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02/12/2021 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

Louis Carré ist Gutachter und Fürsprecher für außereuropäische Kunst und Künstler seiner Zeit. Weil er sich während der Besatzungszeit bereichert und ein Geschäft mit Walter Hofer abgeschlossen hat, wird er nach dem Krieg steuerrechtlich und strafrechtlich belangt. Die gegen ihn eingeleiteten Verfahren wegen Kollaboration werden jedoch bald eingestellt und so kann der Galerist seinen guten Ruf nach dem Krieg wahren.

Ein Experte für „primitive Kunst“

Der ausgebildete Jurist Louis Carré verließ 1923 die Anwaltskammer Rennes, um sich dem Handel mit Kunstgegenständen zu widmen. Er übernahm zunächst das Geschäft seines Vaters, der Antiquitätenhändler in Rennes war und ließ sich dann in Paris an der Rue du Faubourg-Saint-Honoré nieder.1 1918, im Alter von 21 Jahren, hatte er beide Eltern verloren; 1923 heiratete er Jeanne Maury, mit der er im selben Jahr eine Tochter, Colette, bekam.2 Fortan verkaufte er Antiquitäten, seine ersten Ausstellungen waren der Goldschmiedekunst gewidmet. Als Verleger von Kunstbüchern verfasste er zwei Standardwerke auf diesem Gebiet, für das er einschlägiger Experte wurde.3 Im Jahr 1929 reiste er zum ersten Mal in die USA, wo sich sein Interesse für außereuropäische Kunst noch verstärkte.4

So wandte er sich 1930 der sogenannten primitiven Kunst - das heißt hauptsächlich der traditionellen afrikanischen, ozeanischen und nordamerikanisch-indianischen Kunst - zu und gründete gemeinsam mit Paul Rivet (1876-1958), Théodore Monod (1902-2000), Michel Leiris (1901-1990) und Charles Ratton (1895-1986) die Société des africanistes [französische Gesellschaft der Afrikaforscher]. Nach Auflösung seines Geschäfts an der Rue du Faubourg-Saint-Honoré zog er an die 2 bis Villa Guibert (im 16. Pariser Arrondissement) und wurde Geschäftspartner von Ratton, dem Sammler und auf dem Markt für den Verkauf von außereuropäischen Sammlungen anerkannten Händler. Er kaufte und verkaufte damals meist bei Christie‘s in London. Diese berufliche Neuausrichtung entsprach auch einem privaten Wendepunkt, denn 1933 verstarb unerwartet seine Frau.5

Mit Ratton als Gutachter und Alphonse Bellier als Auktionator organisierte Carré, in der Funktion des Gutachters für die französischen Zollbehörden, im Hôtel Drouot den Verkauf großer Sammlungen von sogenannter primitiver Kunst, insbesondere der Sammlungen Georges de Miré und Breton-Éluard.6 Louis Carrés Bronzearbeiten aus Benin wurden 1932 im Musée d’Ethnographie du Trocadéro bei der Ausstellung „Bronzes et ivoires du royaume du Bénin“ (~ Bronze- und Elfenbeinkunst aus dem Königreich Benin), 1933 in den Lefevre Galleries in London und schließlich in den USA bei der Ausstellung „African Negro Art“ im New Yorker Museum of Modern Art und anschließend unter dem Titel „The Art of the Kingdom of Benin“ in der Knoedler Gallery sowie in der Valentine Gallery präsentiert, wo er 1935 die Schau „Comparative Primitive Sculpture“ zeigte.7 Carré stellte der US-amerikanischen Öffentlichkeit mit den Ausstellungen „Georges de La Tour et les frères Le Nain“ 1936 in der Knoedler Gallery in New York wie auch 1937 mit „Toulouse-Lautrec“ zudem das Neueste aus Frankreich vor, wobei er die Ausstellungskataloge selbst herausgab.8

