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Der Kölner Kunsthändler Albert Loevenich betrieb zwischen 1941 und 1943 eine Dependance in Paris. Zu seinen Kunden gehörten neben Kunsthändlerkollegen unter anderem Museen im Rheinland und in Trier sowie das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg. Zu letzterem scheint eine besonders enge Verbindung bestanden zu haben. Wiederholt bezeichnete sich Loevenich als „Einkäufer“ oder „Beauftragter“ des Germanischen Nationalmuseums für Frankreich.

„Beauftragter“ des Germanischen Nationalmuseums?

Einer der Händler aus Deutschland, der im besetzten Paris gute Geschäfte machte, war der in Hamburg geborene Albert Loevenich1. In Köln betrieb er in unmittelbarer Nähe des Doms das „Haus für Alte Kunst“, in dem er – soweit sich dies den Unterlagen entnehmen lässt – vornehmlich mit Gemälden, Skulpturen, Keramik, Möbeln und anderem Kunsthandwerk des 15. bis 19. Jahrhunderts handelte. Schon seit 1928 scheint Loevenich häufig in Frankreich tätig gewesen zu sein – wohin er offenbar auch verwandtschaftliche Beziehungen hatte –, was seinen Entschluss, nach der Besetzung Frankreichs wieder dorthin zu gehen, beeinflusst haben dürfte.2 Zwischen 1941 und 1943 war er dann nach eigener Aussage in Paris tätig, unter der Geschäftsadresse 4 Rue Cadet.3

Zu seinen wichtigsten Kunden gehörte, neben Museen im Rheinland (siehe dazu unten), das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg. Innerhalb eines Jahres, zwischen Juni 1942 und Juni 1943, erwarb das Haus allein 22 Objekte – Gemälde, Skulpturen, Kunsthandwerk und Textilien – vom Kölner „Haus für Alte Kunst“. Weitere 17 Objekte wurden in vier separaten Vorgängen 1943 bei der Pariser Dependance angekauft. Fast alle Ankäufe, die das Germanische Nationalmuseum im Pariser Kunsthandel während der Besatzungszeit tätigte, stammen damit von Albert Loevenich. Er selbst bezeichnet sich mehrere Male als „Einkäufer“ oder „Beauftragter“ des Germanischen Nationalmuseums für Frankreich.4

Eine ähnliche Angabe wird in einem Dokument des deutschen Militärbefehlshabers in Frankreich gemacht, das vom 15. Februar 1943 datiert. Loevenich hatte eine Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung für das besetzte Frankreich beantragt, die befürwortet wurde:

„Der Antrag des Herrn Albert Loevenich aus Köln die mit dem heutigen Tage ablaufende Aufenthaltsbewilligung um weitere 3 Monate verlängern zu wollen, wird seitens des Kunstschutzes beim Mil[itär] Bef[ehls]h[aber] i[n] Frankreich befürwortet. Herr Loevenich ist Beauftragter der kunstgewerblichen Museen der Hansestadt Köln und des germanischen Nationalmuseums in Nürnberg, dessen I. Direktor, Dr. Kohlhaußen dieser Tage hier eintrifft, um mit seiner Hilfe hier museumswichtige Ankäufe zu tätigen. Da auch andere deutsche Museen sich laufend der Vermittlung des Herrn Loevenich in Frankreich bedienen, erhebt sich die Frage, ob nicht zweckmässig eine Daueraufenthaltsgenehmigung zu geben ist.“5

Bereits ein Jahr zuvor, im Februar 1942, hatte sich Loevenich um einen dreimonatigen Passierschein bemüht, nachdem er sich offenbar bereits 1941 häufig in Frankreich aufgehalten hatte, auch im unbesetzten Teil. Trotz der Unterstützung des Leiters der Kulturabteilung der rheinischen Provinzialverwaltung, Hans Joachim Apffelstaedt, scheinen seine Bemühungen damals aber zunächst keinen Erfolg gehabt zu haben.6 Spätestens Ende 1942 muss ihm aber eine dreimonatige Aufenthaltsbewilligung gewährt worden sein, die mit dem zitierten Schreiben im Februar 1943 verlängert wurde. Ob Loevenich schließlich auch eine „Daueraufenthaltsgenehmigung“ bekam, ist nicht bekannt, im Frühjahr 1944 war er aber offenbar damit beschäftigt, sich eine Wohnung in Paris einzurichten.7

