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02/12/2021 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

Der österreichische Kunsthistoriker Antonin Juritzky verfasst während der deutschen Besatzung Frankreichs mehrere Gutachten für den Kunstschutz. Als Künstler und Autor ist er unter dem Pseudonym Juva, Spezialist und Sammler für vorgeschichtliche Kunst bekannt.


Alfred Antonin Juritzky-Wardberg ist ein 1887 in Weissenbach-Neuhaus geborener Kunsthistoriker und Gutachter aus Österreich. Der Spross einer Adelsfamilie verbringt seine Jugend in Gablitz in der Nähe von Wien, in der Villa Mon Repos, deren Eigentümer er 1913 bis 1958 ist.1

Sein Studium an der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien2 schließt er 1910 ab.3 Er arbeitet für das Wiener Auktionshaus Dorotheum.4 Hier gründet er 1922 den Krystall-Verlag, der die illustrierte Zeitschrift für Kunstsammler Belvedere5 herausgibt, bei der Juritzky auch Chefredakteur ist.6 Im Jahr 1930 veröffentlicht er eine kleine Broschüre über alte Kunst in der modernen Inneneinrichtung.7

Im Besitz eines vom französischen Konsul in Bern beglaubigten tschechoslowakischen Reisepasses wandert er 1938 mit seiner zweiten Frau, Wilhelmine, gebürtige Klima, nach Frankreich aus, um nicht unter dem nationalsozialistischen Regime leben zu müssen.8 Er lässt sich in Paris an der Adresse 21 Rue Washington nieder und macht in Kunstkreisen unter dem Namen „Prince Juritzky“ und unter dem Pseudonym Juva als Experte und Sammler vorgeschichtlicher Kunst auf sich aufmerksam.

Während der Besatzungszeit ist er überaus aktiv auf dem Kunstmarkt. Im Winter 1940-1941 ist er der wichtigste Pariser Zulieferer für die Erwerbungen der Region Oberdonau, speziell für das Stift Sankt Florian.9 Als Vermittler für Justus Schmidt erhält er bei dessen Reisen nach Paris zehn Prozent Provision auf die Erwerbungen.10 Zudem lässt er seine Kontakte spielen, um im Dezember 1941 elf Zierstücke aus der Zeit der Völkerwanderungen an Heinrich Himmler11 sowie 1944 mehrere Gegenstände an Heinrich Glasmeier, den neuen Direktor von Sankt Florian, zu verkaufen.12

Dem Vollzugsbericht des Rechtshilfeersuchens vom 22. Februar 1945 zufolge erkennt Juritzky an, nach der Auswanderungswelle von 1940 von zwei Österreichern aus Wien kontaktiert worden zu sein. Der eine der beiden, „Dr. Kiesslinger“, hielt ihn für einen Deutschen und bot ihm an, ihn mit Gutachten zu beauftragen. So wurde Juritzky zu Felix Kuetgens ins Hôtel Majestic gerufen, der ihn mit der Bewertung der durch die Bombardierungen verursachten Schäden an französischen Denkmälern beauftragte. „Mein Dienst begann Anfang 1941 und dauerte bis zur Befreiung Frankreichs. Ich hing vom Kunstschutz unter Dr. Kuetgens Leitung ab und wurde nach Arbeitsstunden und der Anzahl der von mir vorgelegten beglaubigten Gutachten bezahlt.“13 In der eidesstattlichen Aussage aus dem Frühjahr 1945 erläutert Juritzky, dass er für den Kunstschutz als Ausländer „ohne Uniform, ohne Dienstgrad, ohne festes Gehalt und ohne deutsche Lebensmittelmarken“ gearbeitet habe und daher der Ansicht sei, seine Dienste „im Grunde kostenlos“ geleistet zu haben.14

In den polizeilichen Ermittlungen vom 11. April 1946 bekräftigt Juritzky, dass seine Aufgabe nicht darin bestand, Kunstgegenstände ausfindig zu machen, sondern sie nur zu begutachten.15 Sein Tun rechtfertigt er mit fehlender Kenntnis der Pariser Antiquitätenhändler und Privatsammler und mit mangelnden Französischkenntnissen. Dabei war es oft seine Frau, die ihm als Dolmetscherin diente.16

Am 12. September 1944 wurden Juritzky und seine Frau vom Mouvement de Libération nationale [französische Befreiungsbewegung] verhaftet, kamen zunächst in Verwahrhaft und dann ins Lager von Noisy-le-Sec. Auf Befehl der militärischen Sicherheitsdienste wurden sie am 22. November 1944 wieder freigelassen.17 Den Ermittlungen der Polizeipräfektur in Paris zufolge wurden sie am 10. November 1944 den militärischen Befehlshabern übergeben; im Dezember befanden sie sich immer noch im Lager von Drancy.18

Juritzkys Arzt, Janos Plesch, interveniert zu seinen Gunsten mit einem Schreiben an den Polizeipräfekten und bittet um seine Freilassung: „Als Diabetiker ist er nicht kräftig genug, sich gegen eine Meinung durchzusetzen und ist daher geneigt, Befehle auszuführen, allein um nicht behelligt zu werden und an seinen Forschungen weiterarbeiten zu können.“19

Nach seiner Freilassung lebt Juritzky in Paris und interessiert sich für die vielen Feuersteine, die er in der Umgebung von Paris findet und deren Formen an Tiere oder menschliche Figuren denken lassen. Er behaut und bemalt sie, und signiert all seine Werke mit dem Künstlernamen Juva.20 Heute befinden sich diese Arbeiten in der Collection de l‘Art brut in Lausanne. Im Jahr 1953 veröffentlicht Juritzky ein Buch über vorgeschichtliche Kunst mit dem Titel Prehistoric Man as an Artist.21 Er stirbt 1961 in Paris.

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