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Robert Scholz war führender Kunstideologe im „Dritten Reich“ und ein Hauptverantwortlicher für den Kunstraub der Nationalsozialisten in Frankreich.

Berufliche und politische Karriere

Nach dem Ersten Weltkrieg studierte Robert Scholz (1902-1981) zunächst Malerei in Berlin und arbeitete seit 1930 als Kritiker für Berliner Zeitungen. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme war er die treibende Kraft in der Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen modernen Kunst in Deutschland. Er gab dem Partei-Ideologen Alfred Rosenberg die Anregung, den sogenannten Berliner „Expressionisten-Streit“ zu entfachen. Die Auseinandersetzung um den zukünftigen Kurs des „Dritten Reiches“ im Bereich der bildenden Kunst mündete 1937 in der Kampagne zur Entfernung der „entarteten Kunst“ aus den deutschen öffentlichen Museen.1 Scholz war dabei im Auftrag von Rosenberg Mitglied der entsprechenden Kommission, die diese Kunst aus den Sammlungen entfernte und über deren weitere Verwertung entschied. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits seit zwei Jahren Mitglied der NSDAP und Leiter der „Hauptstelle Bildende Kunst“ (ab 1940: „Amt Bildende Kunst“) in Rosenbergs Ideologie-Behörde „Beauftragter des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP“ in Berlin. Ab 1937 fungierte Scholz auch als Herausgeber der Zeitschrift „Die Kunst im Dritten Reich“. Zwei Jahre später übernahm er zudem die Leitung des Museums Moritzburg in Halle/Saale.2

Scholz’ Rolle in Frankreich

Scholz war nicht an der Gründung des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenbergs beteiligt, der ab Herbst 1940 in Frankreich jüdische Kunstsammlungen beschlagnahmte. Aufgrund seiner Stellung innerhalb Rosenbergs Ideologie-Behörde gelang es ihm jedoch ab Anfang 1941 Einfluss auf die Formation des „Sonderstabes Louvre“ zu gewinnen, der diese Beschlagnahmungen ausführte. Rosenberg bekräftigte die Stellung von Scholz, indem er ihn 1941 zum Leiter des „Sonderstabes Bildende Kunst“ innerhalb des Einsatzstabes ernannte und ihm im Frühjahr 1942 auch die vollkommene fachliche Aufsicht über die nun „Arbeitsgruppe Louvre“ genannte Formation übertrug.1 Scholz bestimmte damit bis zum Ende des Krieges maßgeblich die Vorgehensweise des Einsatzstabes bei der Beschlagnahmung von Kunst in Ost und West und den weiteren Umgang mit den geraubten Werken. Aufgrund seines persönlichen Einsatzes wurden mehrere tausend Kunstwerke, die sich im unterirdischen Bergungsraum des Bergwerkes von Altaussee (Österreich) befanden, im Frühjahr 1945 nicht zerstört. Sie fielen stattdessen den amerikanischen Truppen unversehrt in die Hände.2

Nach dem Beginn der Beschlagnahmungen in Frankreich gelang es Scholz, zu verhindern, dass Hitlers Aufbaustab für das geplante Museum in Linz („Sonderauftrag Linz“) auf die geraubte Kunst im großen Umfang zugreifen konnte.3 Seine Bemühungen gipfelten in einer Erklärung Hitlers, in welcher der Diktator Rosenberg „bis nach dem Kriege“ die alleinige Verwaltung der geraubten Kunst zusicherte. Auch später, als die in Frankreich entwendeten Objekte in das unterirdische Depot von Altaussee gebracht wurden, das auch der „Sonderauftrag Linz“ nutzte, gelang es Scholz, hier die Bestände Rosenbergs von der Kunst für das Linzer Museum abzugrenzen und eine getrennte Verwaltung durchzusetzen.4

Widersacher Görings und von Behrs

Bei den Beschlagnahmungen in Frankreich verfolgte Scholz das Ziel, eine Auswahl von Spitzenwerken als Faustpfand für künftige Friedensverhandlungen in die Hand zu bekommen.1 Diese Strategie stand im Widerspruch zu den Interessen von Hermann Göring, der den Einsatzstab logistisch unterstützte, und dessen Vertrauensmann im „Sonderstab Louvre“ Kurt von Behr war. Beide Funktionäre des „Dritten Reiches“ waren an einer möglichst umfangreichen Beschlagnahmung von Kunst aus jüdischem Besitz interessiert, um sich aus einer Fülle von Gegenständen für ihre persönlichen Bedürfnisse zu bedienen. In einem umfangreichen Revisionsbericht kritisierte Scholz 1942 das bisherige Vorgehen des Einsatzstabes in diesem Bereich. Erst als sich die Niederlage von Stalingrad im Januar 1943 abzeichnete, gelang es ihm, seinen Kurs bei Rosenberg durchzusetzen: Rosenberg ließ durch den Leiter des Einsatzstabes Gerhard Utikal die Abgabe von beschlagnahmter Kunst an Göring beenden. Zudem trennte er die Aktivitäten von Kurt von Behr von denen des Einsatzstabes ab. Der Adelige führte nun „nur noch“ Beschlagnahmungen im Zuge der „Möbel-Aktion“ durch, die vor allen Dingen auf die Verwertung des Hausrates von deportierten Menschen in Frankreich zugriff.2