Aus den Akten geht nicht hervor, wie der augenscheinlich enge Kontakt des Germanischen Nationalmuseums zu Loevenich zustande kam. Hierbei mögen persönliche Beziehungen eine Rolle gespielt haben. Aus der Korrespondenz zwischen dem Kölner Händler und dem Direktor des Germanischen Nationalmuseums, Heinrich Kohlhaußen (1894-1970), ist ersichtlich, dass die Familien Loevenich und Kohlhaußen eng miteinander bekannt waren.8 Zu der Zusammenarbeit mit Loevenich und zu seiner Tätigkeit als „Einkäufer“ für das Germanische Nationalmuseum in Paris kam es möglicherweise auch deshalb, weil Pläne des Museums, selbst einen Mitarbeiter für Erwerbungen vor Ort abzustellen, gescheitert waren.9

In anderen Fällen scheint Loevenich auch von sich aus seine Dienste als „Agent“ in Frankreich angeboten zu haben, etwa dem städtischen Museum in Trier.10 Denn Loevenich war – wie im oben zitierten Schreiben angegeben – auch für andere Museen als Vermittler tätig. In Unterlagen des amerikanischen Militärgeheimdienstes OSS (Office of Strategic Services) wird er als „art agent for museums and individual purchasers in the Düsseldorf-Köln-Aachen-Bonn Gauleitung“ geführt.11 Auch im oben genannten Schreiben an Apffelstaedt erwähnt Loevenich seine Tätigkeit für rheinische Museen, namentlich Düsseldorf.12 Zudem scheint er anderen Kunsthändlern in Frankreich erworbene Objekte weiterverkauft zu haben, darunter Hans W. Lange in Berlin.13

Erwerbungen aus Paris und den „Westgebieten“

Wie in dem oben zitierten Schreiben angekündigt, hielt sich der Direktor des Germanischen Nationalmuseums Kohlhaußen Ende Februar in der französischen Hauptstadt auf.1 Dort tätigte er bei verschiedenen Händlern Erwerbungen, darunter den mit Abstand größten Posten von acht Objekten bei Loevenich, zu dem ihn sein erster Gang am 22. Februar führte.2 Der Schwerpunkt lag auf Erwerbungen von Fayenceobjekten, und tatsächlich machte Loevenich in einem Verhör 1945 die Angabe, er sei „principalement acheteur d’objets de faience et de porcelaine“ gewesen.3 Er nennt die Namen verschiedener französischer Händler, bei denen er hauptsächlich eingekauft habe.4 In einer handschriftlichen Version des Verhörs ist zudem angegeben, Loevenich habe weitere Ankäufe in der „salle de vente“ getätigt,5 dem Auktionshaus Hôtel Drouot, in dem auch Objekte aus jüdischem Besitz unter den Hammer kamen. Bislang ließ sich die Herkunft der Objekte nicht weiter zurückverfolgen. Die Ankäufe liefen über den Kunstschutz des Militärbefehlshabers in Frankreich – der über die Ausfuhr von Kunstwerken nach Deutschland wachte – und mussten von der „Zentralauftragstelle Frankreich“ (Zast) genehmigt werden, die Bestellungen aus Deutschland bei französischen Betrieben koordinierte. Diese Abläufe schildert Felix Kuetgens, Mitarbeiter des Kunstschutzes der deutschen Militärregierung in Paris, dem unter anderem die Kontrolle des deutschen Kunsthandels in Frankreich oblag, in einem nach Kriegsende verfassten Bericht. Zu den Händlern, die beim Kunstschutz regelmäßig Ware für die Ausfuhr nach Deutschland anmeldeten, gehörte demnach, neben Gurlitt, Rochlitz, Haberstock und anderen, auch „Loevenich – Köln“.6 Kuetgens zählt auch eine Anzahl von Museumsdirektoren auf, die Ankäufe in Paris tätigten. Neben mehreren Direktoren rheinischer Museen und Hans Posse aus Dresden erscheint als einer der wenigen namentlich genannten Museumsleitern Heinrich Kohlhaußen aus Nürnberg.

