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01/12/2021 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

Der ehemalige Profitennisspieler aus Deutschland, Paul Lindpaintner, lebte in der Besatzungszeit in Paris. Über die Berliner Galerie Hinrichsen stand er in direktem Kontakt zu mehreren leitenden Mitgliedern des nationalsozialistischen Regimes wie etwa Hermann Göring.

Die Galerie Hinrichsen

Paul Lindpaintner, Kavallerie-Reserveoffizier und früherer, für Deutschland angetretener Profitennisspieler (und Teilnehmer an den Olympischen Spielen in Stockholm 19121), war Amateur-Kunsthändler. US-amerikanischen Ermittlungen zufolge stammte Lindpainter (sic) aus einer aristokratischen Familie mit erlesenem Geschmack und war insbesondere in Sachen Möbeln ein Connaisseur.2 Er hatte auch den adeligen Namen seiner Mutter bekommen, de Almeida, den er entweder an seinen Familiennamen anhängte oder als Pseudonym nutzte, Pablo de Almeida.

Lindpaintner soll in den 1930er Jahren in London gewohnt haben, die Adresse ist nicht bekannt. Einem Personenregister der Stadt Den Haag entsprechend lebte er im Jahre 1924 dort mit seiner Frau Marie Wegmann und den drei Kindern in einer Villa.3 Aus denselben Unterlagen ist zu ersehen, dass die Familie im Dezember 1924 Den Haag verließ und nach San Remo in Italien umzog. Die o.g. US-amerikanischen Ermittlungen ergaben des Weiteren, dass der Kunsthändler oft zwischen der Schweiz und Deutschland hin- und herreiste. In den 1930er Jahren wird er dort Geschäftspartner von Johannes Hinrichsen, dem Leiter der in der Bellevuestraße 5 in Berlin gelegenen Galerie Hinrichsen.4

Ein von Johannes Hinrichsen und Paul Lindpaintner unterschriebener, direkt an Reichsmarschall Hermann Göring adressierter Brief derselben Galerie vom 29. Juni 1941 weist darauf hin, dass die Galerie eine Statue der Heiligen Maria Magdalena bekommen hatte.5 Lindpaintner hatte also – über die Galerie Hinrichsen – direkte geschäftliche Verbindung zu Göring, zumindest 1941.

Aus mehreren Quellen geht hervor, dass Lindpaintner in der Zeit von 1941 bis 1944 in Paris wohnte, insbesondere im Hotel Lotti, Rue de Castiglione, ganz in der Nähe der Place Vendôme. Während der deutschen Besatzung soll er der Vertreter von Possenbacher (sic) gewesen sein, einem Münchener Kunsthändler, der in direktem Kontakt zu hohen nationalsozialistischen Würdenträgern stand.6 Aus der bei den US-amerikanischen Ermittlungen nach dem Krieg erstellten Liste von Kunsthändlern ist des Weiteren zu ersehen, dass Lindpaintner anscheinend bei der Firma Jansen sechs Kunstwerke und bei Doucet Möbel gekauft hat.7

Am 3. Februar 1944 beantragte Lindpaintner seine Mitgliedschaft beim Cercle européen (Centre français de collaboration économique et culturelle européenne).8 Die Mitglieder dieser Organisation mussten eidesstattlich erklären, dass sie „nicht jüdischer Abstammung sind“, „nicht mit einer Person jüdischer Abstammung verheiratet sind“ und „in den CERCLE EUROPÉEN keine Person jüdischer Abstammung mitbringen oder einladen“.9 Seine Schirmherren waren ein gewisser Monsieur Bender und ein Monsieur Kleinschroth.10 Erst bei dem von den US-amerikanischen Ermittlern nach dem Krieg durchgeführten Verhör von Lindpaintners Sekretärin Luise Sack stellte sich heraus, was es mit der Person namens Kleinschroth auf sich hatte. Ihren Worten zufolge soll er der Tennistrainer in Hermann Görings Familie gewesen sein.11

Sonderauftrag Linz

Aus einer umfangreichen, zwischen Mai 1943 und April 1944 geführten Korrespondenz zwischen der o.g. Sekretärin der Berliner Galerie des Kunsthändlers, Frau Luise Sack, Lindpaintner selbst und verschiedenen für den Sonderauftrag Linz verantwortlichen Personen, darunter dessen Direktor Prof. Dr. Hermann Voss sowie Dr. Gottfried Reimer, geht hervor, dass Lindpaintner in Frankreich Kunstwerke erwarb, die er dem Museum in Dresden direkt für das Linzer Projekt anbot.1

