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Comité ouvrier de secours immédiat (COSI) (DE)

30/11/2022 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

Das Comité ouvrier de secours immédiat (COSI) [Arbeiterkomitee der Soforthilfe] ist eine humanitäre Organisation, die während der Besatzungszeit in Paris gegründet und zu einem Instrument der Propaganda und Kollaboration wurde. Die durch das COSI ausgerichteten Auktionen stellen für einige Pariser Händler eine zweite Versorgungsstelle dar.

Das COSI: Gründung und Ziele

Das Comité ouvrier de secours immédiat (COSI), eine während der Besatzung in Paris gegründete Organisation, wurde von einigen Historikern in seiner Ambiguität als einerseits humanitäre Organisation und andererseits ideologische Stütze der kollaborationistischen Propaganda erkannt.1 Der Historiker Jean-Pierre Le Crom hat sich unlängst detailliert mit dem Ursprung, der Funktionsweise und der Rolle des COSI auseinandergesetzt.2 Gilles Morin ergänzt 2019 diese Analyse, indem er die Rolle und Praktiken der Gewerkschaft er, die für das COSI verantwortlich waren, genauer darstellt.3

Das COSI wurde wenige Tage nach dem ersten alliierten Bombenangriff auf ein großes Unternehmen in Frankreich gegründet. Die britische Luftwaffe zerstörte bei ihren Angriffen auf die Werke von Renault in Boulogne-Billancourt am 3. und 4. März 1942 Wohnhäuser, und es gab hunderte Tote, Verletzte und Betroffene unter der arbeitenden Bevölkerung. Die Initiative zu dieser „humanitären“ Gründung zur Unterstützung der Opfer ging von einer kleinen Gruppe von kollaborationistischen Gewerkschaftern aus, die den deutschen Besatzern näher standen als der Vichy-Regierung und die Arbeiterbasis der Kollaborationsparteien unterstützt.    

Den Vorschlag zur Gründung des COSI machten Charles Vioud (1893-1965), Chefredakteur der antikommunistischen und antisemitischen Broschüre Les Riches doivent payer [Die Reichen müssen zahlen], René Mesnard (1902-1945), Mitglied des von Marcel Déat gegründeten Rassemblement national populaire (RNP), sowie Jules Teulade (1890-1974), Mitglied der von Jacques Doriot gegründeten Parti populaire français (PPF) während einer Versammlung in der deutschen Botschaft.4 Das COSI wird von Ferdinand de Brinon (1885-1947), dem Generalrepräsentanten der französischen Regierung in den besetzten Gebieten, unterstützt und steht unter der Aufsicht des Vertreters der deutschen Botschaft, Rudolf Schleier (1899-1959). Bereits mit seiner Gründung positionierte sich das COSI als politisches Werkzeug mit dem Ziel, die Zerstörungen durch die Alliierten anzuprangern und die deutsch-französische Kollaboration zu stärken. Es ist ein Propaganda- und Kollaborationsinstrument, welches sich gezielt an das Arbeitermilieu richtet. Durch die Bildung von Katastrophen-Ausschüssen breitet es sich in den Provinzen aus, wodurch sein Aktionsradius und seine soziale Reichweite vergrößert werden.

Die Gelder, die es den betroffenen Familien zuteilt, die Betriebs kosten des COSI und die laufenden Kosten für seine Tätigkeiten werden durch die „Geldbuße“ in Höhe von einer Milliarde Francs finanziert, welche gegen Jüdinnen und Juden der Nordzone verhängt wurde.5 Dies ist jedoch nicht die einzige Finanzierungsquelle:

„Neben der Milliarden-Geldbuße holte das COSI auch Mobiliar aus dem durch die Deutschen beschlagnahmten Eigentum jüdischer Bürger, das an die von den Bombenschäden Betroffenen verteilt werden sollte. Dieses Mobiliar wurde in der Fabrik Rozan in Montrouge zwischengelagert. Da sich die Verteilung der Möbel als schwierig erwies, ließ das COSI sie anschließend versteigern.“6

Am 22. August 1944 wird das COSI durch eine Verordnung aufgelöst.7 Es stellt sich heraus, dass die Geschäftsführer auf großem Fuß gelebt hatten und Korruption an der Tagesordnung war. „Es ist davon auszugehen, dass mehr als die Hälfte der ihnen zur Verfügung gestellten Gelder veruntreut wurden.“ 8Bleibt nur noch, die Gelder wieder aufzufinden und die Verantwortlichen zu bestrafen. Doch keines dieser beiden Ziele wird letztlich erreicht. Im August 1944 fliehen der Präsident des COSI und seine Mitarbeiter nach Deutschland und richten das COSI in Tuttlingen ein. Die Verantwortlichen und Mitglieder des COSI werden ab September 1944 vor Gericht gestellt. Mesnard wird im März 1945 getötet, Kléber Legay9 tritt seine Nachfolge als Präsident des COSI an.    

