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Der Name des Kunsthändlers Bellerophon Geladakis (1897-?) taucht im Abschlussbericht der amerikanischen Kunstoffiziere auf, wo er im Register all jener Personen genannt wird, die vermeintlich in den Kunstdiebstahl während der deutschen Besatzung von Frankreich im Zweiten Weltkrieg involviert waren.1 Obgleich die hier aufgeführten Informationen spärlich bleiben: „Geladakis, B., Paris, 1, rue Milton. Experte für Skulptur und Kunsthandwerk, u.a. Geschäfte mit Bornheim, verkaufte manchmal Kunstwerke auf Kommissionsbasis.“2 Die Einschätzung stützte sich dabei vor allem auf die Aussagen des deutschen Kunsthändlers Walter Bornheim (1888–1971), der in seinem Verhör angegeben hatte, mehrere Stücke bei Geladakis erworben zu haben.3 Einige davon waren später als Ankäufe oder Geschenke in die Sammlung von Reichsmarschall Hermann Göring (1893-1946) gelangt und nach dem Krieg beschlagnahmt worden.4

In der Nachkriegszeit sah sich Geladakis deshalb mit dem Vorwurf konfrontiert, während der Besatzung mit den Deutschen kollaboriert zu haben. Die Untersuchungsakten, die im Rahmen von französischen Ermittlungen entstanden sind, zeichnen jedoch ein anderes Bild, und zeugen somit vom ambivalenten Wert der amerikanischen Nachkriegsuntersuchungen, die bis heute eine der Hauptquellen zur Überprüfung auf den Verdacht des verfolgungsbedingten Entzugs bleiben.

Der Vorwurf der Kollaboration

Wie aus den Ermittlungen der Commission nationale interprofessionnelle d’épuration hervorgeht, wurde Bellerophon am 21. Januar 1897 in Athen als Sohn des ebenfalls als Kunsthändler tätigen Elias (oder je nach Schreibweise Elie) Geladakis geboren.1 Schon sein Vater hatte ein Geschäft in der 39, rue de Valois besessen, in dem er neben ägyptischen und byzantinischen vor allem römische sowie griechische Antiquitäten anbot. Das führt bis heute dazu, dass bei Provenienzangaben Bellerophon und Elias Geladakis regelmäßig verwechselt werden. Zwar übernahm Bellerophon zunächst das Geschäft seines Vaters, doch konnte er wohl nicht an dessen Erfolg anknüpfen, und betrieb zu Beginn der Besatzung nur noch einen Stand für Antiquitäten auf dem Marché de Saint-Ouen. Zugleich empfing er Interessenten aber auch in seiner Privatwohnung in der 1, rue Milton, die in den amerikanischen Untersuchungsakten als offizielle Geschäftsadresse angegeben ist.

Von Athen nach Paris

Wie aus den Ermittlungen der Commission nationale interprofessionnelle d’épuration [nationale berufsübergreifende Säuberungskommission] hervorgeht, wurde Bellerophon am 21. Januar 1897 in Athen als Sohn des ebenfalls als Kunsthändler tätigen Elias (oder je nach Schreibweise Elie) Geladakis geboren.1 Schon sein Vater hatte ein Geschäft in der 39, rue de Valois besessen, in dem er neben ägyptischen und byzantinischen vor allem römische sowie griechische Antiquitäten anbot. Das führt bis heute dazu, dass bei Provenienzangaben Bellerophon und Elias Geladakis regelmäßig verwechselt werden. Zwar übernahm Bellephoron zunächst das Geschäft seines Vaters, doch konnte er wohl nicht an dessen Erfolg anknüpfen, und betrieb zu Beginn der Besatzung nur noch einen Stand für Antiquitäten auf dem Marché de Saint-Ouen. Zugleich empfing er Interessenten aber auch in seiner Privatwohnung in der 1, rue Milton, die in den amerikanischen Untersuchungsakten als offizielle Geschäftsadresse angegeben ist. 

Verkäufe unter Zwang

Während Geladakis in seiner Stellungnahme offen zugibt, Objekte für 1.151.000 Francs an den deutschen Kunsthändler Bornheim veräußert zu haben, und diese Verkäufe sogar einzeln auflistet,1 bestreitet er vehement die Freiwilligkeit dieser Verkäufe: „Der einzige Grund, warum ich diesen zugestimmt habe, war, um das Leben meiner Frau zu retten.“2 Seine Sorge war durchaus begründet. Schließlich war Geladakis seit 1934 mit Aida Valdman verheiratet, die Jüdin war.3 Zwar wird er unter Berücksichtigung dieser Umstände 1947 von der Commission nationale interprofessionnelle d’épuration von dem Vorwurf der Kollaboration freigesprochen,4 jedoch wird kurze Zeit später dennoch ein Verfahren gegen ihn eingeleitet, um die Gewinne aus seinen Verkäufen an Deutsche zu konfiszieren.

