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Der Kunsthistoriker Günther Schiedlausky war Mitarbeiter des Einsatzstabs Reichsleiter Rosenberg in Frankreich. Er war vor allem für Inventarisierung, die Organisation von Ausstellungen für Hermann Göring, für Kunsttransporte nach Deutschland und das Depot in Schloss Neuschwanstein zuständig. Seine Tätigkeit für den ERR ist bislang noch kaum untersucht und kann auch hier nur überblicksartig dargestellt werden.

Werdegang

Günther Schiedlausky wurde am 28. November 1907 in Berlin geboren; seine Eltern waren der Kaufmann Arthur Schiedlausky und seine Ehefrau Elsa, geb. Hoffmann.1 Nach einem Studium der Kunstgeschichte, Philosophie und Romanistik in Berlin, Wien und Marburg promovierte er 1934 bei Kurt Steinbart 1890-1981) in Marburg zu Martin Grünberg, einem Berliner Barockarchitekten, und war anschließend als Volontär an den Staatlichen Museen Berlin tätig, zunächst 1935/36 in der Skulpturenabteilung, ab 1937 im Kupferstichkabinett. 1936 arbeitete er in der schlesischen Kunstdenkmälerinventarisation in Oppeln und ging anschließend bis 1937 mit einem einjährigen Stipendium ans Kunsthistorische Institut in Florenz. Von 1938 bis 1940 kehrte er, nun mit Werkvertrag als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter, an die Skulpturenabteilung der Staatlichen Museen Berlin zurück. Bereits 1931/32 und dann wieder ab 1934 war Schiedlausky Mitglied der NSDAP.2

Im Juni 1940 wurde Schiedlausky zum Wehrdienst einberufen und war ab August des Jahres in Frankreich zunächst im Küstenschutz eingesetzt, bevor er im Oktober 1940 als „Kriegsverwaltungsassessor“ zur Abteilung Kunstschutz des Militärbefehlshabers in Frankreich versetzt wurde.3 Kurz darauf, im November 1940, wurde er vom Kunstschutz zum Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) abgeordnet und dem „Sonderstab Bildende Kunst“ („Sonderstab Louvre“) unter Leitung Kurt von Behrs, ab 1943 unter Robert Scholz, zugeteilt.

Schiedlauskys Abordnung zum ERR und dortige Tätigkeit

Zu Schiedlauskys Tätigkeit beim ERR existieren mehrere Berichte. An erster Stelle zu nennen sind der „Detailed Interrogation Report (DIR) No. 5“ zu Schiedlausky und der „Consolidated Interrogation Report (CIR) No. 1“ zur Tätigkeit des ERR in Frankreich.1 Beide wurden im August 1945 von James Sachs Plaut, dem Leiter der Art Looting Investigation Unit (ALIU) des US-amerikanischen Militärnachrichtendienstes Office of Strategic Services (OSS), auf der Basis von Verhörprotokollen mehrerer ERR-Angehöriger und weiteren Unterlagen zum ERR verfasst. Zu den Dokumenten, die Plaut auswertete, gehörte u. a. ein Bericht von Schiedlausky selbst vom 22. August 1942 zu seiner Tätigkeit beim ERR.2 Weitere kurze Angaben zu Schiedlausky liegen von Rose Valland vor, die Schiedlausky aufgrund seiner Tätigkeit im Jeu de Paume nach eigenem Bekunden gut kannte.3 Wesentliche Quellen zu Schiedlauskys Tätigkeit sind also – abgesehen vom Bericht Vallands – Selbstzeugnisse bzw. beruhen jedenfalls teilweise auf Selbstzeugnissen und sind entsprechend kritisch zu lesen. Die Angaben in den genannten Berichten werden ergänzt durch Unterlagen zur Tätigkeit des ERR, die für diesen Beitrag nur teilweise gesichtet werden konnten.4 Der Forschungsstand wird daher in Zukunft noch zu präzisieren bzw. zu modifizieren sein.