Gilles Morin stellt fest, dass die Aufarbeitung der Vorgänge den Gewerkschaftern des COSI gegenüber wohlwollend war,10 da ihre Mitgliedschaft im COSI als zweitrangig angesehen wurde. In den Augen der Richter überwog die erfolgreiche humanitäre Tätigkeit das kollaborationistische Engagement. Morin geht davon aus, dass „bei der Befreiung das genaue Wesen des COSI nicht richtig verstanden wurde. Diese Fehleinschätzung hat dazu beigetragen, dass seine tatsächliche Rolle unterschätzt wurde, auch in der Geschichtsschreibung.“11

Das COSI und der Kunstmarkt

Die Rolle des COSI auf dem Kunstmarkt wurde von Historikern bisher nicht untersucht. Die Verkaufskataloge, die auf Antrag seines Präsidenten Mesnard 1943 entstanden, befinden sich in den Archiven der Récuperation artistique [Wiedererlangung von Kunstbesitz].1 Dank der Beharrlichkeit eines Künstlers, des Malers Francis Harburger, wurde das COSI 1948 als Akteur auf dem Kunstmarkt identifiziert.2 Das Privatarchiv Harburgers zu diesem Thema3 wird heute im Mémorial de la Shoah aufbewahrt.4 Im April 1948 wies Harburger den Anwalt Robert Kiefé sowie den Präsidenten der Commission de récupération artistique [Kommission zur Wiedererlangung von Kunstwerken], Albert Henraux, eindringlich auf die Rolle des COSI hin.

In den Jahren 1948/49 findet eine Untersuchung statt. Schon am 14. Mai 1948 informiert Kiefé5 „hochrangige Staatsanwälte.“6 Er „beabsichtigt, im Namen des CRIF den Generalanwalt einzuschalten, der für die strafrechtliche Verfolgung der wirtschaftlichen Kollaboration zuständig ist.“7 Am 15. Oktober 1948 trifft er sich mit dem Untersuchungsrichter. Henraux seinerseits befragt den Amtsschreiber [greffier], der mit den Auktionen betraut war und bittet ihn um die „Verkaufsnachweise und die Namen der Hauptkäufer.“8 Zwischen dem 2. Mai und dem 20. September 1948 folgt ein Briefwechsel zwischen den beiden Männern.9 Der Amtsschreiber schickt Henraux die Verkaufskataloge und die Namen der Käufer. Die Kataloge10 zeigen, dass zwischen Januar und Juli 1943 sieben Verkäufe von Gemälden, Stichen, Zeichnungen, Pastellen, Lithografien und Aquarellen stattfanden. Henraux gibt diese Informationen am 25. September 1948 an Raymond Lindon11 weiter, den stellvertretenden Generals taatsanwalt am Berufungsgericht Paris.12 Der Justizbeauftragte der Regierung antwortet ihm, dass in dieser Sache bereits Voruntersuchungen laufen und Ermittlungen angeordnet worden seien.

Henraux erhält folgende Informationen und Unterlagen:

- Zum Verkauf standen einzelne Kunstwerke oder Sammlungen (zwischen fünf und zehn Werke).

- Die Käufer wurden identifiziert. Einige waren bei mehreren Verkäufen anwesend.

- Unter den hunderten identifizierten Käufern sind einige vom Pariser Markt13 bekannt, wie wahrscheinlich der Galerist Louis Carré, Georges Aubry, Eugène Pouget, Paul Tulino, Jean Schmit und der Galerist Georges Terrisse, wie auch die Auktionatoren Georges Blond, Alphonse Bellier, der Kunstsammler Doktor Simon und van der Klip (?), Direktor der Galerie Berri-Raspail.14

 Die zum Verkauf angebotenen Werke, sind, wenn identifizierbar, sehr unterschiedlich. So finden sich Stiche und Aquarelle renommierter Künstler (u.a. André Lhote, Albert Lebourg, Henri Harpignies, Paul Signac, Othon Friesz, Francis Picabia), Zeichnungen bekannter Künstler (Jean-Louis Forain, Maximilien Luce, Théophile Alexandre Steinlen, François Boucher, Puvis de Chavannes, u.a.), Werke niederländischer Meister, Bilder von Ledoux, Othon Friesz, Charles Kvapil, Léon Zack, André Favory, Théodore Rousseau, Luce, Armand Guillaumin, Harpignies, Félix Ziem.

