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18/11/2021 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

Der aus Ungarn stammende Jude Étienne Donath eröffnet 1934 in Paris ein Antiquitätengeschäft. Zu Anfang der Besatzung verkauft er an deutsche Kunden – zum Beispiel an Maria Almas-Dietrich, Josef Mühlmann, Walter Bornheim oder Adolf Wüster – weil er für seine Flucht in den unbesetzten Teil Frankreichs Geld braucht.


Der am 26. August 1897 in Budapest geborene und dann ausgewanderte Jude Étienne Donath eröffnet um 1934 einen Antiquitätenhandel in seiner Vierzimmerwohnung an der Adresse 14 Rue Milton in Paris. Dort lebt er mit seiner Frau Renée (22. Juni  1903 – 14. Dezember 1972),1 einer aus Rumänien stammenden Ärztin, und mit seiner Tochter Véronique, die am 9. November 1930 in Frankreich zur Welt kam.2 Étienne Donath und Renée Tapfer hatten am 4. Januar 1930 auf dem Standesamt im 5. Pariser Arrondissement geheiratet. Der zu jenem Zeitpunkt an der Adresse 18 Rue du Cardinal-Lemoine wohnende Ehemann war zu dieser Zeit Handelsreisender.3 Die emigrierte Familie bleibt ihren osteuropäischen Wurzeln treu, da Frau Donath zwischen 1936 und 1937 drei Anzeigen inseriert, um ein österreichisches oder deutschsprachiges Au pair-Mädchen zu finden.4

Kurz nach der deutschen Besetzung wenden sich deutsche Kunden an Donath, mit denen er bereits als Vermittler zu tun hatte. Er tätigt Verkäufe an deutsche Händler, weil er für seine Flucht in unbesetztes Gebiet Geld braucht. In einer schriftlichen Erklärung an den Gerichtshof des Departement Seine, vor dem er im Jahre 1946 erscheint, erklärt er seine Lage mit folgenden Worten: „Als Israelit war ich in ständiger Gefahr. Ich hatte nur Eines im Kopf, das nötige Geld zusammenzubringen, um selbst zu flüchten und meine Frau und meine zehnjährige Tochter in Sicherheit zu bringen“.5 Die damals verkauften Werke stammen sowohl aus seinem Lagerbestand, seiner Privatsammlung als auch aus einem Konvolut von Objekten, die sein Vater und emigrierte Freunde bei ihm hinterlegt hatten.

Maria Almas-Dietrich, Josef Mühlmann, Walter Bornheim und Adolf Wüster zählen zu seinen Kunden. An Erstere verkauft er am 21. Februar 1941 ein Aquarell,6 und später drei andere Werke, darunter ein Stillleben von Jan Brueghel für eine Summe von 326.000 F7, im April 1941, sowie im gleichen Monat weitere Aquarelle, Zeichnungen und Gemälde für die Summe von 107.000 F.8 Donath steht auch in der Liste jener Händler, die Kunstwerke an deutsche Museen verkauft haben.9 Der Direktor des Kunstgewerbemuseums Düsseldorf, Hans Wilhelm Hupp, bestätigt Nadine Wüster, für Objekte aus Donaths Besitz eine Überweisung getätigt zu haben.10 Josef Mühlmann erwirbt bei ihm für das tschechoslowakische Museum in Troppau bestimmte Steingut- und Glaskunststücke. Die Liste der an Walter Bornheim veräußerten Werke befindet sich in dem von den Amerikanern erstellten Verhörprotokoll.11 Donath bestreitet hingegen, bestimmte Werke aus dieser Liste verkauft zu haben, dies betrifft insbesondere eine Wanduhr aus dem 16. Jh., die 1943 verkauft wurde – zu diesem Datum hatte er Paris bereits verlassen.12

Donath gelingt es tatsächlich, Anfang Mai 1942 aus Paris zu flüchten, indem er am Saône-Fluss in der Nähe von Chalon übersetzt.13 Zuerst sucht er in der 20 Rue du Congrès in Nizza Zuflucht, in der Stadt, in der seine Frau nach ihrer Verhaftung nur knapp der Deportation entkommt, bevor er sich dann ab September 1943 in Monaco, 21 Boulevard du Jardin-Exotique niederlässt.14 Seine Wohnung wird in seiner Abwesenheit von den Nazis geplündert, die dabei die Möbel, Arbeitsunterlagen, darunter Rechnungen, sowie einen fast 1.000 Bände umfassenden Bücherbestand mitnehmen.15 Seine nach seiner Flucht in der Wohnung verbliebene Tante wird deportiert. Am 20. Juni 1943 wird sein Geschäft infolge der erlassenen Rassengesetze von dem am 15. Mai 1941 ernannten kommissarischen Geschäftsführer M. Revillon liquidiert.16 Ein Teil seines Vermögens wird im Hôtel Drouot veräußert.17

Nach dem Krieg ermitteln das Comité de confiscation des profits illicites [Komitee für Beschlagnahmung unlauterer Gewinne] und die Commission nationale interprofessionnelle d’épuration [Nationale berufsübergreifende Säuberungskommission] im Fall Donath. Außerdem beschuldigt ihn der Cour de justice du département de la Seine [Gerichtshof des Departement Seine], die äußere Sicherheit des Landes gefährdet zu haben. Aufgrund seiner israelitischen Abstammung kann er problemlos freigesprochen werden. In einem Eintrag vom 19. Oktober 1946 erklärt Michel Martin, dass es Donath aufgrund seiner jüdischen Bindungen unmöglich war, der Besatzungsmacht gegenüber seine Handlungsfreiheit zu wahren.18 Auch das Comité de confiscation des profits illicites stellt das Verfahren gegen ihn ein.

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