Kriegsende und Restitution

Wie Erwerbungen aus besetzten Ländern generell, wurden die in Frankreich angekauften Objekte nach dem Krieg restituiert. Öffentliche Einrichtungen wie Privatpersonen waren angehalten, diese Erwerbungen in Formularen zu erfassen. Beim Abgleich der entsprechenden, vom Germanischen Nationalmuseum erstellten Liste der in Frankreich erworbenen Objekte mit den bei Loevenich in Paris angekauften Stücken fällt auf, dass von den insgesamt 17 Objekten 1948 offenbar lediglich acht restituiert wurden. In einem Briefwechsel aus dem Jahr 1946 zwischen Loevenich und dem damaligen Direktor Ernst Günter Troche (1809-1971) gibt Loevenich an, dass er einige der Objekte, die er genau benennt, nicht in Frankreich erworben, sondern dorthin gebracht habe, um so an Devisen zu gelangen.1

Diese Objekte verblieben daher im Museum, der Rest des Konvoluts wurde zurückgegeben. Ob diese Angaben Loevenichs zutreffen, konnte nicht verifiziert werden. Allerdings wurde zu einem Enghalskrug, der im Oktober 1943 in Paris erworben worden war, bereits beim Ankauf im Zugangsbuch vermerkt „beim Angriff auf Köln im Juni 43 stark beschädigt“.2 Dies lässt darauf schließen, dass Loevenich tatsächlich einige der Objekte aus dem Kölner Geschäft nach Paris verbrachte.

Ebenso ist nicht bekannt, ob Loevenich tatsächlich wegen solcher Schiebereien Ärger mit der Gestapo bekam, wie er es in dem Briefwechsel mit Troche andeutet.3 In einer eidesstattlichen Erklärung machte er 1949 die Angabe, er sei – vermutlich 1944 – „wegen angeblicher Devisenvergehen fünf Monate in Haft [gekommen].“4 Im Verhör von 1945 ist ebenfalls die Sprache von zwei Verhaftungen durch die Gestapo: Zunächst sei er im Juli 1944 von der Gestapo in Paris verhaftet worden, weil er sich geweigert habe, Ankäufe für „Goebbels“ zu tätigen. Ob damit tatsächlich Reichspropagandaminister Joseph Goebbels gemeint ist oder ob es sich möglicherweise um eine Verwechslung mit dem für den „Sonderauftrag Linz“ in den Niederlanden und Frankreich tätigen Kunsthistoriker Erhard Göpel handelt, ist unklar. Für eine Kaution in Höhe von 600.000 Francs, so Loevenich weiter, sei er freigekommen. Einige Zeit später sei er in Zusammenhang mit einem beabsichtigten Ankauf einer Kunstsammlung in Brüssel erneut verhaftet worden, in den auch der Kunsthändler Bruno Lohse, damals stellvertretender Direktor des ERR und Ankäufer für Göring, involviert gewesen sei.5 Bislang ließ sich der Wahrheitsgehalt dieser Angaben nicht klären.

So wie Loevenich also offenbar Ware von Köln nach Paris brachte, ist natürlich ebenso der umgekehrte Fall denkbar, dass also einige der bei Loevenich in Köln erworbenen Objekte ursprünglich aus Paris stammen. Die Recherchen zu den Stücken im Germanischen Nationalmuseum erbrachten keine Anhaltspunkte. Sowohl bei den Erwerbungen aus Köln als auch den Ankäufen aus Paris lässt sich daher aktuell ein NS-verfolgungsbedingter Verlust nicht zweifelsfrei ausschließen.

Wohl nach der Ausbombung des Kölner Geschäfts im Juni 1943 ging Loevenichs Frau Helene, geb. Lamers (geb. 1899), die die Geschäfte in Köln weitergeführt hatte, während ihr Mann in Paris weilte, nach Freiburg oder Badenweiler. Noch vor Kriegsende ließ sich das Ehepaar schließlich in Stuttgart nieder und betrieb dort spätestens ab 1948 wieder einen Antiquitätenhandel in der Taubenstraße 24.6 Nach dem Tod Albert Loevenichs 1952 wurde das Unternehmen bis 1955 von seiner Frau weitergeführt und zum Jahresende 1955 ohne Nachfolger eingestellt.