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Walter Borchers war seit 1942 der stellvertretende Leiter des Sonderstabs “Bildende Kunst” des ERR in Paris. Er war mit dem Inventarisieren und Katalogisieren von beschlagnahmten Kunstwerken beauftragt.

Kunsthistorischer Experte beim ERR

Der Kunsthistoriker und Volkskundler Walter Borchers konnte während seiner Tätigkeit von 1930 bis 1938 für das Landesmuseum Stettin etwa zehn Heimatmuseen in der Region Pommern aufbauen und eignete sich dabei Kenntnisse zum Erwerb von Kunstgewerbe aus privater Hand für öffentliche Museen an.1 Er gilt als Kenner der dortigen Volkskunst. Ab dem 6. Januar 1940 wurde er Soldat und der Flak überwiesen. Im August 1942 nach Paris abkommandiert, war er als kunsthistorischer Experte mit dem Inventarisieren und Katalogisieren von beschlagnahmten Kunstwerken für den Sonderstab „Bildende Kunst“ des ERR beauftragt. Dafür nutzte er sein umfangreiches Netzwerk von Fachleuten und Experten, denen er die jeweiligen Fotos der vom ERR oder über die M-Aktion (Möbelaktion) geraubten Kunstwerke schickte und sie um ihre jeweiligen Expertisen bat, die auf den Inventarkarten vermerkt wurden.2

Ab Januar 1943 wurde Borchers zusammen mit Bruno Lohse zum stellvertretenden Leiter des Sonderstabs „Bildende Kunst“ in Paris ernannt. Ob mit Lohse befreundet oder nur als zuverlässig und korrekt von diesem geschätzt, ist nicht bekannt.3 Vielleicht sind es auch seine ausgezeichneten Französischkenntnisse, die sich Lohse zu Nutze machte. Borchers wird als stellvertretender Leiter des ERR jedenfalls mehrmals mit Lohse genannt, wenn es um die spektakulären Aktionen des rührigen Lohses zwischen 1942 und 1944 geht, u. a. fällt in diesen Zeitraum (Herbst 1943) die Beschlagnahme der Sammlung Adolph Schloss.4

Im August 1944 erhielt Borchers gemeinsam mit Lohse vom Reichsmarschall Hermann Göring persönlich den Auftrag, als „Haupteinsatzführer des ERR“ leitend den Abtransport der geraubten Kunstgüter aus Paris zu organisieren und zu begleiten, bevor Paris von den Alliierten befreit wurde.5 Im Verlauf des Rückzuges aus Frankreich erlitt er bei einem Tieffliegerangriff eine Verletzung des Rückgrats, die ihm eine längere französische Kriegsgefangenschaft ersparte. Noch im Herbst 1944 nahm er seine Arbeit der Katalogisierung in dem ERR-Depot Schloss Kogl (Oberösterreich) wieder auf, wo er bis Kriegsende zur „Vollendung der Inventarisierungs- und Katalogisierungsarbeiten“ verblieb.6

Nach dem Krieg

Borchers musste sich einem Entnazifizierungsverfahren unterziehen, bei dem er mehrere Gutachten und Referenzschreiben früherer Kollegen am Museum Stettin zu seiner Entlastung erbrachte. Diese nutzte er ebenfalls in Bewerbungsverfahren nach 1947 gegenüber seinen potentiellen Arbeitgebern.1 Dass er trotz des sicherlich gegebenen Drucks nie Mitglied einer NS-Organisation wurde, ist vermutlich auf sein Ansehen als Kunstexperte zurückzuführen, durch das er einen gewissen Schutz genoss. Anders als bei Lohse, der sich reiche Schätze der Bildenden Kunst aus dem Raubgut aneignete, in der Schweiz geheim lagerte und sogar an seine Nachkommen vererbte, wurde gegenüber Borchers zu keiner Zeit der Vorwurf persönlicher Bereicherung erhoben.2

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nicht an seine frühere Stelle nach Stettin zurück, sondern in seine Geburtsstadt Osnabrück, wo er ab 1. November 1946 die Leitung des Städtischen Museums (ab 1947 als Museumsdirektor) übernahm und seine museologische und fachwissenschaftliche Tätigkeit als Volkskundler und Kunsthistoriker fortsetzte.3 Borchers wurde nach 1945 nicht im Restitutionsprozess an einem der Collecting Points [Sammelpunkte] der Alliierten eingesetzt, und half auch nicht bei der Suche nach Voreigentümern von Raubkunst, die er in Paris inventarisiert hatte. Als Direktor wählte er dagegen drei Hauptwerke aus dem Restbestand des CCP als Dauerleihgabe des Bundes für sein Osnabrücker Museum aus.4