Aller au contenu principal
Lien copié
Le lien a été copié dans votre presse-papier
24/11/2021 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

Der Kürschner Ignacy Rosner zählte bis zu seiner Flucht nach Nizza zu jenen Zwischenhändlern, die neben Gustav Rochlitz in größtem Maße am Handel mit beschlagnahmten Kunstwerken beteiligt waren. Er wurde 1944 deportiert und in Auschwitz ermordet und konnte sich somit im Rahmen des Rochlitz-Prozesses nicht mehr persönlich verteidigen.

Ein bedrohter und deportierter Kürschner

Der am 21. März 1889 als Sohn des Ehepaars Acher und Goldskisnosna Féla im polnischen Zagórze geborene Ignacy Izaak Rosner lebte im 14. Pariser Arrondissement, 16 Rue Thibaud.1 Im Polizeiregister wurde er als Kürschner geführt, seine Firma ging 1927 in Konkurs.2 Er war polnischer Herkunft und erhielt 1930 die französische Staatsbürgerschaft.3 Er hatte einen Bruder, gleichfalls Kürschner, der an der Pariser Adresse 48 Rue du Colisée niedergelassen war, und einen Schwager namens Wiener, der im 8. Arrondissement, 29 Rue de Penthièvre wohnte.4 Er selbst lebte von 1937 bis 1940, also in der Zeit, bevor er untertauchte, in einem möblierten Hotelzimmer im 14. Arrondissement, 155 Avenue du Maine.5

Zu Beginn der Besatzungszeit versteckte er sich wegen seiner „israelitischen Herkunft“ bei einer Freundin, der Schneiderin Hélène Hascoët, die im 7. Arrondissement, 23 bis Boulevard Raspail, wohnte. 1942 wurde sie von den deutschen Besatzern deportiert.6 Daraufhin verließ er Paris und begab sich nach Südfrankreich, in die unbesetzte Zone. Am 25. August 1942 forderte die Präfektur des Departement Saône-et-Loire seine Unterlagen bei der Polizeipräfektur an, um seine Situation als Ausländer zu legalisieren. In der Folge wurde er in der Gegend von Nizza gesehen.7

Vermutlich im Februar 1944 verhaftet, - seine Adresse lautete zu diesem Zeitpunkt Nice Palace -, wurde er in Drancy interniert und am 7. März 1944 mit dem Konvoi Nr. 69 (Drancy-Auschwitz) nach Osteuropa deportiert.8 Die Mehrzahl der mit diesem Konvoi Deportierten wurden bei ihrer Ankunft am 10. März 1944 in Auschwitz ermordet. Somit ist es wahrscheinlich, dass auch er, im Alter von 55 Jahren, zu diesem Zeitpunkt gestorben ist.

Die Kontakte zu Pétridès und Rochlitz

Um seine Flucht nach Nizza zu finanzieren, betätigte sich Rosner zwischen 1940 und 1942 auf dem Pariser Kunstmarkt als Zwischenhändler für Kunstwerke und stand daher mit dem Maler Lucien Adrion, mit dem Kunsthändler Paul Pétridès und seiner Frau Odette Bosc sowie mit Gustav Rochlitz in Verbindung. Da er sowohl mit Rochlitz als auch mit Pétridès befreundet war, machte er es möglich, dass sich die beiden zu Beginn der Besatzungszeit kennenlernten.1 Die Quellen, in denen Rosner erwähnt wird, beschränken sich auf die Verhöre der genannten Personen im Laufe der Prozesse und Ermittlungen nach dem Krieg, da ja von Rosner keinerlei persönliche Aussage mehr eingeholt werden konnte.

Ende 1940 bzw. Anfang 1941 war er am Verkauf eines Rembrandt zugeschriebenen Werkes, Portrait du père [~ Porträt seines Vaters] beteiligt. Er hatte erfahren, dass die Schneiderin Mademoiselle Beauperthuis mit Antiquitäten handelte. Er begab sich mit Adrion zu ihr, wo ihm das Gemälde auffiel, das er dann mitnehmen konnte. Beauperthuis‘ Aussagen zufolge kam Rosner anschließend mit Pétridès‘ Frau, Odette Bosc, wieder, die das Gemälde zum Preis von 590.000 F kaufte. Bei seinem Verhör sagte Adrion aus, dass er sich nicht mehr an den Betrag der Kommission erinnere, die Rosner, Pétridès und er selbst jeweils für dieses im Auftrag von Bernhard A. Böhmer erworbene Gemälde erhalten hätten.2

Ignacy Rosner trat auch mit dem Kunsthändler Gustav Rochlitz in Verbindung, den er schon aus der Zeit vor dem Krieg kannte. Letzterer erhielt in den Jahren 1941 und 1942 ungefähr 80 moderne Gemälde aus den vom Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) eingezogenen jüdischen Sammlungen, im Tausch gegen 30 Gemälde alter Meister. Rochlitz erwähnte unter den Pariser Kunsthändlern, an die er Werke aus dem Jeu de Paume verkaufte, den Namen Isidore Rosner, wohnhaft 230 Boulevard Raspail, der bei ihm elf hochwertige Gemälde erworben habe: „7 Matisse, 1 Braque, 1 Sisley, 1 Picasso und 1 Gauguin“.3

Seinen eigenen Aussage zufolge verkaufte somit Rochlitz an Rosner Picassos Abstraction in der Folge des am 17. März 1941 gemachten Tausches mit dem ERR, Gauguins Paysage [⁓ Landschaft] für 40.000 F nach dem Tausch mit dem ERR am 25. März 1941, des Weiteren drei Matisse – Paysage, Intérieur, Personnage à une table [⁓ Landschaft, Interieur, Person am Tisch sitzend] – für 100.000 F nach dem Tausch vom 5. Mai 1941, Sisleys Scène de rivière [⁓ Szene am Fluss] für 100.000 F und Braques Nature morte [Stillleben] für 30.000 F nach dem Tausch vom 9. Juli 1941, ein Werk von Matisse, Portrait de femme [⁓ Frauenporträt] nach dem Tausch vom 9. Dezember 1941, Femme en veste rouge [⁓ Frau mit roter Jacke] von Matisse nach dem  Tausch am 10. März 1942 und zuletzt La femme en blouse blanche [⁓ Die rumänische Bluse] und La femme allongée avec nature morte [⁓ Liegende Frau mit Stillleben] aus dem Jahr 1937 von Matisse, in der Folge des Tausches vom 21. Mai 1942.4

Der Verkauf der geraubten Werke

In der Folge versuchte Rosner, Kunden für diese Gemälde aus geraubten Sammlungen zu interessieren, die Rochlitz, wahrscheinlich aber auch andere Vermittler wie etwa Bernhard Böhmer bei ihm abgegeben hatten. Er wandte sich an Händler und Galerien in Paris, darunter Martin Fabiani, Pétridès, Alfred Klein und die Galerie Renou & Colle. Außerdem schuf er Kontakte zwischen diesen verschiedenen Akteuren des Kunstmarktes während der deutschen Besatzung.

Rochlitz‘ Aussagen zufolge, die in den Unterlagen der amerikanischen Ermittler bestätigt wurden, verkaufte Rosner somit fünf Gemälde an Martin Fabiani.1 Pétridès kannte seinerseits Rosner seit siebzehn Jahren und lernte über ihn Rochlitz kennen, der ihm zwei Gemälde von Matisse zum Kauf anbot, Guitariste [⁓ Gitarrespieler] und Nature morte [⁓ Stillleben] sowie Paysage de Bretagne [⁓ Bretonische Landschaft] von Utrillo aus der Sammlung Paul Rosenberg. In der Folge dieser ersten von Rosner organisierten Begegnung mit Rochlitz erwarb Pétridès also weitere Werke aus dem Jeu de Paume.2

Maurice Renou erklärte, dass Rosner zwei Matisse an die Galerie Renou & Colle verkauft hatte: Ananas sur fond rose [⁓ Stillleben mit Ananas] sowie Dormeuse [⁓ Schlafende Frau], die Henri Matisse im Jahr 1940 gemalt hatte.3 Pierre Colle erklärte, dass diese beiden Gemälde gemeinsam mit der von Jean Metthey geführten Galerie de l’Élysée bei Herrn Rosner, Kunstmakler, erworben wurden.4 Rochlitz hatte diese Werke jedoch beim Tausch am 3. März 1941, bei dem Bernhard A. Böhmer und Zacharie Birtschansky beteiligt gewesen waren, an Wendland übergeben. Sie gehören allerdings nicht zu den von Hans Wendland in die Schweiz geschickten Werken.5 Matisse erklärte, dass bestimmte Werke der Sammlung Rosenberg im Übrigen 1942 zum Kauf standen, insbesondere Dormeuse, Ananas sur fond rose, Marguerite et fruits sur fond noir [⁓ Marguerite und Früchte auf schwarzem Hintergrund] und Pot d’étain avec citrons posés sur une table verte et noire [⁓ Zinkkanne mit Zitronen auf grünschwarzem Tisch]6. Infolgedessen hat Rosner wahrscheinlich Dormeuse und Ananas sur fond rose nach Wendland und Böhmer erworben. Alfred Kleins Aussagen zufolge soll er diese beiden Matisse vorübergehend, bis zum Verkauf an die Galerie Renou & Colle, der Galerie Klein überlassen haben.7

Zu diesem Zeitpunkt befand sich Kleins Firma in Händen der Schneiderin Berthe Casse. Rosners Aussage zufolge hätte sie für 200.000 F auch das aus der Sammlung Rosenberg stammende Gemälde von Matisse, Femme à l’ombrelle au balcon [⁓ Frau mit grünem Sonnenschirm am Balkon], an Herrn Berthet verkauft und dabei eine Umsatzprovision in der Höhe von 10.000 F bekommen.8 Herr Berthet meldete dann im März 1942 das Gemälde im Hôtel Drouot zur Versteigerung an, zog es aber wieder zurück, und in der Folge wurde die Femme à l’ombrelle au balcon von Jean Metthey, dem Gutachter dieser Auktion, Eigentümer der Galerie de l’Élysée und gleichzeitig Nachbar von Herrn Berthet, an einen Schweizer Sammler namens Bornant zu einem Preis von 400.000 F verkauft.9

Im Mai 1942 bot Rosner schließlich einem seiner Freunde, dem aus Bulgarien stammenden Maler Georges Papazoff (1894-1972), von dem er schon Werke erworben hatte, zwei Matisse zum Kauf an. Seinen Aussagen entsprechend kaufte Papazoff eines davon zu einem Preis von 200.000 F, und verkaufte es dann im Jahr 1942 für 250.000 F an die Galerie Drouant-David weiter. Da er am zweiten Gemälde selbst kein Interesse hatte, begleitete Papazoff Rosner zum Kunsthändler André Bernier, der am 16. Mai La leçon de peinture [⁓ Malunterricht] für 157.000 F kaufte, es aber siebzehn Monate später für 225.000 F an Papazoff weiterverkaufte.10

Rochlitz‘ Aussagen zufolge verkaufte Rosner ohne Schwierigkeiten vom ERR entzogene Werke aus dem Jeu de Paume:

„Diese Händler wussten, woher die Gemälde stammten, die ich ihnen verkaufte, wie übrigens alle Kenner der Malerei in Paris davon Kenntnis hatten, dass es sich um enteignete Kunstwerke handelte. Meinem Rat folgend hatte Rosner das besetzte Gebiet verlassen, wo er sich nicht wirklich in Sicherheit fühlte, und war nach Nizza geflüchtet. Anfang des Jahres 1944 habe ich zum letzten Mal von ihm gehört. Er befand sich in Nizza, war aber lungenkrank.“11

Im Mai 1945 stellte der Richter Frapier im Zuge des von der Staatsanwaltschaft des Cour de justice du département de la Seine [Gerichtshof des Departement Seine] gegen Rochlitz eingeleiteten Prozesses einen Haftbefehl gegen Rosner aus. Er wurde wie dieser wegen Gefährdung der Staatssicherheit verklagt.12 Da er unauffindbar war, konnte der Haftbefehl nicht ausgeführt werden. Beim Prozess sagten Zeugen aus, dass ihn die deutschen Besatzer deportiert hätten.13

Die einzigen, den Historikern bis dato zur Verfügung stehenden Quellen sind somit die Beschuldigungen gegen Rosner, die sich aus den indirekten Aussagen jener Akteure, die ihrerseits in den Handel mit enteigneten Kunstwerken verwickelt gewesen waren, ergeben, denn der in der Deportation ermordete Rosner konnte bei den Gerichtsverhandlungen sich selbst nicht mehr verteidigen.