In dieser Korrespondenz geht es um verschiedene Gemälde, welche die Berliner Galerie den Verantwortlichen des Sonderauftrags Linz anbot, darunter einen Joseph Vernet, „Das Gewitter“ und einen Jacob Duck, „Die Wachtstube“. Das Museum in Dresden erwarb die beiden Gemälde, letzteres davon zu einem Preis von 8.000 RM für das Linzer Projekt. Auch von einem Gemälde von Natoire ist die Rede, das Lindpaintner im Mai 1943 von seiner Galerie in Berlin aus nach Dresden geschickt hatte. Dieses Gemälde konnten die US-amerikanischen Ermittler und die Commission de récupération artistique (CRA) [Kommission für die Wiedererlangung von Kunstbesitz] nach dem Krieg zurückerlangen und nach Frankreich zurückbringen.2

In einem Briefwechsel zwischen dem Kunsthändler und dem Direktor der Gemäldegalerie in Dresden in der Zeit zwischen September 1943 und April 1944 ist die Rede von einem Gemälde von Antoine Coypel, „Rinaldo und Armida“. Lindpaintner betont, dieses aus einer Privatsammlung kommende Gemälde in Paris erworben zu haben. Er bietet es Prof. Voss direkt zum Preis von 60.000 RM an. Das Gemälde geht dann von Paris aus auf die Reise nach Berlin und wird daraufhin in Tegernsee, an Lindpaintners bayerischer Privatadresse, zwischengelagert. Anschließend lassen es die für den Sonderauftrag Linz verantwortlichen Personen nach München transportieren, um es aus Sicherheitsgründen im Führerbau unterzubringen. Nachdem es Voss höchstpersönlich in Augenschein genommen hat, verzichtet er auf den Ankauf, da  ihm seine Qualität für den Sonderauftrag Linz nicht genügt.

Daraufhin bittet die Galerie Lindpaintner darum, es ins Depot im österreichischen Ort Altaussee zu schicken. Sie weist darauf hin, dass die Galerie die Versicherungskosten übernehmen würde und dass das Gemälde im Auftrag von Johannes Hinrichsen zwischengelagert werden soll. Diese Korrespondenz liefert den eindeutigen Beweis dafür, dass Lindpaintner und sein Berliner Geschäftspartner Hinrichsen mit den Verantwortlichen des Sonderauftrags Linz in direkter Verbindung standen, und zwar bis zum Frühjahr 1944. Und sie deckt ihr Netzwerk auf und macht den Verlauf ihrer Transaktionen nachvollziehbar. Lindpaintner hielt sich die meiste Zeit in Paris auf, um Gemälde ausfindig zu machen. Daraufhin wurden die Werke in die Berliner Galerie geschickt und den Verantwortlichen des Sonderauftrags Linz angeboten. Aus der Korrespondenz geht zudem hervor, dass Lindpaintner sich zeitweise, insbesondere im September 1943, an seinem Wohnsitz in Tegernsee aufhielt.3

Einem am 24. April 1945 von London aus gesendeten Geheimbericht des USA War Crime Office (Safehaven Report) entsprechend soll Paul Lindpainter (sic) den Transport von fünf in Paris gekauften antiken Möbelstücken durch die Firma Schenker beauftragt haben.4 Die Möbel sollen am 31. März 1944 von „Baquera, Kusche y Martin“ aus per Bahn aus dem spanischen Irun abgefahren sein. Dort waren sie im Namen Lindpainter (sic) unter Angabe seiner Berliner Adresse zwischengelagert worden. Derselbe Bericht betont ein weiteres Mal, dass Lindpainter (sic) zwischen 1941 und 1944 in Paris lebte und verdächtigt wurde, im Auftrag der Firma Possenbacher (sic) (Johnstraße 45, München) gearbeitet zu haben. Nach dem Krieg ordneten die US-amerikanischen Dienststellen genauere Nachforschungen zum Fall Lindpaintner an.

Ein weiterer Bericht des MFAA5 Berlin mit Datum des 9. Januar  1948 über die Ermittlungen zu den von dem Ehepaar Luise Mayer-Fuld und „Dr. Acatiu Mayer-Fuld“ (sic) vor ihrer Flucht in die USA im Januar 1941 in Biarritz zwischengelagerten Kunstwerken gibt an, dass die Lindpaintner betreffenden Verhöre zu Kunstkäufen fortgesetzt wurden.6

Trotz zahlreicher Hinweise auf Lindpaintners Tätigkeit auf dem Kunstmarkt während der deutschen Besatzung und insbesondere auf seinen direkten Kontakt zur nationalsozialistischen Führungsriege scheint der Kunsthändler von den Alliierten nach dem Krieg nicht behelligt worden zu sein. In dem letzten bekannten, auf den 5. Mai 1950 datierten Brief behauptet der Kunsthändler, dass er sich nicht daran erinnere, an welches deutsche Museum er das Gemälde von Natoire verkauft habe.7 Er gibt an, das gesamte Archiv der Berliner Galerie sowie bestimmte Kunstwerke seien bei der Bombardierung zerstört worden. Im Absender dieses Briefes an den Direktor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen war Lindpaintners Wohnsitz in Madrid (Zurbano 22) angegeben. Der Name Lindpaintner erscheint jedoch nicht mehr im Briefkopf. In Spanien nannte er sich Pablo de Almeida.