Aus den Quellen wird deutlich, dass eine der Hauptaufgaben Schiedlauskys die Inventarisierung des beschlagnahmten jüdischen Kunstbesitzes war, der durch den ERR seit Herbst 1940 im Louvre bzw. im Jeu de Paume deponiert wurde.5 Daneben oblag ihm gleich von Beginn seiner Tätigkeit beim ERR an die Organisation von Ausstellungen für die Besuche Hermann Görings im Jeu de Paume, bei denen dieser aus den beschlagnahmten Kunstwerken Objekte für seine Sammlung auswählte. Die erste Ausstellung habe er innerhalb von vier Tagen vorbereiten müssen, sie fand am 3. November 1940 statt, die zweite bereits zwei Tage später.6 Bis Dezember 1941 folgten im Jeu de Paume acht weitere Ausstellungen für Göring sowie eine Ausstellung für Rosenberg im November 1940. Schiedlausky wurden vom Kunstschutz Fachkollegen zur Verfügung gestellt – bis mindestens Ende 1940 Karl Heinz Esser7 (1912-1999), Heinrich Jerchel (1906-1943) und Hans Ulrich Wirth, im Februar 1941 stießen Friedrich Franz Kuntze und Bruno Lohse zum ERR.8 Wie er selbst angibt, scheint es jedoch Schiedlausky gewesen zu sein, der jedenfalls zu Beginn leitend für die genannten Aufgaben zuständig war.9 Als ehemaliger Museumsmann erschien er dafür möglicherweise besonders geeignet. Eine Bemerkung in einem Brief Schiedlauskys legt nahe, dass er auch bei Besuchen Görings zugegen war.10

Die Abordnung Schiedlauskys ist im Kontext von widerstreitenden Interessen und Konflikten um den Umgang mit den französischen staatlichen und privaten Kunstsammlungen zu sehen, die sich einerseits zwischen ERR und Kunstschutz – der bemüht war, den Zugriff des ERR auf französische Sammlungen und den Abtransport von Kunstwerken ins Deutsche Reich zu verhindern – und andererseits zwischen Hitler und Göring entspannen, die sich beide den Zugriff auf die Sammlungen sichern wollten.11 Auch die französische Vichy-Regierung, die das jüdische Vermögen für sich beanspruchte, und andere französische Stellen, legten wiederholt Proteste gegen das Vorgehen des ERR und einzelne Beschlagnahmen ein.12 Vor dem Hintergrund der Ermächtigung Rosenbergs bzw. des ERR durch Hitler vom 17. September 1940 zur „Sicherstellung“ und dem Abtransport wertvoller Kulturgüter nach Deutschland kam es im Oktober 1940 zu einer Einigung zwischen Kunstschutz und ERR, wonach dem ERR die jüdischen Sammlungen überlassen wurden, die allerdings nicht ins Reich abtransportiert, sondern im Louvre bzw. im Jeu de Paume gelagert werden sollten.13 Nach dem Krieg äußerten sich der Leiter des Kunstschutzes Franziskus Graf Wolff Metternich und sein Stellvertreter Bernhard von Tieschowitz dahingehend, die Abordnung Schiedlauskys sei auf Intervention von Tieschowitz und quasi in Opposition zum ERR erfolgt, um für eine wissenschaftliche Katalogisierung und fachmännische Behandlung der Kunstwerke zu sorgen.14 Tatsächlich mag beabsichtigt gewesen sein, mittels der Inventarisierung auch einen Überblick über die beschlagnahmten Sammlungen und damit die Aktionen des ERR zu behalten.15

Doch diente die Inventarisierung auch den Interessen des ERR und anderer Protagonisten:16 Es fällt auf, dass enge zeitliche und inhaltliche Parallelen zwischen der Abordnung Schiedlauskys zum ERR und einer Anordnung Görings bestehen, wie mit den beschlagnahmten Sammlungen zu verfahren sei. Am 5. November 1940 besichtigte Göring die zweite von Schiedlausky organisierte Ausstellung, am selben Tag erließ er den Befehl, die beschlagnahmten Sammlungen nach bestimmten Kategorien aufzuteilen und die für Hitler, Göring, Rosenberg oder deutsche Museen vorgesehenen Objekte zu inventarisieren und nach Deutschland zu überführen.17 Die Aufgaben, die Schiedlausky ab November 1940 beim ERR übernahm – insbesondere Inventarisierung und Ausstellungsorganisation, später auch Durchführung von Kunsttransporten ins Deutsche Reich und die Betreuung der ERR-Depots – erscheinen wie eine recht genaue Umsetzung der Anordnung Görings. Tatsächlich wird in einem vom Kunstschutzbeauftragten der Militärverwaltung, Hermann Bunjes, verfassten Lagebericht, der wohl von Januar 1941 datiert, die Abordnung Schiedlauskys zum ERR mit dem Besuch Görings im Jeu de Paume am 5. November 1940 und der damals erlassenen Anordnung in Zusammenhang gebracht:

„Im November besichtigte Herr Reichsmarschall Göring einen Teil disser [sic] sichergestellten Kunstwerke und gab den Befehl, diejenigen Kunstwerke, die eine Bereicherung deutscher Museen und bedeutender Sammlungen darstellen würden, nach ordnungsgemässer Inventarisation nach Deutschland zu transportieren. Sie sollen von Sachverständigen abgeschätzt und bezahlt werden und der einkommende Betrag den französischen Kriegshinterbliebenen zur Verfügung gestellt werden […]. Dieser Befehl wurde durch den Führer gutgeheissen und dem Einsatzstab Rosenberg der Auftrag erteilt, die notwendigen Vorarbeiten für die Überführung nach Deutschland zu treffen. Für die Erledigung dieser Aufgabe wurde dem Einsatzstab der Museumsassistent Kriegsverwaltungsassessor Dr. Schiedlausky zugewiesen. Ihn unterstützten zeitweilig die Herren Dr. Esser, Dr. Jerchel, Dr. Wirth. […] Französischer Staatsbesitz oder Privatbesitz wird, wie Herr Reichsmarschall Göring ausdrücklich befohlen hat, durch diese Anordnung nicht berührt.”18

Mit dem letzten Satz wurde also nochmals die zwischen Kunstschutz und ERR getroffene Vereinbarung hinsichtlich der französischen Kunstsammlungen bekräftigt. Der zunächst provisorisch erlassene Befehl Görings wurde, wie es sinngemäß auch Bunjes erwähnt, am 14. November 1940 von Hitler genehmigt.19 Drei Tage später erfolgte die formale Abordnung Schiedlauskys zum ERR.20

Beschlagnahmen und eine Tauschaktion

Neben seinen Hauptaufgaben, der Inventarisierung und Ausstellungsorganisation, war Schiedlausky offenbar auch, wie er selbst im Bericht von 1942 schildert, wenn auch vereinzelt, an Beschlagnahmen des ERR beteiligt:

„Im allgemeinen wurde mir am Vortage […] die Anschrift einer jüdischen Wohnung genannt, die dann zum vereinbarten Zeitpunkt von einem von uns Kunsthistorikern besichtigt wurde, wobei die zu transportierenden Gegenstände bezeichnet wurden. Ich persönlich habe sehr selten derartige Wohnungsbesichtigungen mitgemacht, weil ich durch die […] Verwaltungs- und Inventarisationsarbeiten im Jeu de Paume selbst vollauf in Anspruch genommen war.“1

In den Beschlagnahmeinventaren des ERR lässt sich derzeit tatsächlich nur ein Fall nachweisen, in dem Schiedlauskys eine Beschlagnahme („Sicherstellung“) durchgeführt hat.2

Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass Schiedlausky auch an der Beschlagnahme von Teilen der Sammlung des französischen Bankiers und Unternehmers David David-Weill beteiligt war, eine der größten vom ERR geraubten Kollektionen. Sie gehört zu den bereits erwähnten Sammlungen, die zusammen mit Beständen der französischen Nationalmuseen vor dem Einmarsch der Deutschen in verschiedene Schlösser ausgelagert worden waren und im Herbst 1940 von der Militärverwaltung für den ERR freigegeben wurden.3 Wie der Chef des Verwaltungsstabes des Kommandanten von Groß-Paris am 15. April 1941 dem Kunstschutz mitteilte, sei Schiedlausky vier Tage zuvor in Begleitung von Bunjes in Schloss Sourches gewesen, wo sich die Sammlung David-Weill befand, „um die Überführung der jüdischen Kunstsammlung David Weill in das Jeu de Paume zu überwachen. Es wurden 130 Kisten […] auf Lastkraftwagen verladen und nach Paris geschickt.“4

All dies spricht dafür, dass Schiedlausky – entgegen der Angabe Plauts, wonach es keine Belege für eine Beteiligung Schiedlausky an Beschlagnahmen gebe – zumindest in Einzelfällen an Beschlagnahmen teilnahm.5

