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29/09/2021 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

Während der Besatzungszeit war Henri Aumaitre am Verkauf von Wandteppichen aus dem 17. Jahrhundert an Hermann Göring beteiligt, die er durch die Vermittlung einer gewissen Mademoiselle Lancelet erworben hatte und die an die Galerie Charpentier geliefert wurden. In diesem Zusammenhang stand er in Kontakt mit Gabrielle Chesnier-Duchesne, die die Transaktion für Göring durchführte, als auch mit Josef Angerer, der ihn dafür bezahlte.

Tapisserien für Göring

Henri Aumaitre, am 21.11.1892 in Souvigny im Département Allier geboren, war ab 1935 als Teppichhändler tätig, gab sein Geschäft jedoch zum Zeitpunkt der Kriegserklärung auf. Vom 15. Januar bis zum 30. Mai 1940 war er Verkäufer für die Firma Vve Behal, Gravier & Julien, „Beurre – fromages en gros et demi-gros” [Butter – Käse für Großhandel- und Halbgroßhandel].1 Seit dem Beginn der Besatzung, bis Juli 1943, verbrachte er viel Zeit auf dem Bauernhof seiner Eltern in Souvigny.2 Diese Anbindung an den Landwirtschaftsbetrieb seines Vaters verschaffte ihm den Ausweis als „Grenzlandwirt”, der ihm für die Tätigkeiten innerhalb des Résistance-Netzwerks namens Marco-Polo von Nutzen war.3 Er stand mit einem Agenten der Résistance in Kontakt und transportierte Dossiers, Dokumente und Briefe, die verschiedenste Informationen enthielten, zwischen Moulins und Paris.4 Ein eigenes Teppichgeschäft eröffnete er erst wieder 1942,5 musste es jedoch unter dem Druck der Besatzer wieder schließen, nachdem Mademoiselle Lancelet Beschwerde gegen ihn eingereicht hatte.

Nach dem Krieg wurde Aumaitre vor das Comité de confiscation des profits illicites [Komitee für Beschlagnahmung unlauterer Gewinne], die Commission nationale interprofessionnelle d’épuration [nationale berufsübergreifende Säuberungskommission] und das Justizgericht aufgrund eines Falles zitiert, in welchem sein Name mit denen von Gabrielle und Marcel Chesnier-Duchesne sowie Élisabeth Collolian in Verbindung stand: In einem an den Finanzminister gerichteten Schreiben von Lancelet, nachdem sie sich nach einem Verkauf von sieben Wandteppichen wohl von Aumaitre betrogen fühlte, forderte sie die Kommission auf, den Fall zu untersuchen.6 Der Vorwurf, der daraufhin gegen Aumaitre erhoben wurde, lautete auf „Geschäftsbeziehungen mit dem Feind“ und bedeutete einen Einziehungbescheid in Höhe von 1.905.000 F und einer Strafe von einer Million Francs.7 Die Commission nationale interprofessionnelle d’épuration beschloss, einen „Verweis gegen Aumaitre auszusprechen, verbunden mit der Verpflichtung einen Monat lang einen entsprechenden Aushang an der Tür seines Geschäfts anzubringen“.8 Dieses Verfahren wurde jedoch schließlich am 29. Mai 1946 eingestellt.9

Der konkrete Fall, der den Anlass zu diesen Vorladungen gab, war der Verkauf  bedeutender Tapisserien an Hermann Göring für 4 Millionen Francs: Bereits 1934 erfuhr Henri Aumaitre, dass ein Pariser Kunstliebhaber, ein Herr Léon Civet, sieben Wandteppiche aus dem 17. Jahrhundert, das Leben Karls V. (auch Charles Quint) darstellend, verkaufen wolle.10 Aumaitre lehnte den Ankauf zunächst ab, da er den vom Besitzer verlangten Preis von 500.000 F für zu hoch hielt. Einige Jahre später jedoch, zu Beginn der Besatzung, erwarb er die Tapisserien schließlich für 425.000 F.11 Für ihre Hilfe bei der Abwicklung beteiligte er besagte Mademoiselle Lancelet mit 110.000 F. Die genauen Umstände dieser Erwerbung sind jedoch umstritten; Lancelet behauptet, die Wandteppiche seien an eine Gruppe von Händlern verkauft worden, deren Wortführer Aumaitre gewesen sei und der sie selbst auch angehört habe.12

Gabrielle Chesnier-Duchesne, Josef Angerer und die Galerie Charpentier

Aumaitre wehrte sich dagegen, als Käufer dieser Wandteppiche angesehen zu werden, der nur das Ziel gehabt habe, sie an die Deutschen weiterzuverkaufen. Wegen seiner Aktivitäten für die Résistance sei schon allein „die Sorge um seine persönliche Sicherheit Grund genug gewesen,  jeden Kontakt mit den Deutschen zu meiden“.1 Er gibt entsprechend an, dass sein Erwerb der Wandteppiche durch das Interesse eines spanischen Ordensmannes, Pater Moreno, motiviert war - ein Interessent, von dem ihm Paul Botte erzählt habe. Der Plan sei gewesen sie anlässlich des Geburtstags des General Franco an diesen zu übergeben.2 Da jedoch die Verhandlungen nicht zum Abschluss kamen, ließ Aumaitre über verschiedene Antiquitätenhändler verbreiten, dass er im Besitz der Wandteppiche sei, woraufhin sich Chesnier-Duchesne an ihn gewandt habe.3