Zur gleichen Zeit entdeckte Louis Carré zusammen mit dem Archäologen Jean Charbonneaux (1895-1969) auf einer Griechenland-Reise die archaische Plastik für sich. Er ließ Gipsformen der Skulpturen im Akropolismuseum anfertigen, die er 1934 bei der Ausstellung „Sculptures archaïques du musée de l’Acropole d’Athènes“ in seiner Pariser Galerie zeigte. Bei dieser Gelegenheit lernte er Le Corbusier kennen, der ihm anbot, ein soeben von ihm gebautes Haus an Adresse 24 Rue Nungesser-et-Coli in der Pariser Vorstadt Boulogne zu beziehen. Mit Le Corbusier zusammen richtete Carré 1935 eine Ausstellung aus, „Les arts primitifs dans la maison d’aujourd’hui“, bei der in Le Corbusiers Atelier, dem „Glashaus“, Gemälde des Architekten und Gemälde von Fernand Léger, eine Plastik von Henri Laurens und Kunstgegenstände aus Afrika, Ozeanien und der nordamerikanischen Indianer zu sehen waren.9 Der Umgang mit Le Corbusier, der sich zu einer Freundschaft entwickelte, war zweifelsohne ausschlaggebend für Louis Carrés Neuorientierung hin zu zeitgenössischer Kunst in den Jahren 1937-1938.

Hinwendung zur zeitgenössischen Kunst und Rivalität mit Fabiani

Parallel dazu machte Carré die Bekanntschaft von Roland Balaÿ (1902-2004), dem Enkel von Michael Knoedler (1823-1878) und Neffen von Roland Knoedler (1856-1932), die respektive Gründer und Direktor der Galerie Knoedler & Co. in New York gewesen waren.1 Carré hatte 1935 in den USA mit dieser und der Valentine Gallery zusammengearbeitet. Von seinen Verkäufen sogenannter primitiver Kunst in den Vereinigten Staaten enttäuscht wandte er sich nun der zeitgenössischen Kunst zu. Zusammen mit Balaÿ gründete er am 29. Januar 1938 eine Galerie in Paris, 10 Avenue de Messine. Sie trug den Namen „Galerie Roland Balaÿ & Louis Carré“. Carré kaufte mehrere Gemälde von Daniel-Henry Kahnweiler und Léonce Rosenberg und eröffnete die Galerie mit einer Ausstellung mit Malerei von Paul Klee, Juan Gris und Le Corbusier; seine Tätigkeit als Kunstbuch-Verleger setzte er dabei fort.2 Außerdem erwarb er im Jahr 1939 Gemälde von La Fresnaye und Gris auf gemeinsame Rechnung mit J. Seligmann & Co. in New York.3

Zum Zeitpunkt der Kriegserklärung war Carré gerade mit den Vorbereitungen für die Eröffnung einer Galerie in New York beschäftigt, die entsprechenden Geschäfte vor Ort hatte er seiner Sekretärin Miss Miriam S. Bunim anvertraut.4 Sein Traum war, von nun an in Europa und den USA gleichzeitig Karriere zu machen. Carré unterhielt zwischen September 1939 und Mai 1941 eine regelmäßige Korrespondenz mit Miss Bunim und der Galerist versuchte, Verbindungen zum Kunsthändler J. B. [Jsrael Ber] Neumann (1887-1960) zu knüpfen.5 Als er im September in Montpellier zum Kriegsdienst eingezogen wurde, sah sich Carré jedoch gezwungen, seine Berufstätigkeit zu reduzieren und sein Vorhaben einer Niederlassung in den USA aufzugeben.6 Sobald er nach der französischen Niederlage aus dem Militärdienst entlassen wurde, kehrte er, im September 1940, nach Paris zurück.

Dort bemühte er sich darum, die Interessen der an der 26 Rue Matignon ansässigen Galerie A. Weill zu vertreten, indem er André Weill, der vor der Ankunft der Deutschen aus Paris geflohen war, anbot, seine Galerie und seine Lagerbestände zu betreuen:

„Meine Absicht wäre, klassische Ausstellungen zeitgenössischer französischer Maler zu machen. Ich könnte Sie auch für den Verkauf von Gemälden vertreten, die sie an der Avenue Matignon auf Lager haben. Ansonsten käme ich bis zu Ihrer Rückkehr für die Unternehmenskosten auf.“7

Der von den judenfeindlichen Gesetzen des Vichy-Regimes bedrohte Weill kam nicht nach Paris zurück, so dass Carré folglich im Frühjahr versuchte, den Geschäftsfonds aufzukaufen, wie ein Schreiben des Anwalts Maurice Fockenberghe nahelegt, der ihn im April 1941 aufforderte, ein höheres Angebot vorzulegen.8 Doch Martin Fabiani ist derjenige, der am 16. Dezember 1941 die Räume der Galerie A. Weill erwirbt, die seit dem 20. Dezember 1940 einem „Arisierungsverfahren“ unterworfen ist; er soll im Juli 1941 Weills Zustimmung  erhalten haben, der hoffte, auf diese Weise seinen Besitz am Ende des Krieges zurückerhalten zu können.9 Danach wurden 15 Gemälde und Zeichnungen sowie 52 Rahmen aus dem Lagerbestand der Galerie A. Weill der Forderung des kommissarischen Geschäftsführers André-Louis Mestrallet (1874-1968) entsprechend im Hôtel Drouot durch den Auktionator Alphonse Bellier und den Gutachter Jules Mathay verkauft, die am 13. Mai 1942 mit der Liquidierung sogenannter israelitischer Vermögen beauftragt wurden.10 Diese Angelegenheit erklärt zum Teil die zwischen Fabiani und Carré bestehende Rivalität und Feindschaft während der Besatzungszeit.

Unterdessen hatte Carré im Dezember 1940 mit Balaÿ vereinbart, dass er die Galerie Roland Balaÿ & Louis Carré übernehmen würde; er erhielt einen Passierschein.11 Die unter dem Namen Louis Carré im Januar 1941 wiedereröffnete Galerie erlebte während des Zweiten Weltkriegs einen fulminanten Aufstieg, da Carré als Fürsprecher zeitgenössischer französischer Künstler auftrat. Er war damals einer der Händler für Georges Rouault und reiste regelmäßig zu Henri Matisse in die nicht besetzte Zone Frankreichs. Dieser schreibt im September 1941 dementsprechend: „Carré kommt allmonatlich aus Paris, schaut bei Maillol in Banyuls vorbei, übernachtet nicht bei ihm, fährt zu Dufy nach Perpignan, nach Cannes zu Bonnard und kommt mich besuchen.“12 Ein weiteres Mal muss Carré jedoch zusehen, wie ihm Fabiani zuvorkommt, dem es im August 1941 gelingt, einen Vertrag mit Matisse abzuschließen.13

Den vom fünften Büro des französischen Kriegsministeriums gelieferten Informationen zufolge soll Carré um die Gunst Werner Langes gebuhlt haben, einem frankophilen und kultivierten Offizier der Propagandastaffel, und „stritt sich beim Abendessen“ um ihn mit Fabiani: „Carré zeigte sich zweifellos ungezwungener in Gesellschaft der Deutschen, um sich mit ihnen zu Maillol, Bonnard und Dufy zu begeben. Man sah ihn oft mit Dr. Lange bei diesen Künstlern ein- und ausgehen.“14 Dieser Beauftragte für Kunst- und Kulturpropaganda erwähnt in seinen Memoiren ihm Übrigen diese Aufenthalte im unbesetzten Frankreich, um beispielsweise Maillol davon zu überzeugen, sich an Ausstellungsvorhaben zu beteiligen, wie etwa der Arno Breker Schau vom 15. Mai bis 15. Juli 1942 in der Orangerie der Tuilerien, den Namen Carrés nennt er allerdings dabei nicht.15

Im Laufe der Jahres 1941 organisierte Carré acht Ausstellungen an der Avenue de Messine, es folgten 1942 sechs, 1943 sechs und 1944 vier weitere Ausstellungen. Er wechselte ab zwischen etablierten, anerkannten Künstlern wie Maurice Denis, Raoul Dufy, Aristide Maillol, Charles Camoin und Matisse und jungen französischen Künstlern, deren Preise am Markt noch erschwinglicher waren, wie Maurice Brianchon und André Marchand.16 Im April und Mai 1942 gelang es ihm, eine Ausstellung mit zehn jüngst erworbenen Werken von Georges Rouault auszurichten, einem Künstler, dessen Arbeiten in der damaligen Zeit selten und sehr gefragt waren, da Fabiani nach dem Tod Ambroise Vollards mehrere Tausend seiner Gemälde erworben hatte und sich die exklusive Vertretung des Künstlers hatte zusichern lassen. Im Jahr 1945 präsentierte Carré außerdem Fernand Léger und Pablo Picasso, ein lange gehegtes Vorhaben, das unter der deutschen Besatzung der Zensur zum Opfer gefallen war.17 Im Gegensatz zu Fabiani setzte Carré also auf ein intensives Ausstellungsprogramm und die aktive Förderung zeitgenössischer Künstler.

Matisse bewertete die Ausstellungseröffnungen bei Carré ironisch als „Ausstellungen mit Tamtam“ und „großem Halligalli“.18 Seinem Sohn Pierre, der die Galerie Pierre Matisse in New York führte, vertraute er an, dass er den Händler nicht besonders mochte: „ich habe Carré wie Du beurteilt – Du verstehst sicher, was ich meine - … dass er der Sohn eines Antiquitätenhändlers aus Quimper oder Rennes ist und in dieser Stadt Anwalt gewesen ist. Er arbeitet nicht mehr mit Ratton zusammen – sondern auf eigene Faust. Er ist s… und ein wenig geheimniskrämerisch – sein mangelnder Charakter und seine grundsätzliche Unfähigkeit.“19  Der eklektische Geschmack des Galeristen, sein oft hektisches und überstürztes Verhalten, wie auch sein nervöser Charakter, kamen nicht bei allen zeitgenössischen Künstlern gut an.

Im Gegensatz dazu erinnerte sich Maillols Muse und Lebensgefährtin Dina Vierny lebhaft an die gemeinsamen Momente im Süden in seiner Gesellschaft und die geselligen Abende in der Pariser Galerie, bei denen sie André Lanskoy und Nicolas de Staël begegnete und Russisch mit ihnen sprach: „Während des Krieges war seine Galerie der einzige Ort, an dem es zu essen und zu trinken gab, und das nicht nur bei den Eröffnungen. […] wir litten damals wirklich Hunger in der Besatzungszeit, und ein Glas Rotwein war ein Geschenk des Himmels.“20 Sie fügte hinzu: „Er war ein außergewöhnlicher Mann, der während des Krieges wirklich viel für die Kunst getan hat und sie ermutigte.“21

Der Erfolg der Galerie Louis Carré auf dem Kunstmarkt während des Zweiten Weltkriegs und bei der Befreiung Frankreichs lag im Wesentlichen an dem Umstand, dass Carré sich die alleinige Vertretung und das gesamte Schaffen der unter seinem Schutz stehenden Künstler sicherte. So kaufte er 1942 alle Arbeiten aus Jacques Villons Atelier an.22 Das Gleiche tat er mit der gesamten Produktion einzelner französischer Künstler der damaligen Zeit, wie Maurice Estève, Jean Bazaine und Charles Lapicque, was ihm 1945 von dem Kunstkritiker und Kunsthistoriker Michel Florisoone vorgeworfen wurde, den er - wie Georges Wildenstein - verklagte, weil er einen diffamierenden Artikel veröffentlicht hatte.23 Als Vertrauter Bonnards verkaufte er, sobald die Kriegshandlungen vorbei waren, zudem die Werke aus dessen Atelier in den USA.24

Ermittlungen der Nachkriegszeit

Nach 1945 wurde Carré aufgrund des während des Kriegs erworbenen Reichtums zweimal vor das Comité de confiscation des profits illicites [Komitee für die Beschlagnahmung unlauterer Gewinne] geladen; einmal im Namen der Firma Balaÿ & Carré und das andere Mal für die Galerie Louis Carré. Da die Firma Balaÿ & Carré aufgrund der Einziehung der Geschäftspartner zum Kriegsdienst seit September 1939 keinerlei Geschäftsaktivität gekannt hatte und am 31. Dezember 1940 rückwirkend zum 1. Januar des Jahres aufgelöst worden war, wurden die Ermittlungen gegen diese Firma wegen unlauterer Gewinne unverzüglich eingestellt.

Die US-amerikanischen Geheimdienste, die für die mit den Ermittlungen der geraubten Güter zuständigen Dienststellen der Alliierten zusammenarbeiteten, verdächtigten Carré darüber hinaus, über Walter Hofer Kunstwerke an Göring verkauft zu haben. Carré soll Hofer durch die Vermittlung von Santo Bey de Semo getroffen haben; bestimmte Werke aus der Sammlung Alphonse Kann sollen denselben Quellen zufolge während der Besatzung in seiner Galerie gesehen worden sein.1 Letzten Endes wird ihm ein einziger Verkauf an den Feind zur Last gelegt, und zwar die Kopie eines Gemäldes von Georges de La Tour, Le souffleur à la pipe (~ Mann mit Kerze und Pfeife), das im Januar 1941 für 84.000 F an Hofer verkauft wurde und Ende des Jahres in Görings Sammlung in Carinhall einging.2 Das Komitee beschlagnahmte diese unlauteren Gewinne und der Fall Louis Carré wurde alsbald einer klassischen Steuerprüfung unterzogen, um auch die lauteren Gewinne zu überprüfen.

Von der Adresse 58 Rue de Vaugirard aus verkaufte Balaÿ seinerseits, vermutlich 1941, dem Folkwang Museum Essen eine Skulptur von Maillol für 250.000 F.3 Im Juni 1942 erwarb zudem Franz Rademacher ein Gemälde holländischer Schule von Balaÿ.4 Louis Carré unterhielt indessen keinerlei geschäftliche Verbindung mehr zu seinem ehemaligen Geschäftspartner. Das von der Commission nationale interprofessionnelle d’épuration [Nationale berufsübergreifende Säuberungskommission] eingeleitete und entsprechend nicht zu rechtfertigende Ermittlungsverfahren wurde bedingungslos eingestellt.5

Dennoch bestanden weiterhin Zweifel an den von der Galerie während der Besatzungszeit durchgeführten An- und Verkäufen. Kritik und Anschuldigungen werden daher bei der Befreiung Frankreichs von aus dem Exil nach Frankreich zurückgekehrten Sammlern und Händlern wie Robert Lebel und Paul Rosenberg laut. So warf Lebel am 6. August 1945 Carré vor, ein Gemälde von Mathieu Le Nain, „La jeune Maîtresse de danse“ [~ Die junge Tanzlehrerin], verkauft zu haben, das sie beide jeweils zur Hälfte besaßen. Tatsächlich hatte Alphonse Bellier ihm gerade 50.000 F überwiesen, die er von Carré am 7. Januar 1941 erhalten hatte. Lebel schätzte den Wert von Le Nains Gemälde 1941 jedoch höher ein: „Sie hatten überhaupt kein Recht, dieses Gemälde zum Spottpreis zu verhökern, unter unserem Ankaufspreis, ohne das mit mir abgesprochen zu haben.“6

Paul Rosenberg erklärt der Commission de récupération artistique [Kommission für die Wiedererlangung von Kunstbesitz] am 17. Februar 1945:

„Als ich bei L. Carré zur Eröffnung der Leger-Ausstellung war, habe ich mindestens zwei Drittel der Exponate als die Bilder wiedererkannt, die mir vor dem Krieg gehört hatten, die Nummer eins allerdings nicht. Dieses Werk stammt aus der Kahnweiler-Auktion von 1921 (beschlagnahmter deutscher Besitz), bei der ich Gutachter war. Seit diesem Zeitpunkt habe ich es aus den Augen verloren. Ich weiß nicht, von wem L. Carré es gekauft hat.“7

Louis Carré bestritt vor der Commission de récupération artistique, Raubgut gekauft zu haben. „Man wirft mir vor, während des Krieges mit gestohlenen Kunstwerken gehandelt zu haben. Diese Unterstellung widerspricht der Wahrheit.“8

Bestätigter Erfolg der Nachkriegszeit

In der Nachkriegszeit bestätigten sich Carrés Berufung zum Experten für zeitgenössische Kunst und sein Erfolg auf dem Kunstmarkt. Im Jahr 1948 wurde unter seinem Vorsitz das Comité professionnel des galeries d’art [Fachrat der Kunstgalerien] als Interessensvertretung des Kunsthandels und zur internationalen Vermarktung französischer Kunst gegründet. Er stellte an der Avenue Messine Picasso, Calder und Léger aus und eröffnete eine Galeriefiliale in den USA. Als Direktor der Louis Carré Art Gallery in New York von 1948 bis 1952 war er ständig auf der Suche nach Nachwuchstalenten – wie Jean Bazaine, Maurice Estève, Charles Lapicque, Marcel Gromaire, André Lanskoy und Jacques Villon – die er auf dem internationalen Kunstmarkt bekannt machte. Carrés Leidenschaft für zeitgenössische Kunst fand ihren Höhepunkt in den Jahren von 1957 bis 1960 mit dem Bau des „Maison Carré“ in Bazoches-sur-Guyonne (Yvelines) durch den finnischen Architekten Alvar Aalto (1898-1976). Carré lebte damals mit Olga Burel (1910-2002) zusammen, der früheren Lebensgefährtin von Robert Azarias, dem 1946 verstorbenen Widerstandskämpfer, Sammler und ehemaligem Kunden Carrés. 1954 wird Carré zunächst Ritter und 1964 dann Offizier der französischen Ehrenlegion.1

Ab 1966 wird die Galerie nicht mehr aktiv betrieben. Bei Carrés Tod im Jahre 1977 erbt seine Frau eine umfassende Kunstsammlung, von der ein Teil 1978 verkauft wird.2 Die Sammlung Carré wird später, bei Olgas Tod aufgelöst, insbesondere 2002 bei der Versteigerung des Nachlasses von Olga Carré im Hôtel Dassault, bei der mehrere Werke von Bonnard, Dufy, Maillol, Léger, Laurens, Villon, Lapicque, Estève, Lanskoy und Herbin verkauft werden.3 Die Galerie Louis Carré wird von Patrick Bongers, dem Enkel des Gründers, weitergeführt und neu ausgerichtet. Geer van Velde, Étienne Hajdu, Serge Poliakoff, Gaston Chaissac, Pol Bury und Olivier Debré kommen zu den von der Galerie vertretenen Künstlern hinzu.

Im Jahr 1987 orientiert sich die Galerie noch stärker zeitgenössisch aus, mit Ausstellungen von Eduardo Arroyo, BP, Mark Brusse, Henri Cueco, Hervé Di Rosa, Erró, Jean-Jacques Lebel und Hervé Télémaque. Von 2005 an nimmt die Galerie auch außerhalb Frankreichs lebende und arbeitende Künstler wie Kcho, einen jungen kubanischen Künstler aus Havanna oder Thomas Huber, einen in Deutschland lebenden Schweizer Künstler auf.4