In den Quellen nachvollziehen lässt sich auch die Beteiligung Schiedlauskys an einer Tauschaktion. Im Februar 1941 machte Bruno Lohse, der damals neu zum ERR gestoßen war, auf ein vermeintliches Tizian-Gemälde aufmerksam, das sich bei dem deutschen, in Paris ansässigen Kunsthändler Gustav Rochlitz befand. Wie sich Schreiben Gerhard Utikals und weiteren Unterlagen entnehmen lässt, schlugen daraufhin Schiedlausky, Lohse und Kuntze ein Tauschgeschäft gegen elf Gemälde des Impressionismus und der klassischen Moderne vor, darunter Werke von Cézanne, Picasso, Matisse, Renoir und Corot, die u. a. aus den Sammlungen Kann, Rosenberg-Bernstein und Bernheim stammten.6 Utikal zufolge wurde damit ein Vorschlag Görings aufgegriffen.7 In einem von ihm unterzeichneten Vermerk zur Liste der elf Tauschobjekte erläuterte Schiedlausky die Auswahlkriterien, mit denen er ganz auf der Linie der NS-Ideologie lag:

„Alle in beifolgender Liste aufgeführten Gemälde kommen für einen Abtransport nach Deutschland und für eine Verwendung beziehungsweise Verwertung im Reich nicht in Frage. Bei den Werken handelt es sich zum Teil um ausgesprochene Vertreter entarteter Kunst, zum anderen Teil um Werke an sich bedeutender Meister, die aber für uns aus weltanschaulichen Gründen (Darstellungen jüdischer Personen) untragbar sind. […] Nach Ansicht der Kunstsachbearbeiter im Jeu de Paume stellen alle diese Bilder einen Wert dar, der in keinem Verhältnis zu der Bedeutung des einzutauschenden Tizian-Bildes steht.“8

Es handelt sich hier wohl um das erste einer Reihe von Tauschgeschäften des ERR, bei denen bis 1943 zahlreiche Werke insbesondere der modernen Kunst eingetauscht wurden, neben Rochlitz auch bei anderen Kunsthändlern.9 Viele der getauschten Kunstwerke, so auch das vermeintliche Tizian-Gemälde, landeten in der Kunstsammlung Görings.10 Ob Schiedlausky auch an weiteren Tauschgeschäften beteiligt war, lässt sich bislang nicht nachweisen.

Kunsttransporte und Leitung des Depots Neuschwanstein

Im Frühjahr 1941 wurde Schiedlausky eine weitere Aufgabe übertragen: Ihm oblag nun auch die Vorbereitung und Durchführung von Kunsttransporten ins Deutsche Reich und die Betreuung der dortigen ERR-Depots der geraubten Kunstwerke. Nachdem Göring im Februar 1941 bereits einen Kunsttransport mit seinem Sonderzug durchgeführt hatte, bei dem er Kunstwerke für den „Sonderauftrag Linz“ und für seine eigene Sammlung mitnahm, erfolgte am 15. März 1941 ein umfangreicher, von Schiedlausky und Kuntze begleiteter Transport der geraubten ERR-Bestände, bei dem in 25 Waggons ein Großteil der Sammlungen Rothschild, Kann, Seligmann, Wildenstein, Bernheim-Jeune, David-Weill u. a. nach Neuschwanstein überführt wurde.1 In einer entsprechenden Anordnung Görings vom 12. März 1941 wird Schiedlausky namentlich erwähnt: „Die Beauftragten des Reichsleiters Rosenberg, Pg. Scholz, Pg. Busse, Dr. Kunze und Dr. Schiedlausky, sind für die Ausladung [des von Paris nach Füssen geleiteten Kunsttransportes] und den Weitertransport an den Bergungsort verantwortlich.“2

Ab Mitte März 1941 hielt sich Schiedlausky, abwechselnd mit Kuntze, in Neuschwanstein und Paris auf, bevor ihm am 27. September 1941 die Leitung der Depots in Neuschwanstein, Herrenchiemsee und Buxheim übertragen wurde.3 Mit Neuschwanstein unterstand ihm das Hauptdepot des ERR, in dem die kostbarsten Kunstwerke gelagert wurden. Ab Februar 1944 verantwortete er schließlich die Überführung der in Neuschwanstein und Herrenchiemsee gelagerten Kunstwerke in das Salzbergwerk Altaussee, in dem nach Kriegsende ein Großteil der vom ERR zusammengeraubten Kunstwerke durch die US-Armee aufgespürt wurde.

