie seiner Geschäfte in Paris beschlagnahmte die amerikanische Militärregierung nach Kriegsende seinen Kunstbesitz und er erhielt Handelsverbot. Zu den an ihn gerichteten Vorwürfen äußerte er sich folgendermaßen: 

„Der Behauptung ich sei Nazibegünstigter und Nutznieser [sic] gewesen, stelle ich entgegen: wohl habe ich die Verbindungen mit Frau Professor Troost gehabt, und zwar einfach deshalb, weil ich in Ermangelung anderer Kunden von früher angewiesen war mich beruflich neu zu entwickeln und Umsätze zu erzielen. (…) In der Folge haben sich dann Geschäftsverbindungen ergeben. Diese Beziehungen dienten ausschließlich der Kunst und hatte mit Politik rein gar nichts zu tun.

Die Reise nach Paris 1941. Als im Jahr 1940/41 nahezu jeder deutsche Kunsthändler nach Paris fuhr, hatte ich als rühriger Vertreter meines Berufs begreiflicherweise auch den Wunsch alte Geschäftsfreunde dort aufzusuchen. Da ich niemanden kannte, der die Reiseerlaubnis hätte vermitteln können, Frau Troost hingegen die Möglichkeit hierzu hatte, habe ich mich an dieselbe gewendet und von ihr lediglich einen Wehrmachtsfahrschein erhalten. Hierbei möchte ich besonders betonen, daß alle Reisekosten und alle Einkaufsmittel ausschließlich von mir aufgebracht wurden und ich mit keinerlei Parteigeldern ausgestattet war.“1

Die in Paris erworbenen Werke erhielt Gutbier nicht zurück. Als sein Handelsverbot 1947 wieder aufgehoben wurde, eröffnete er in Rottach das „Kunstheim“, in dem noch einige kleinere Ausstellungen lokalen Charakters stattfanden und das nach seinem Tod am 18. März 1951 von seiner Frau Ella Gutbier noch bis 1958 weitergeführt wurde.

Es bleibt festzuhalten, dass Ludwig Gutbier als Händler ein engagierter Förderer der Avantgarde war, aufgrund der nationalsozialistischen Kunstpolitik sein Geschäft wirtschaftlich nicht mehr halten konnte und es daher neu ausrichten musste. Er konnte Geschäftsverbindungen zu hohen NS-Kreisen aufbauen und hatte wenig Skrupel, Werke aus jüdischem Besitz anzukaufen, suchte sogar in Ermangelung guter Ware gezielt danach.