Aus dieser Folgeuntersuchung des Comité de confiscation des profits illicites geht hervor, dass Geladakis Geschäft ursprünglich sogar seiner Frau gehörte, bis es Anfang 1941 aufgrund der Rassengesetze zunächst unter Zwangsverwaltung gestellt wird. Erst einige Monate später, im Juni 1941, kann das Geschäft schließlich von ihm als „arischer“ Inhaber übernommen werden.5 Allerdings war auch damit die Gefahr für das Ehepaar keinesfalls gebannt. So führte die Gestapo im Februar 1944 in ihrer Privatwohnung eine Razzia durch, bei der die dort verbliebenen Kunstobjekte beschlagnahmt wurden.6 Aida Valdman rettete ihr Leben wohl nur durch die sofortige Flucht aus Paris und versteckte sich bis zum Ende der Besatzung mit ihrem Ehemann in der Region Ariège.7 Obwohl das Comité de confiscation des profits illicites volle Kenntnis dieser Umstände hatte und dem Paar alleine durch die Beschlagnahmung ein Schaden von rund 600.000 Francs entstanden war, wurde Bellerophon Geladakis 1948 zu einer Strafe von 230.000 Francs für den illegalen Handel mit Deutschen verurteilt.8 Da er das Geschäft sofort nach dem Krieg wieder seiner Frau zurücküberschrieben hatte, wurde Aida Geladakis zudem ausdrücklich mit in die Pflicht genommen, um die notwendige Summe aufzubringen.9

Wie im Rahmen des Forschungsprojekts zu den „Erwerbungen der Staatlichen Museen zu Berlin auf dem Pariser Kunstmarkt während der Besatzung 1940-1944“ an der Technischen Universität Berlin nachgewiesen werden konnte, veräußerte Geladakis mindestens ein weiteres Objekt an die deutschen Besatzer. So nutzte der Direktor der Ägyptischen Abteilung der Staatlichen Museen Berlin, Günther Roeder (1881-1966), seine Reisen im Auftrag der Luftwaffe, um zahlreiche Objekte für seine Sammlung in Frankreich zu kaufen.10 Darunter ein ägyptischer Tiersarg mit drei Ichneumons aus der Spätzeit (ÄM 24008), den Roeder im November 1941 mit Hilfe des deutschen Kunsthändlers Adolf Wüster (1888-1972)11 für 4.000 Francs bei Geladakis erwarb. Da sich das Objekt noch heute in der Sammlung befindet, wurden im Forschungsprojekt auch erstmals detailliert die Verhältnisse des Ehepaars Geladakis während der Besatzung rekonstruiert.12 Zwar gibt es bisher keinen Hinweis darauf, dass Roeder deren prekäre Lage kannte und ausnutzte, doch scheinen die hier dargelegten Informationen bedeutsam für die Beurteilung der Erwerbungsumstände. Zugleich mag dieses Beispiel zeigen, wie dringend notwendig heute ein kritischerer Umgang mit den amerikanischen Nachkriegsuntersuchungen ist, da mit den Ergebnissen häufig auch die Wertungen und Urteile übernommen wurden.13

Zudem befinden sich bis heute auch mehrere Objekte, die während der Besatzung von Geladakis veräußert wurden, als Teil des sogenannten Bestands der Musée Nationaux Récupération in französischen Museen.14 Darunter im Louvre zwei flämische Holzfiguren der Stehenden Maria vor Kreuzigung („Vierge de Calvaire“, RFR 6)15 und des Stehenden Johannes vor Kreuzigung („Saint Jean de Calvaire“, RFR 7)16 aus dem 15. Jahrhundert, die Bornheim wohl 1943 für 400.000 Francs bei Geladakis erwarb17 und die 1944 vom Vorstandsvorsitzenden des Rüstungskonzerns Rheinmetall-Borsig Hellmuth Röhnert (1888-1945) an Göring geschenkt wurden.18 Schon kurz nach dem Krieg wurden die beiden Holzfiguren im September 1946 über den Collecting Point München nach Frankreich zurückgeführt19 und 1951 dem Louvre zugeteilt, wo sie seit 1962 in Dauerausstellung zu sehen sind.