Beschlagnahmte „entartete“ Kunst

Neben der Strategie, den Umfang der Beschlagnahmungen zu begrenzen, strebte Scholz in Frankreich, wie schon zuvor im Deutschen Reich, danach, „Entartete Kunst“ auszugrenzen. Im Zuge dieser Politik setzte er bei Rosenberg Anfang 1941 durch, dass der Einsatzstab geraubte Werke des französischen Im- und Expressionismus in Tauschgeschäften einsetzte, um dafür Werke Alter Meister zu erhalten, die Göring bevorzugte. Scholz selbst ließ 1941 eine Liste mit geraubten Werken erstellen, die er für geeignet hielt, dass sie in solchen Tauschgeschäften an Pariser Kunsthändler abgegeben werden konnten.1 Die dabei eingesetzten geraubten Werke galten im Deutschen Reich als „entartet“. Zwischen März 1941 und November 1943 fanden insgesamt 28 solcher Tauschgeschäfte statt. Dabei setzte der Einsatzstab mindestens 93 aus jüdischem Eigentum geraubte Gemälde ab.2 Bis heute gelten 20 von diesen eingesetzten Werken als verschollen. Darunter befinden sich beispielsweise das Gemälde von Georges Braque, Stillleben mit Früchten (53 × 65 cm), und von Camille Pissaro, Landstraße mit Bauern (73 × 92 cm).3

Nach dem Ausscheiden von Behrs aus dem Einsatzstab überwachte Scholz auch die entsprechenden Tauschverträge und war damit persönlich auch für diese Geschäfte verantwortlich.4 Daneben sorgte der Leiter des Sonderstabes „Bildende Kunst“ im Jahr 1943 dafür, dass im Zuge der „Möbel-Aktion“ auch keine „Entartete Kunst“ ins Deutsche Reich gebracht wurde.5 Die Mitarbeiter von Behrs hatten zuvor bei der Konfiskation von Wohnungseinrichtungen in Frankreich mitunter auch Werke der klassischen Moderne gefunden, die sie mit den Möbeln nach Deutschland schickten. Die Einrichtungsgegenstände sollten dazu dienen, den Menschen zu helfen, die durch den Bombenkrieg ihre Wohnungen und Möbel verloren hatten. Vermutlich geht die Vernichtung von Werken der Moderne im Jeu de Paume am 23. Juli 1943 auch auf den Einfluss von Scholz zurück. Bis zu 600 Gemälde und grafische Werke verbrannten Mitarbeiter der „Arbeitsgruppe Louvre“ an diesem Tag in den Tuilerien.6 Eine vergleichbare Aktion hatte infolge der Entfernung der „Entarteten Kunst“ in Deutschland bereits 1938 in Berlin stattgefunden. Scholz war damals durch seine Mitgliedschaft in der entsprechenden Verwertungs-Kommission an diesem Vorgang indirekt beteiligt gewesen.7

Nach dem Krieg

Nach dem Ende des Krieges internierten die amerikanischen Truppen Scholz und befragten ihn eingehend über seine Beteiligung am deutschen Kunstraub. Sie konnten dabei auf umfangreiche Akten zurückgreifen, für deren Rettung Scholz selbst rechtzeitig gesorgt hatte.1 Der Funktionär versuchte anschließend, sich als ausführendes Organ der Anweisungen von Rosenberg und Göring zu präsentieren. Obwohl die alliierten Vernehmungsoffiziere seine Strategie durchschauten, wurde er für seine Taten nicht angeklagt.2 Nach dem Krieg lebte er in Bayern und veröffentlichte Bücher, in denen er weiter eine nationalsozialistische Kunst-Ästhetik propagierte.3

Aktualisierung der Forschung

Die Redaktion dankt Didier Schulmann für die Hinweis auf einen Archivbestand, der von dem Autor des Artikels nicht hat eingesehen werden können. Diese Aktualisierung wurde am 28.02.2022 vorgenommen. 

Scholz wurde von 1. bis 3. August 1950 von dem Pariser Militärgericht in abstentia beim selben Prozess wie Georg Ebert, Gerhard Utikal, Bruno Lohse, Arthur Pfannstiel und Walter Andreas Hofer verurteilt. Er wurde in Abwesenheit, wie Hofer, zu zehn Jahren Freiheitstrafe und einem Aufenthaltsverbot für Frankreich verurteilt.

Diese Prozessakten können im Dépôt central de la Justice militaire, Le Blanc (Indre) unter der Signatur Dossier 737 Ebert George, Utikal Gérard, Scholz Robert, Lohse Bruno, Hofer Walter, Pfannstiel Arthur, TMP Paris 983 ; 984, 9 août 1951 konsultiert werden. 

Siehe: Jean-Marc Dreyfus, « "10 890 tableaux, 583 sculptures, 583 tapisseries, 2 477 pièces de mobiliers anciens, 5 825 pièces de porcelaine" Le procès de l’ERR et du pillage des oeuvres d’art, Paris, 1950 », Histoire@Politique, n° 35, mai-août 2018 [en ligne, www.histoire-politique.fr].