Die Tätigkeit Schiedlauskys in Neuschwanstein wurde ab Februar 1942 von einem fünfmonatigen Fronteinsatz in Russland unterbrochen. Laut Rose Valland sollen dafür Differenzen mit von Behr ursächlich gewesen sein.4 Auch wenn dies möglicherweise nicht zutrifft,5 scheint es aber Auseinandersetzungen von Behrs auch mit weiteren ERR-Mitarbeitern gegeben zu haben, insbesondere mit Robert Scholz.6 Die Kritik entzündete sich Plaut zufolge an den chaotischen Zuständen, an von Behrs eigenmächtigem Vorgehen, an Personalmangel und fehlenden Arbeitsmitteln. Im Sommer 1942 kam es offenbar zu einer Art internen Überprüfung durch Scholz und Herrmann von Ingram7; auch der Bericht Schiedlauskys vom 22. August 1942, in dem er sich kritisch zu den Arbeitsbedingungen im Jeu de Paume äußert, entstand, so Plaut, in diesem Zusammenhang.8 Letztlich wurde von Behr Anfang 1943 endgültig mit anderen Aufgaben (Leitung der „M-Aktion“) betraut, während Scholz die Leitung des „Sonderstabs Bildende Kunst“ übernahm. Auch der Zugriff Görings auf die beschlagnahmten Kunstwerke wurde nun eingeschränkt.9

Schiedlauskys Rückkehr vom Fronteinsatz zum ERR und nach Schloß Neuschwanstein Ende Juni 1942 soll, so berichtet Plaut, auf Intervention von Göring erfolgt sein; Schiedlausky wurde zur Luftwaffe, genauer zur „Division Hermann Göring“, versetzt.10 Schiedlausky verblieb, gemeinsam mit Bruno Lohse, in Neuschwanstein, wo er bei Kriegsende von der US-Armee bis April 1946 unter Hausarrest gesetzt wurde.11

Anschließend war er bis 1948 in Süddeutschland und dort in einer Buchhandlung in Traunstein tätig, bevor er gemeinsam mit seiner Ehefrau Ursula von Lassaulx, die er 1947 geheiratet hatte, nach Köln-Wesseling ging und dort eine Verwaltungstätigkeit in einer Chemiefabrik übernahm.12 Ab 1953 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bergbaumuseum Bochum beschäftigt, wechselte er 1955 ans Germanische Nationalmuseum, Nürnberg.13 Dort war er bis zu seiner Pensionierung 1970, zuletzt als Landeskonservator, für die Sammlung mittelalterliches und neuzeitliches Kunsthandwerk zuständig und auch, worauf Hoppe verweist,14 für die Judaica-Sammlung. Er publizierte u. a. zu Silber und Keramik und zur Esskultur in Mittelalter und Früher Neuzeit. Schiedlausky verstarb am 18. Mai 2003.

Sowohl Plaut als auch Rose Valland beschreiben Schiedlausky als integren Charakter, der, so Plaut, offenbar keine persönlichen Vorteile aus seiner Tätigkeit beim ERR gezogen habe und dem es primär um die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben gegangen sei. Auch wenn dies zutreffen mag, und auch wenn Schiedlausky nach jetzigem Kenntnisstand in der ERR-Hierarchie keine so herausragende Stellung wie beispielsweise Robert Scholz oder Bruno Lohse einnahm, war auch er am Kunstraub des ERR, wie ausgeführt, beteiligt. Plaut charakterisiert ihn als „a confirmed National Socialist, who appears to have had no quarrel with the ‚ideological’ basis for the confiscations effected by the Einsatzstab Rosenberg in France.”15 Sein früher Eintritt in die NSDAP bereits 1931, der zitierte Vermerk zum Tauschgeschäft mit Rochlitz oder auch seine Zugehörigkeit zur Division Hermann Göring stützen diese Einschätzung.

Mit Schiedlausky öffnet sich damit nicht nur ein Blick auf die mittleren Ränge des ERR in Frankreich und deren Handeln, an seiner Person kristallisieren sich auch grundlegendere Fragen etwa zur Rolle des Kunstschutzes, die bislang in der Forschung umstritten ist, zum Ausmaß von Görings Einfluss auf den ERR und dessen Kunstraub in Frankreich oder zu den internen Kompetenzstreitigkeiten innerhalb des Einsatzstabs. Welche Entscheidungs- und Handlungsspielräume hatte der Kunstschutz in der Abordnung Schiedlauskys? Warum fiel unter den Kunsthistorikern, die damals beim Kunstschutz tätig waren – und zu denen bislang z.T. nur wenig bekannt ist –, die Wahl gerade auf ihn? Inwieweit hatten möglicherweise der ERR oder andere Einfluss auf diese Entscheidung? Und wie ist Schiedlauskys Rolle in der Auseinandersetzung zwischen Scholz und von Behr zu sehen? Es muss zukünftiger Forschung überlassen bleiben, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen.