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20/05/2022 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

Im Jahr 1937 hat Paul Graupe Nazideutschland verlassen und emigrierte nach Paris, wo er die Firma „Paul Graupe & Cie“ an der Adresse 16 Place Vendôme im ersten Arrondissement gründete. Zu Beginn der Besatzungszeit wurde sein Lagerbestand von Josef Angerer und dem ERR ausgeraubt und das Unternehmen von den französischen Behörden unter Zwangsverwaltung gestellt. Sein Geschäftspartner Arthur Goldschmidt hingegen tätigte weiterhin Verkaufsgeschäfte, insbesondere mit Karl Haberstock.

Ein Buch- und Kunsthändler aus Berlin im Pariser Exil

Der 1881 in Neutrebbin geborene Paul Graupe erlernte den Beruf des Antiquars bei verschiedenen angesehenen Häusern in Deutschland.1 1907 machte er sich in Berlin selbständig und brachte mit seinem ausgeprägten, auf Vielseitigkeit ausgerichteten Geschäftstalent das Unternehmen zum Blühen. Er organisierte Auktionen, zu denen begleitend elegant-nüchterne Kataloge erscheinen, die durch die typisch deutsche Gründlichkeit der Bibliografie bestechen.

Seine Tätigkeiten wurden ab 1927 dank der nunmehrigen Zusammenarbeit mit der Dresdner Galerie Hermann Ball immer umfangreicher, da er nun auch Gemälde und Kunstgegenstände verkaufte. Das internationale Ansehen der von ihm in der Bellevuestraße organisierten Auktionen und das damit einhergehende wirtschaftliche Interesse für Deutschland bewirkten, dass er zunächst trotz der ersten rassistischen Diskriminierungsmaßnahmen seinen Beruf weiterhin in Berlin ausüben konnte, und das obwohl er Jude war. Das ging soweit, dass er auch an der Liquidierung der Lagerbestände mehrerer dem „Arisierungsprozess“ unterworfener Häuser - Van Diemen, Otto Burchard, Silberberg, Flatow sowie 1935 Priemer und 1936 A.S. Drey - beteiligt war.

1937 war Paul Graupe infolge der Rassengesetze jedoch gezwungen, Deutschland zu verlassen. Er begab sich nach Frankreich, wo er bis 1939 lebte. Da zu jenem Zeitpunkt der französischen Gesetzgebung entsprechend ausländische Staatsbürger nicht das Recht haben, beruflich als Auktionator zu arbeiten, gründete Graupe am 8. Juli  1937 eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) namens „Paul Graupe & Compagnie“. Ihr Kapital in Höhe von 200.000 F wurde auf fünf Teilhabende aufgeteilt: Isidor Riemer, ein Jurist aus Zürich (220 Anteile), Paul Graupe (80 Anteile), Arthur Goldschmidt (50 Anteile), Alice Reis (25 Anteile) und Käthe Simon (25 Anteile). Drei Personen führten das Unternehmen: Paul Graupe, Arthur Goldschmidt und Alice Reis (an deren Stelle im Frühjahr 1938 Käthe Simon trat).2 Der Firmensitz lag an einer der ersten Pariser Adressen, 16 Place Vendôme, gleich gegenüber des Ritz Hotels und in der Nähe zahlreicher angesehener Galerien.

Wie sehr viele andere ins Exil gegangene Kunsthändler musste auch Graupe einen Teil seines Vermögens in Deutschland zurücklassen. Daher musste er den Verkauf von Werken aushandeln, die er gemeinsam mit anderen Kunsthändlern besaß oder manchmal als einfacher Makler auftreten. Bei seinem Aufenthalt in Paris scheint er nur wenig verkauft zu haben. Dazu zählten eine Skizze von Rubens für die Antwerpener Jesuitenkirche, Tentation du Christ [Die Versuchung Christi], die Graf Antoine Seilern im Jahre 1937 gekauft hat, sowie das Gemälde Portrait d’Armand Roulin [~ Porträt des Armand Roulin] von Van Gogh, das er zu hälftigen Anteilen zusammen mit Hans Wendland besaß und das im Herbst 1938 der niederländische Sammler Daniel van Beuningen erwarb. Graupe übernahm auch Gegenstände in Kommission aus dem Besitz von Privatsammlern, wie dem Berliner Bankier Hans Arnhold (1888-1966) oder dem Amsterdamer Sammler Fritz Gutmann (1886-1944) und engagierte sich, Käufer dafür zu finden.3

Beschlagnahmung und Verkauf der Sammlung durch Arthur Goldschmidt

Als im September 1939 der Krieg ausbrach, befand sich Paul Graupe auf der Durchreise in der Schweiz. Da Frankreich sich anschickte, auf seinem Staatsgebiet befindliche Staatsbürger aus dem Feindesland zu internieren, beschloss Graupe, nicht nach Paris zurückzukehren und so blieb er bis Ende 1940 in der Schweiz, um sich dann von dort aus über Lissabon in die USA zu begeben. Während der Besatzungszeit befand er sich also nicht in Paris.

Ende Juni 1940, kurz nachdem die Deutschen in Paris einmarschiert waren, ließ der bei der Firma Quantmeyer & Eicke Angestellte Josef Angerer die Geschäftsräume am Place Vendôme öffnen und nahm mehrere Gegenstände mit, darunter ein Gemälde von „Pleydendurf“, das Hermann Göring bekommen sollte.1 Einer der drei Geschäftsführenden des Unternehmens, der nach Cannes geflüchtete Arthur Goldschmidt, befand sich in einer heiklen Lage und musste notgedrungen einwilligen, einen Teil der von Fritz Gutmann eingelagerten Objekte Karl Haberstock zu übergeben; außerdem verkaufte er diesem Berliner Kunsthändler vier Gemälde aus dem Firmenbestand, von denen drei in das geplante Museum in Linz geschickt werden sollen. Wahrscheinlich diente das bei dieser Transaktion erhaltene Geld dazu, Arthur Goldmanns Abreise nach Kuba zu finanzieren.2

Der Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) beschlagnahmte noch weitere Werke. Am 29. Oktober 1942 raubt der ERR 23 Gemälde und Kunstgegenstände, die Graupe in einem Pariser Möbellager aufbewahren ließ. Göring bekam ein Portrait de jeune homme [~ Porträt eines jungen Mannes] von Dosso Dossi (1479-1560) sowie eine niederländische Landschaft. Drei weitere Gemälde wurden in das vom ERR im Schloss Neuschwanstein eingerichtete Depot geschickt und der Rest in das Kloster Buxheim, ein anderes Depot des ERR.3

Verkauf und Beschlagnahmung der bei Paul Graupe eingelagerten Werke – egal, ob sie ihm gehören, ob er sie auf gemeinsame Rechnung erworben hatte oder ob sie ihm von Dritten anvertraut worden waren – bezeugen, wie unterschiedlich die jeweilige Situation im besetzten Frankreich sein konnte.

Dasselbe gilt auch für die verschiedenen, gegen das Unternehmen „Paul Graupe & Compagnie“ angestrengten Verfahren. Da unter den Kapitalteilhabern deutsche Aktionäre waren, stellten die französischen Behörden die Firma im Oktober 1939 unter Zwangsverwaltung,  bis die deutschen Behörden diese am 6. August 1940 wieder aufheben ließen. Am 9. Februar 1943 wurde, diesmal auf Initiative des Commissariat général aux questions juives [Kommissariat für Judenfragen] hin, ein neuer vorläufiger Verwalter eingesetzt; die Ermittlung stockte jedoch, da sich die deutschen Militärbehörden mit Hinweis auf Graupes deutsche Staatsbürgerschaft für zuständig erklärten. Es kam allerdings nicht zur Liquidierung, weil der Schweizer Staatsbürger Isidor Riemer zu den Kapitalteilhabern zählte. Im Februar 1944 wurde ein neuer vorläufiger Verwalter, der Schweizer Buchhalter Ermenegildo Snozzi (1906-1966), als dessen Interessensvertreter eingesetzt.4

Nach seiner Rückkehr aus New York kurz nach Kriegsende ließ sich Paul Graupe in Paris nieder, um erneut einige Geschäfte zu tätigen. Im Februar 1953 starb er in Baden-Baden.

Noch zu Lebzeiten hatte er von Deutschland Entschädigungszahlungen erhalten und einige Kunstwerke wurden ihm von der französischen Commission de récupération artistique [Kommission für die Wiedererlangung von Kunstwerken] restituiert.5