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02/12/2021 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

Margot Jansson ist die Lebensgefährtin ihres Sekretärs Marius Cassagne. Sie vermittelt, insbesondere für Pariser Innenausstatter, Verkäufe von Kunstgegenständen an die Reichsbank in Berlin.

Vermittlerin der Berliner Reichsbank

Margot Stavenow, verheiratete Jansson, wurde am 25. Mai 1895 im schwedischen Stockholm geboren.1 Sie ist die Tochter von Ernest Stavenow und Martha Hulseberg. Sie selbst hat von ihrem am 9. Januar 1931 verstorbenen ersten Ehemann eine Tochter, die 1920 geboren wurde.2  Mit ihrer Familie lässt sie sich 1925 in Paris nieder.3 1937 lernt sie Marius Cassagne kennen, mit dem sie ab 1939 in eheähnlichen Verhältnissen zusammenlebt.4 Vor dem Zweiten Weltkrieg führt Jansson ein Wäschegeschäft, das eine englische und US-amerikanische Klientel bedient, sowie Modehäuser für Haute Couture wie Lanvin und Molyneux.

Im Mai 1940 muss sie ihr Geschäft schließen.5 Zu diesem Zeitpunkt wird Jansson zunächst im Pariser Vélodrome d’hiver und dann im Lager Rieucros im Departement Lozère interniert. Zusammen mit anderen Gefangenen kommt sie im September 1940 wieder frei. Dem Bericht der Surveillance du Territoire [Inlandsgeheimdienst] zufolge soll sie eine  unrechtmäßige Vorzugsbehandlung genossen haben, doch das ist offensichtlich nicht der Fall gewesen.6 Sie beschließt, sich während der Besatzungszeit als Vermittlerin für den Verkauf von Kunstgegenständen zu betätigen. Ihrem Rechtsanwalt Riche zufolge verteidigt sie das Prestige und den vorzüglichen Geschmack der Franzosen in Interviews mit schwedischen Zeitungen und macht Propaganda für Frankreich.7

Die meisten der gegen Jansson und Cassagne erhobenen Beschuldigungen stammen aus einem von Marguerite Nungne an das französische Finanzministerium gesandten Bericht, in dem diese ihre früheren Arbeitgeber der Kollaboration bezichtigt. Sie listet darin die Verkäufe auf, an denen Cassagne und Jansson beteiligt waren. Nungne arbeitete im Frühjahr 1941 als Sekretärin des Paares, bis dieses ihr kündigte.8 Ihre Haltung wirft Fragen auf insofern, als sie, nachdem sie gegen ihren Willen die Stelle bei Jansson aufgeben musste, für einen ehemaligen deutschen Generalstabsoberst arbeitete, der während des Krieges ein deutsches Ankaufsbüro leitete.

In ihrem Bericht führt Nungne aus, dass sie für die Übersetzung der Objektbeschreibungen in den Angeboten von Architekten und Innenausstattern zuständig war und dass Cassagne und Jansson für die Reichsbank arbeiteten. Die Reichsbank bezahlte die Aufträge mit dem Geld der Banque de France über Dr. Boettcher, dem Entsandten der Reichsbank bei der Banque de France. Die Objekte wurden von Lemonnier, Knauer und der Firma Joffard verschickt.9

Tatsächlich erhielt Jansson seit November 1940 Besuche von Dr. Heinrich Wolff (1880-1944), dem leitenden Architekten der Reichsbank. Er kommt auf Empfehlung von Walther Funk (1890-1960), dem Wirtschaftsminister des nationalsozialistischen Regimes und Direktor der Reichsbank, den sie bereits seit 1919 kannte.10 Wolffs Vorhaben bestand darin, die Empfangsräume des Reichsbank-Sitzes im französischen Stil umzugestalten. Jansson kam dabei die Aufgabe zu, entsprechende Aufträge mit den Firmen Jansen, Puiforcat und Cailleux auszuhandeln.11 Diese Firmen erklären respektive die folgenden Beträge erhalten zu haben: im Fall Jansen 16.029.223 F (12.479.071 F für Arbeiten und 3.550.152 F für den Ankauf von Möbeln, Teppichen und Kunstgegenständen), im Fall Puiforcat 3.840.359,95 F - wobei die umfassendste Bestellung noch nicht geliefert worden ist - für die Lieferung von Goldschmiedearbeiten, und im Fall Cailleux 2.707.000 F für Möbel und Teppiche.12