- Die Preise variieren zwischen 100 bis 62.000 F.

Tätigkeiten, die durch die Nachforschungen eines Künstlers aufgedeckt wurden

Francis Harburger (1905-1998) wurde in Paris selbst Opfer des Kunstraubs.1 Seine Objekte befanden sich an zwei unterschiedlichen Orten und gerieten wahrscheinlich in zwei unterschiedliche Vertriebswege:

- 1940 hatte er etwa 15 Gemälde (eigene Werke und solche aus seiner Sammlung) Tresorraum der Alliance israélite universelle (AIU) in der 45 Rue La Bruyère, eingelagert.2 Diese wurden Anfang August 1940 beschlagnahmt und durch den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) nach Deutschland versendet.3

Sein Atelier und seine Wohnung in der 15, Rue Hégésippe-Moreau im 18. Arrondissement wu     rden Ende 1942 (oder Anfang 1943) geplündert, wahrscheinlich im Rahmen der Plünderungen der Wohnungen von Juden durch die sogenannte „Möbel-Aktion“. „Das COSI übernahm Mobiliar, das aus Beschlagnahmungen jüdischen Besitzes durch die Deutschen stammte.“4 Während Harburger bei seiner Rückkehr nach Paris 1945 seine geraubten Bilder erfolglos sucht, findet er im Februar 1948 eines seiner Werke, Les Lavandières,5 auf einem Flohmarkt in Vanves.6 Er kauft das Gemälde am Stand einer Marktverkäuferin, einer Madame Chevalier, zurück und kehrt noch mehrmals (am 13. und 14. März) nach Vanves zurück, um Genaueres über den Weg des Bildes auf diesem Markt zu erfahren. Seine Erkundigungen führen ihn nach Vanves und Sceaux.

Seine Entdeckungen hält er handschriftlich fest und gibt sie dann an den Anwalt Kiefé sowie Henraux weiter.7 Demnach traf er die Verkäufer8 auf dem Flohmarkt und außerdem am 18. und 22. März den Amtsschreiber [greffier], der die Verkäufe organisiert hatte. Er konsultierte zudem die Auktionslisten, notierte die Daten von acht Versteigerungen, stellte fest, dass sich auf den Listen Meisterwerke befanden, die als Einzelstücke oder im Konvolut verkauft wurden und stellte außerdem die Namen der Käufer fest. Er begriff, dass die Verkäufe in Sceaux für das COSI durchgeführt wurden, dessen Präsident Mesnard war.

Harburger gibt auch den Namen und Kontakt des Amtsschreibers des Rathauses von Sceaux, der diese Verkäufe durchgeführt hatte, an Henraux weiter.9 Auf der Grundlage dieser Nachforschungen befragt Henraux den      Amtsschreiber, sammelt die Verkaufskataloge ein und informiert den Gerichtshof, der in dem Fall bereits ermittelt hat, von dem jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt ist, ob er eingestellt wurde oder zu einem Urteil geführt hat. Aufgrund des bisherigen Forschungsstandes ist davon auszugehen, dass Francis Harburger 1948 die Provenienzuntersuchung abgeschlossen hatte. Er hatte mafiöse und kollaborationistische Vertriebskanäle für den Verkauf von Kunstwerken identifiziert, der auf einem Parallelmarkt zum offiziellen Markt der Auktionshäuser stattfand. Dieser Markt war einigen Marktteilnehmern, Galeristen und Sammlern bekannt und wurde auch von ihnen frequentiert.

Schlussbetrachtung

Mehrere Fragen bleiben bis heute unbeantwortet und vertiefende Nachforschungen wären an mehreren Stellen nötig. Es bleibt herauszufinden, ob die Verkäufe im Jahr 1943 Ausnahmen darstellten oder ob es weitere Kunstverkäufe im Auftrag des COSI gab. Nach derzeitigem Forschungsstand ist nicht bekannt, ob die Verkaufspreise der Werke den Marktwerten entsprachen oder nicht. Obwohl ab 1942 einzelne Kunstwerke oder wertvolle Kulturgüter, die von der Dienststelle Westen im Rahmen der „Möbel-Aktion“ gesammelt wurden, an den ERR übergeben wurden, der seinerseits für den „Transfer“ dieser besonderen Art von Beutegut zuständig blieb, stellt sich die Frage, welche Verbindungen zwischen dem COSI und dem ERR bestanden und welche Kenntnisse die deutschen Behörden von diesen Aktivitäten hatten.1 Die Ergebnisse der gerichtlichen Untersuchung von 1948 müssen ebenfalls gefunden werden. Schließlich erweisen sich die Verkaufskataloge als eine sehr ergiebige Quelle für die Provenienzforschung.