Die Commission nationale interprofessionnelle d’épuration hielt dagegen, dass „zu dem hier infrage stehenden Zeitpunkt nur die Deutschen Güter dieser Natur kaufen konnten und dass der Eifer, den Aumaitre bei diesem Ankauf an den Tag legte, um die Objekte weit unter ihrem reellen Wert anzukaufen, sicher zum Zweck hatte, ein sehr vorteilhaftes Geschäft abzuschließen, genau, wie es sich letztlich zugetragen hatte.“4  Aumaitre hingegen verwies zu seiner Verteidigung auf die Unterbrechung seiner Geschäftstätigkeit seit 1939, in deren Kontext er die Preisentwicklungen auf dem Pariser Markt nicht mehr verfolgt hätte. Er beharrte in seiner Verteidigung darauf, nicht gewusst zu haben, wer die Käufer gewesen sein. Dies bestätigte auch Chesnier-Duchesne in ihrer Aussage vom 13. März 1946: „Ich stimme Aumaitre zu, dass ich ihm gegenüber erst im Moment der Bezahlung erwähnte, dass es sich bei dem Kunden um einen Deutschen gehandelt habe. Vielleicht habe ich das sogar erst später erwähnt. “5

Aumaitre arbeitete mit der Galerie Charpentier zusammen, wohin die Wandteppiche im Februar 1941 geliefert wurden. Chesnier-Duchesne wurde damit beauftragt sie für nicht weniger als 3.500.000 F zu veräußern.6 Aus diesem Grund verwehrte sich Aumaitre gegen den Vorwurf mit den Besatzern kollaboriert zu haben: „Zu keinem Zeitpunkt hat Frau Chesnier-Duchesne mir gegenüber den Namen des Klienten erwähnt, da ich ansonsten mit diesem direkt verhandeln und sie hätte aus dem Geschäft verdrängen können.“7 Chesnier-Duchesne empfing verschiedene Deutsche, zuerst Josef Angerer, einen Einkäufer im Auftrag von Hermann Göring, und später auch Göring höchstpersönlich.8 Sie verkaufte ihm die Wandteppiche für die Summe von 3.500.000 F, welche Angerer in bar zahlte. Die Bezahlung von Aumaitre erfolgte direkt im Anschluss, unter Abzug einer Kommission von 200.000 F für Chesnier-Duchesne.9

Mademoiselle Lancelets Klage

In der Folge dieses Verkaufs wurde Aumaitre im September 1941 beim Generalstab der deutschen Luftwaffe vorgeladen. Grund war eine Beschwerde Lancelets, welche die Rückgabe der Wandteppiche erreichen wollte, um sie selbst zu verkaufen. In diesem Zusammenhang erfuhr ein gewisser Herr Römer den ursprünglichen Kaufpreis der Tapisserien, woraufhin Aumaitre den Deutschen 800.000 F erstatten musste.1 Der Anwalt von Henri Aumaitre, Maître Floriot, schlug in der Folge die Rückgabe der Wandteppiche an Aumaitre und die Erstattung der gesamten Kaufsumme vor, dies wurde jedoch von den Deutschen abgelehnt.2 Darüber hinaus musste Aumaitre 60.000 F an einen deutschen Offizier namens Katzen zahlen, um die Anklage zu beenden.3 Der Zahlung dieser Summe waren wiederholte Vorladungen und Drohungen durch die deutschen Behörden zuvor gegangen, insbesondere da Lancelet „sich selbst neben Aumaitre als Mitbesitzerin der Wandteppiche sah und von diesem die Beteiligung am Gewinn verlangte.“4

Aumaitre führte des weiteren aus, dass in der Folge der Auseinandersetzung mit Lancelet, die Gestapo am 14. März 19435 seine Wohnung durchsuchte habe und antike Wandteppiche im Wert von 950.000 F, die mithilfe der Gewinne aus dem Verkauf an Hermann Göring gekauft worden waren, konfisziert habe.6 Das Comité de confiscation des profits illicites weigerte sich jedoch den Wert der beschlagnahmten Waren als finanziellen Verlust Aumaitres anzuerkennen, mit dem Argument, dass nur seine persönlichen Aussagen zum Ausmaß und dem Wert dieses Raubs vorlägen [...].“7 Die Zweifel [des Komitees] beruhten nicht zuletzt auf der Diskrepanz zwischen der Wertschätzung und der Qualität der [von der Gestapo] konfiszierten Güter.