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Der gebürtige deutsche Künstler Friedrich Göttler, der unter dem Künstlernamen Godefroy arbeitete, lebte seit 1937 in der Nähe von Paris. Bei Kriegsbeginn wurde er zunächst als Deutscher in Frankreich interniert, konnte jedoch ab 1941 nach Montrouge/Paris zurückkehren, von wo aus er als Kunstagent für den „Sonderauftrag Linz“ agierte und auch Kunst für norddeutsche Museen auf dem französischen Kunstmarkt erwarb.

Ein deutscher Maler in Frankreich

Georg Friedrich Göttler wurde am 24. oder 26. Januar 1899 in Würzburg geboren. Er studierte ab 1915 an der Kunstakademie Karlsruhe bei Friedrich Fehr (Malklasse) und Walter Georgi (Zeichenklasse). Ab 1930 bis zu seinem Tode befand er sich in einer Partnerschaft mit der Holländerin Xenia Gaarlandt (1902-1982). Ab 1933 hielt Göttler sich in Spanien, ab 1937 in Frankreich auf, wo er im Pariser Vorort Montrouge ein Atelier bezog. Dort nahm er den Künstlernamen Godefroy an und behielt dieses Pseudonym auch nach dem Krieg bei. Er wurde 1939 als feindlicher Ausländer interniert und tauchte nach der Haft in der Provence unter.

Flucht, Haft und die Notwendigkeit unterzutauchen verhinderten die eigene künstlerische Arbeit in diesen Jahren.1 Vermutlich aus Geldnot vermittelte er daher Kunstwerke. Diese Tätigkeit übte er in Montrouge bei Paris nachweislich in den Jahren von 1941 bis 1945 unter der Adresse Place Jules Ferry 44 aus.2 In der Nachkriegszeit stellte er wieder eigene Kunst in Pariser Galerien aus. Ab 1956 bekam Göttler, der zeitlebens seine deutsche Staatsangehörigkeit behielt, eine Wiedergutmachungsrente der BRD, im Folgejahr zog er mit seiner Lebensgefährtin nach Limours, wo er eine Wohnung mit Atelier mietete. 1962 ließen sich beide in Joucas in der Provence nieder, wo Göttler am 26. August 1973 verstarb.3

Aktivität als Kunsthändler während der Besatzung

Friedrich Göttlers Rolle für den französischen Kunstmarkt wurde bislang im Zusammenhang mit seiner Agententätigkeit für den „Sonderauftrag Linz“ sowie mit der Vermittlung von Kunst aus Paris an norddeutsche Museen untersucht. Auszüge aus den Reisetagebüchern von Hans Posse lassen vermuten, dass Göttler unter anderem der Mittelsmann zwischen Posse und dem in Paris ansässigen deutsch-amerikanischen Kunsthändler Rudolf Holzapfel war.1 Nachdem Hermann Voss 1943 den Posten des „Sonderbeauftragten für Linz“ übernahm, stellte er Göttler eine Bescheinigung aus, dass er für die Beschaffung von Kunstwerken für häufige Reisen von Paris nach Dresden legitimiert sei.2

Neben seiner Beschäftigung für den „Sonderauftrag Linz“ bot er nachweislich 1943 und 1944 drei Museen (Kunsthalle Hamburg, Kunsthalle zu Kiel, „Grenzlandmuseum“ Flensburg) Gemälde des Tiermalers August Schenck (1821-1901) an. Der promovierte Kunsthistoriker und später im Central Collecting Point (CCP) Celle tätige Sonderführer Heinrich Brauer (1900-1981) machte von Paris aus zudem Ernst Sauermann (1880-1956), Leiter des Thaulow-Museums in Kiel, auf die von Göttler ausfindig gemachten Schenck-Bilder aufmerksam.3 Schenck stammte ursprünglich aus Glückstadt und wurde als Künstler in Frankreich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts berühmt, weshalb seitens der Museen in seiner Heimat Interesse an den Bildern bestand. 1943 und 1944 kaufte der Direktor des Flensburger Museums die Gemälde Schafherde (Inv. Nr. 16361) und Ziegenherde in der Auvergne (Inv. Nr. 16362) für 5.550 bzw. 7.300 RM. Als es bei letzterem zu Lieferschwierigkeiten aufgrund verloren gegangener Ausfuhrpapiere kam, konnte das Bild durch Hilfe von Hildebrand Gurlitt aufgerollt im Handgepäck eines Botschafters im Mai 1944 nach Deutschland gelangen.4 Die Kunsthalle zu Kiel erwarb zur gleichen Zeit für 6.500 RM das Werk Schafherde im Schneesturm, das jedoch nie in Kiel ankam.5 Diese drei Gemälde vermittelte er nachweislich für die in Paris und ab März 1944 in Zürich ansässige Schweizerin Maria Vincent.6 Göttler bot 1943 außerdem ein weiteres Schenck-Gemälde mit dem Titel Truthähne an.7 Briefwechsel der Hamburger Kunsthalle belegen zudem, dass ihr damaliger Leiter Carl Schellenberg 1943 von dem Antiquar Kurt Köster (1912-1986) (Alsterstraße 1, Hamburg 36) erfuhr, dass Göttler auch ein Gemälde van de Veldes anbot.8 Zwei an Göttler in Paris adressierte Briefe aus den Jahren 1943 und 1944 dokumentieren darüber hinaus, dass ihn Schellenberg persönlich in Paris traf, an Maria Vincent ausgerichtete Grüße lassen eine engere Beziehung lediglich vermuten. Aus den Briefen geht hervor, dass Göttler in diesem Zeitraum Interessenten für zwei Werke Pieter Brueghels suchte und Schellenberg eine berufliche Verbindung zu den Kunsthändlern Hildebrand Gurlitt und Gustav Rochlitz zumindest annahm.9

Ob Göttler darüber hinaus auch Kunst an Museen anderer Regionen vermittelte, ist nicht bekannt. Ebenso wenig ist bekannt, wie stark letztendlich seine Einbindung in die Beschaffung von Kunstwerken für den „Sonderauftrag Linz“ war. Seine Pariser Kontakte zu Gurlitt, Rochlitz, Holzapfel, Sonderführer Brauer und gemeinsame Freunde mit Maria Vincent, die ab 1946 offiziell als Kunsthändlerin in Zürich tätig war, lassen ein größeres Netzwerk und eine viel stärkere Verwicklung in den französischen Kunsthandel jener Zeit vermuten.