Die von Jansson und ihrem Lebensgefährten Cassagne erhaltenen Provisionen in Höhe von 4.375.000 F stammten ihrer Aussage zufolge ausschließlich von den französischen Unternehmen und nicht von der Reichsbank.13 Nach Darstellung ihres Anwalts sind Jansson und Cassagne nur als Zwischenhändler und als Briefkasten tätig, weshalb das Gros der Provisionen nicht als unlauter betrachtet werden dürfe.14

Die Suche nach Zulieferern in Frankreich

Anfang 1941 nahmen Jansson und Cassagne auf Empfehlung von Cailleux hin zunächst Kontakt zur Firma Jansen auf, um ihr die Ausstattung der Empfangsräume der Reichsbank anzubieten.1 Roger Thuillier zufolge, der Puiforcat vertritt, besuchten Jansson und Cassagne die Direktionsmitglieder von Puiforcat, um dort anzufragen, ob die Firma bereit wäre, einen Auftrag zu übernehmen. Die Leitung von Puiforcat stimmte dem unter der Bedingung zu, alle Angestellten behalten zu können. Die Bestellung bestand in einem kompletten Service für 100 Personen in Silber und vergoldetem Silber. Gold und Silber stammten aus der Section des Métaux non Ferreux [Verwaltung nicht eisenhaltiger Metalle].2

Jansson sagte aus, dass sie zwar bisweilen das Geld an Händler übergab, aber nicht selbst am Verkauf beteiligt war.3 Wolff kam alle zwei oder drei Monate, um die Produktionsfortschritte der Ausstattung zu überwachen und die Zulieferer zu bezahlen.4 Die in den Archives nationales [französisches Nationalarchiv] bewahrten Akten enthalten Durchschläge der Reichsbank-Quittungen. Darin wird zweimal auf Janssons Rolle eingegangen: „Der Gegenwert dieser Summe dient dazu, die letzten Gegenstände (Teppich, Möbel usw.) zu bezahlen, die in Paris auf Anweisung von Herrn Direktor Wolff erworben wurden, und soll Frau Jansson zur Verfügung gestellt werden, welche die Zahlungen ausführen wird.“5

Wenn Ankäufe bei anderen Unternehmen als Jansen, Puiforcat, Cailleux, Christofle, Woltner und Dupuis erfolgten, erhielt Jansson keine Provision. In diesen Fällen wurde sie vermutlich nicht als eigentliche Vermittlerin angesehen, etwa bei Verkäufen durch Fabre & Fils oder durch Souffrice.6 Dieser letzte Verkauf ist in Janssons Akte unterstrichen. Es handelt sich um eine durch die Vermittlung von Souffrice verkaufte Bleifigurengruppe, die letzten Endes nur eine Replik einer vormals in Versailles zu findenden, offenbar 1789 zerstörten Gruppe war.7 Es muss ein Fotoalbum mit sämtlichen Objekten, an deren Verkäufen Jansson beteiligt gewesen ist, gegeben haben, das jedoch nie wiedergefunden wurde. Bei den meisten Geschäftsabschlüssen wurde Albert Bourdariat als Gutachter der Reichsbank eingesetzt und direkt von Wolff für seine Tätigkeit bezahlt.8

Die Verfahren der Nachkriegszeit

Janssons und Cassagnes Absicht habe, wie sie selbst nach der Befreiung Frankreichs aussagten, darin bestanden, die Arbeiter der betreffenden Unternehmen zu schützen und den französischen Geschmack und die französische Kunstfertigkeit zu propagieren.1 Aus den Zeugenaussagen der Ausstattungsunternehmen geht hervor, dass der Schutz der Arbeiter und der französischen Handwerkskunst tatsächlich ein Kriterium für das Paar gewesen ist. So schreibt die Firma Jansen am 8. Januar 1945: „Die Entwürfe wurden ausgeführt, ohne dass wir auch nur die geringste stilistische oder geschmackliche Vorgabe vonseiten der Deutschen beachtet hätten und wir haben den französischen Stil durchgesetzt.“2 Weiter unten im Brief erläutert der Verfasser, dass dieser Auftrag willkommen war, um zu vermeiden, dass das Personal zu militärischen Zwecken eingezogen wurde und um die Arbeit diverser Gewerbe in ihren Werkstätten zu gewährleisten.

Im Übrigen wurden die Ausstattungselemente nur unter der Bedingung, dass Gefangene freikamen, in Deutschland montiert. Dies misslang zum Teil, denn frei kamen nicht die Gefangenen der Firma Jansen, sondern andere.3 Ein Brief aus dem Jahr 1941 betont diese Tatsache abermals, da die Leitung der Firma Jansen sich bei Jansson dafür bedankt, es zu verhindern, dass ihre Arbeiter eingezogen würden.4 Im Jahr 1942 schreibt die Direktion der Firma Jansen an Jansson: „Ihre ausgezeichnete Kenntnis der Sachlage, ihre Beziehungen und ihr Geschmack würden uns die Aufgabe soweit es nur geht erleichtern, denn genau wie Sie sind wir nicht nur an einem künstlerischen Erfolg, sondern auch einem Erfolg der französischen Propaganda interessiert.“5 Puiforcat wiederum schrieb, dass die Arbeiter dank des Auftrags für das Silberservice zu tun haben und deswegen nicht in die Fabrik müssen, wodurch sie ihre Handwerkskunst erhalten können.6 Ein zweiter umfassender Auftrag sichert den kunsthandwerklichen Arbeitern erneut eineinhalb Jahre Beschäftigung.7

Janssons und Cassagnes Rolle in der Angelegenheit der Tapisserien aus Sèze wird in den Akten zu den gegen Jansson angestrengten Gerichtsverfahren mit keinem Wort erwähnt. Offensichtlich diente sie, wie sie auch in Bezug auf andere Fälle aussagt, nur als Briefkasten für  Wolff, Bourdariat und Pouget.8 Sie wohnt an der Adresse 6 Rue du Général-Lambert im 7. Pariser Arrondissement, wo bis 1941 oder 1942 auch ihr Maßwäschegeschäft Margot-Paris lag.9 Ab 1941 oder 1942 wohnt sie jedoch in Paris an der 41 Avenue Charles-Floquet, der früheren Wohnung von Gerstlé, der, als Jude beschrieben, seine Wohnung aufgrund der Verfolgungen durch die Deutschen verlassen haben soll. Cassagne und Jansson geben zu, Besuch von deutschen Offizieren erhalten zu haben, erklären allerdings, es habe sich bei diesen um Wolffs nach der Landung der Alliierten zum Dienst an der Waffe eingezogenen Sekretäre gehandelt.10

Im September 1944 wird Jansson von den Polizisten des Kommissariats „Gros-Caillou“ verhaftet und mit Cassagne zusammen im Lager von Drancy interniert. Sie werden  wegen heimlicher Verbindungen zum Feind vor dem Cour de justice de la Seine [Gerichtshof Seine] angeklagt und ins Gefängnis nach Fresnes verbracht, das Verfahren wird letzten Endes  eingestellt.11

Cassagne wird zudem am 14. März 1945 vor das Comité de confiscation des profits illicites [Komitee für die Beschlagnahmung unlauterer Gewinne] geladen.12 Ein erster Gerichtsentscheid vom 30. November 1945 legt den Betrag der konfiszierten Gewinne auf 806.900 F und den der Strafe auf 2.418.000 F fest. Jansson wird für die Zahlung des Gesamtbetrags von 3.224.900 F13 mit in die Pflicht genommen. Am 5. Dezember 1945 heiratet sie Cassagne in Rueil-Malmaison.14 Ein Beschluss vom 9. Januar 1947 reduziert den 1945 festgesetzten Betrag der Strafe und der konfiszierten Gewinne und durch einen Bescheid vom 16. April 1947 wird Cassagnes Rückzug akzeptiert.15