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Der Kunsthändler Wilhelm Grosshennig agierte hauptverantwortlich für die Chemnitzer Galerie Gerstenberger. Während der Besatzungszeit reiste er nur einmal nach Paris, konnte jedoch aufgrund seiner Kontakte in den besetzten Niederlanden wichtige Bildankäufe in Paris abwickeln, die er zum Teil gewinnbringend an den Sonderauftrag Linz weiterverkaufte.

Grosshennig und die Galerie Gerstenberger

Wilhelm Grosshennig wurde am 15. November 1893 in Abbenrode im Harz geboren und verstarb am 3. Januar 1983 in Düsseldorf.1 Er absolvierte 1911 eine Ausbildung an der Handelsfachhochschule in seinem Geburtsort und arbeitete ab 1913 in der Chemnitzer Galerie Gerstenberger.2 Die Galerie Gerstenberger wurde 1902 als Abteilung für Kunsthandel in einem traditionsreichen Chemnitzer Familienunternehmen eingerichtet, das überwiegend in der Papierindustrie aktiv war. Grosshennig übernahm sukzessive die Leitung der Galerie, was sich nicht zuletzt in der Gründung der Kunstausstellung Gerstenberger GmbH im Februar 1930 widerspiegelt, in der die Firma Gustav Gerstenberger zwei Anteile und Grosshennig einen Anteil zeichneten.3

Fühlungnahme mit dem französischen Kunstmarkt

Zum Zeitpunkt der Machtübernahme der Nationalsozialisten war Grosshennig mit den Akteuren auf dem deutschen Kunstmarkt breit vernetzt und im gesamten deutschsprachigen Raum aktiv. Nach 1933 konnte er seine Reputation als Kunsthändler weiter ausbauen. Ab 1942 ist dokumentiert, dass Grosshennig sich aktiv darum bemühte, die Möglichkeiten des Sonderauftrages Linz zu nutzen, um in die damals besetzten französischen Gebiete zu reisen.1 Aktivitäten Grosshennigs auf dem französischen Kunstmarkt vor der Besetzung der französischen Gebiete sind nicht nachgewiesen. Grosshennig reiste während der Besatzungszeit einmal von Ende April bis Mitte Mai 1944 nach Paris und blieb somit wahrscheinlich nur zwei Wochen in der Stadt.2 Diese Reise hatte er während mehrerer Aufenthalte in den besetzten holländischen Gebieten vorbereitet. Und so vermittelte ihm anscheinend sein dortiges Netzwerk, zu dem unter anderem Erhard Göpel gehörte, auch gute Kontakte zu Akteuren des Pariser Kunstmarktes.3

Grosshennig erwarb während seiner Paris-Reise 14 Gemälde, von denen er acht an den Sonderauftrag verkaufen konnte.4 Darüber hinaus stellte er nach seiner Rückkehr zwei weitere Devisenanträge, um den Ankauf von zwei zusätzlichen Gemälden sowie vier Zeichnungen von Chemnitz aus in die Wege zu leiten.5 Diese konnten im Juni 1944 an den Sonderauftrag übergeben werden.6 Anhand der Devisenanträge, deren Abrechnungen sowie der Rechnungen an den Sonderauftrag Linz sind die Einkaufs- und Verkaufspreise nachvollziehbar. Grosshennig erwarb für 458.500 RM Kunstwerke, die er für 658.500 RM an den Sonderauftrag veräußerte. Die meisten dieser Werke  können identifiziert werden. Neben den Verkäufen an den Sonderauftrag Linz hatte Grosshennig weitere sechs Gemälde aus Paris eingeführt, von denen fünf identifizierbar sind.7 Vermutlich hatte Grosshennig diese an Privatpersonen verkauft, zumindest holte er sich eine entsprechende Genehmigung ein.8

Kontakte in Paris

Neben Erhard Göpel hatte Grosshennig auf dem Pariser Kunstmarkt Kontakt zu Hildebrand Gurlitt, Roger Dequoy, Jean Dutey, Cornelilus Postma und Martin Fabiani. Dequoy, Dutey und Fabiani waren in eine Transaktion eines Gemäldes von Francisco de Goya (Linz-Nr. 3546) verwickelt, das aus der Sammlung von Anna und John Jaffé (Nizza) stammte und letztendlich über Wilhelm Grosshennig an den Sonderauftrag Linz verkauft wurde.1 Die Ausfuhrgenehmigung war von Jean Duty beantragt, allerdings nie genehmigt worden.2 Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Gemälde jedoch bereits in Dresden. Mit Martin Fabiani verband Grosshennig darüber hinaus die Transaktion eines Gemäldes von Hubert Robert, das ebenfalls durch Grosshennig an den Sonderauftrag veräußerte wurde.3 Eine weitere Person namens „Edzard Diez“ wird von Wilhelm Grosshennig in den Dokumenten als sein „Vertrauensmann“ in Paris bezeichnet.4 Ob es sich hierbei um den in Bremen geborenen Maler Edzard Dietz (1893-1963) handelt, der seit 1928 in Paris lebte, kann nur vermutet werden.

Einschätzung der Aktivitäten auf dem französischen Kunstmarkt

Wilhelm Grosshennig zählt bei Weitem nicht zu den Hauptakteuren auf dem Pariser Kunstmarkt während der Besatzungszeit. Dennoch ist es erstaunlich, wie gut er vernetzt war und wie viele Kunstwerke er in der kurzen Zeit seines Aufenthaltes akquirieren konnte. Vermutlich waren seine Kontakte von seinen Reisen nach Holland in den Jahren 1943 und 1944 hilfreich. Seine Aktivitäten in Paris waren vor allem für Grosshennig selbst gewinnbringend und erlaubten ihm, in seinem Beruf zu brillieren: er konnte neue Märkte erschließen, neue geschäftliche Kontakte knüpfen und erstaunlich hohe Preise erzielen.