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08/12/2021 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

Édouard Léonardi ist Besitzer eines Antiquitätenhandels, der während der deutschen Besatzung von seiner Frau Madeleine Loyer geführt und von deutschen Kunden wie Bruno Lohse, Walter Hofer, Josef Mühlmann und Walter Bornheim besucht wird.


Édouard Léonardi ist ein Antiquitätenhändler aus Italien, der seit 1928 französischer Staatsbürger ist und ein Geschäft an der Pariser Adresse 8 Avenue Friedland führt. Bereits in der Besatzungszeit wird dieser Handel tatsächlich nur noch von seiner zweiten Frau Madeleine Loyer betrieben.1 Léonardis Gesundheit erlaubt es ihm nämlich nicht mehr, seiner Aufgabe nachzukommen;2 er stirbt im Übrigen am 23. Juli 1949 in Neauphle-le-Château (Departement Seine-et-Oise).

Ein kriminalpolizeilicher Bericht der allerersten Ermittlung zu seiner Person, gestützt auf Zeugenaussagen aus seiner Nachbarschaft, stellt ihn als einen Kollaborateur dar.3 Doch ein späterer Bericht kommt zu dem Schluss, dass „Madame Léonardis Aussagen glaubwürdig erscheinen, denn es wurde in den Ermittlungen nicht erwiesen, dass sie sich um deutsche Kundschaft bemüht hätte.“4

Édouard Léonardi wird außerdem wegen Goldhandels vor das Comité de confiscation des profits illicites [Komitee für die Beschlagnahmung unlauterer Gewinne] geladen: Laut Protokoll vom 9. März 1943, das von den Bediensteten der Kriminalpolizei verfasst wurde, erwirbt er Goldmünzen für einen Preis von 978.100 F.5 Des Weiteren wird er beschuldigt, umfassende Handelsbeziehungen mit dem Feind unterhalten zu haben.6 Diesen Umstand streitet er nicht ab,  sondern erläutert sogar, dass „es tatsächlich erwiesen ist, dass 87,5 % der Verkaufssumme aus [seinem] Geschäft in den Jahren 1940 bis 1944 von deutschen Staatsbürgern stammten.“7

Der dem Beschlagnahmungskomitee vorgelegte buchhalterische Bericht hebt speziell die spürbare Erweiterung des Lagerbestands an Antiquitäten sowie den privaten Wohlstand des Paares in der Besatzungszeit hervor.8 Im Übrigen tätigen die Eheleute Léonardi Verkäufe an Walter Bornheim zu einem geschätzten Gesamtwert von 2.074.350 F.9 Diese Verkäufe sind allerdings nicht in ihren Büchern vermerkt.

Eine Liste mit Léonardis Verkäufen10 führt eine Reihe weiterer deutscher Staatsbürger an, mit denen er in der Besatzungszeit Geschäfte abschließt.11 Ein Bericht der Roberts Commission führt Verbindungen zu Bruno Lohse, Walter Hofer, Josef Mühlmann und Bornheim sowie eine Tätigkeit auf Provisionsbasis, insbesondere im Auftrag von Léon Gruel an.12

In der Akte der Commission nationale interprofessionnelle d’épuration [Nationale berufsübergreifende Säuberungskommission] findet sich ein Auszug aus dem Bericht „Collection Goering“, in dem Léonardis Name auftaucht:

„[Er] arbeitete mit Loebl, Joseph Muehlmann und Bornheim, mit dem er besonders am Ende des Krieges eine sehr enge Beziehung unterhielt. Léonardi war Architekt und seine Frau leitete das Antiquitätengeschäft. Er hatte sich auf mittelalterliche Kunst spezialisiert und arbeitete auf Provisionsbasis für Gruel und andere Antiquitätenhändler. Hofer stand ebenfalls mit ihnen in Kontakt. Ihre Ankäufe liefen über Bornheim als Mittelsmann.“13

Diese Informationen bestreitet Madeleine Léonardi14, die unterdessen den Kommissionär Zeermann sowie seinen Geschäftspartner Gourbaud benennt, die mit deutschen Kunden in ihr Geschäft gekommen sein sollen. Es ist möglich, dass diese Verkäufe im Grunde eher Provisionsgeschäfte waren: Der mit der Akte Léonardi befasste Wirtschaftsprüfer weist auf den Umstand hin, dass viele der an Deutsche verkauften Objekte bei Versteigerungen erworben wurden und „viele der verkauften Gegenstände offenbar, wenn überhaupt, dann sehr kurzfristig im Geschäft waren.“15

Die Eheleute Léonardi berufen sich darauf, dass diese Verkäufe unter Zwang zustande kamen und sie selbst keine deutschen Kunden anwarben. Sie bestreiten, das Kulturerbe Frankreichs geschmälert zu haben, da sie dieser Kundschaft hauptsächlich „germanische Objekte“ wie ein Basrelief aus dem frühen 16. Jh. verkauften.16 Michel Martin stimmt dem in einer Akte bei der Commission de récupération artistique [Kommission für die Wiedererlangung von Kunstbesitz] zu, in der er darauf hinweist, dass „der Gegenstand der Verkäufe keine für das nationale Kulturerbe relevanten Kunstobjekte waren, es […] scheint – vorbehaltlich des Entscheids des Beschlagnahmungskomitees – denkbar, Herrn Léonardis Fall nun zu den Akten zu legen.“17 Er führt aus, dass die Vertuschung von Umsatz und Steuerhinterziehung durch die Eheleute Léonardi der Zuständigkeit des Comité de confiscation des profits illicites unterliegen. Ein weiteres von Édouard Léonardi zu seiner Verteidigung angeführtes Argument ist der Schutz jüdischer Güter, die ihren Eigentümern nach der Befreiung Frankreichs zurückgegeben wurden.18

In der Folge der verschiedenen Ermittlungsverfahren gegen das Ehepaar Léonardi werden die beiden zu einer Beschlagnahme durch das Comité de confiscation des profits illicites verurteilt, die der Conseil supérieur [Oberster Rat] am 10. Januar 1947 auf 1.391.567 F festsetzt und um eine auf 4 Millionen F festgelegte (später auf 2 Millionen F reduzierte) Geldstrafe19 ergänzt, die nach dem Tod ihres Gatten zu Madeleine Léonardis Lasten geht. Damit stellt die Commission nationale interprofessionnelle d’épuration das Verfahren ein und legt den Fall zu den Akten.20

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