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Die Brüder Ball waren deutsch-jüdische Kunsthändler, die bereits 1931 eine Kunsthandlung in Paris gegründet hatten. Im Laufe der 1930er Jahre überführten sie ihren Bestand nach Frankreich, um den antisemitischen Verfolgungen im nationalsozialistischen Deutschland zu entgehen. Bei Kriegsbeginn wurden sie zunächst in Frankreich interniert, ihr Kunstbesitz wurde beschlagnahmt. Nach ihrer Freilassung 1940 arbeiteten sie von der unbesetzten Zone aus als Kunstagenten für Karl Haberstock.

Dresden, Berlin und Paris

Der 1889 in Dresden geborene Alexander Ball war der Sohn von Hermann Ball, einem in Dresden tätigen Antiquitätenhändler, der mit Kunstgewerbe, aber auch alten Meistern und Möbeln handelte.1 1919 übernahmen Alexander Ball und sein 1892 geborener Bruder Richard das Unternehmen ihres Vaters und verlegten die Geschäfte im Laufe der 1920er Jahre zunehmend in die Zweigniederlassung in der Tiergartenstraße in Berlin. Im Dezember 1931 gründeten sie in Paris in der 169 Rue Saint Charles eine Geschäftsfiliale, die von Alexander Ball geführt wurde, der im selben Jahr in die französische Hauptstadt zog.2 1933 meldete Richard Ball seinen Wohnsitz in Berlin an, wo die Kunsthandlung Hermann Ball zwischen 1927 und 1933 gemeinsame Auktionen mit der Kunsthandlung Paul Graupe durchführte. 1935 oder 1936 zog auch Richard Ball nach Paris, um antisemitischer Verfolgung – sein Bruder und er waren Juden – zu entgehen. Das Dresdner Stammhaus wurde geschlossen, wobei das gesamte Warenlager nach Paris transportiert werden konnte.3

Als deutsch-jüdische Kunsthändler in Paris

1934 vereinbarte die Firma Ball mit der Maison Jansen nahe der Place de la Concorde, Warenbestände der Balls in den Räumlichkeiten der Maison Jansen in der 9 Rue Royale einzulagern. Dabei wurde festgelegt, dass die Maison Jansen auf Kommissionsbasis Verkäufe aus einem Teil der Bestände tätigen konnte.1 Derweil handelte Alexander Ball von Paris aus auch mit moderner Kunst. So war er etwa einer von drei Kunsthändlern, die als Anteilseigner Paul Gauguins Straßenszene in Tahiti von der 1938 aus Deutschland nach Paris geflüchteten Martha Nathan kauften. Die beiden anderen Händler waren Justin Thannhauser (1892–1976) und Georges Wildenstein.2 Das Werk befindet sich seit 1939 im Toledo Museum of Art.

Agenten für Karl Haberstock

Bei Kriegsausbruch 1939 befand sich Alexander Ball in Biarritz und wurde als Deutscher zunächst in einem Lager in Libourne, später im Lager Bassens interniert.1 Die in der Maison Jansen gelagerten Waren wurden als Feindesgut konfisziert – das Unternehmen hatte am 3. November 1939 der Polizei eine Liste der bei ihnen aufbewahrten Kunstgegenstände übermittelt – und wahrscheinlich kurz nach Beginn der Besatzung vom Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) beschlagnahmt.2 Nach seiner Internierung zog Alexander Ball im Juni 1940 zunächst nach Auch nahe Toulouse, ab Dezember 1940 dann in das Hôtel du Palais in Aix-en-Provence, während sein Bruder Richard in Marseille im Hôtel Méditerranée wohnte. Die Adressen in Aix und Marseille tauchen in den Geschäftsunterlagen des Berliner Kunsthändlers Karl Haberstock auf, der als Einkäufer für das von Hitler geplante Führermuseum tätig war.3 Alexander und Richard Ball arbeiteten einige Zeit als Agenten für Haberstock, den sie – da beider Kunsthandlungen in Berlin nicht weit voneinander entfernt lagen –4 schon aus der Vorkriegszeit kannten, und machten ihn auf interessante Werke, die im unbesetzten Teil von Frankreich zum Verkauf standen, aufmerksam. Auch Alexander Balls in Paris gebliebene Sekretärin stand mit Haberstock in Kontakt und brachte ihm verschiedene Gemälde.5

Weitreichende Folgen für Alexander Ball hatte ein Brief, den er Anfang 1941 von Südfrankreich aus an Haberstock sandte. In dem Schreiben ging es zum einen um Werke, die für Haberstock interessant sein könnten und die Ball in einer Privatsammlung in der „zone libre“ aufgespürt hatte. Zum anderen verriet Ball Haberstock den Ort, an dem der jüdische Kunstsammler Guy de Rothschild (1909 - 2007) sich in der Auvergne vor den Deutschen versteckt hielt. Im Bericht der Art Looting Investigation Unit (ALIU) heißt:

„Am 3. Januar 1941 schrieb er an Haberstock über einen van Dyck und einen Breughel [sic], die er in einer Sammlung in der Nähe von Lyon entdeckt hatte. Sein Bruder Richard, der im Hotel Mediterranee in Marseille wohnte, arbeitete für ihn. [...] So gesehen kann ihre Arbeit für Haberstock als ein verständliches Mittel betrachtet werden, um dem Schicksal vieler ihrer Mitmenschen zu entgehen. In einer Passage desselben Briefes vom 3. Juni 1941 an Haberstock tat Alexander Ball jedoch mehr, als lediglich Hinweise auf Bilde zu geben. Im letzten Absatz dieses Briefes schreibt er: "Herr Guy de R. wohnt in La Bourboule". Diese Passage bezieht sich auf Guy de Rothschild und scheint eine Anfrage Haberstocks nach seinem Aufenthaltsort zu beantworten. Die Folgen einer solchen Enthüllung sind äußerst schwerwiegend, und Ball sollte zur Rechenschaft gezogen werden.“6

Flucht in die USA und neue Geschäftsgründung

Die Schilderung der Ereignisse, die Alexander Ball Denunziation vorwirft, stammt aus einem Bericht der US-amerikanischen ALIU. Als der Bericht verfasst wurde, befanden sich Alexander und Richard Ball in New York, wohin sie im März 1941 flüchten konnten.1 Nach Kriegsende nahmen sie die US-amerikanische Staatsbürgerschaft an und bemühten sich um die Rückgabe der ihnen in Paris geraubten Möbel, Antiquitäten und Kunstwerke. Um in der französischen Hauptstadt gelagerte Werke, die ihnen gehörten, zu identifizieren, reiste Alexander Ball im Herbst 1946 nach Paris.2 Hier konnte er Möbellager besuchen, in denen er Objekte erkannte, die sein Bruder und er einst der Maison Jansen übergeben hatten. Die Restitution zog sich jedoch über mehrere Jahre hin. Grund hierfür war der Brief, den Alexander Ball 1941 an Karl Haberstock geschrieben hatte und in dem er den Aufenthaltsort von Guy de Rothschild verriet. Das Schreiben lag der Commission de récupération artistique (CRA) vor, die daraufhin eine gerichtliche Untersuchung einleitete, im Zuge derer u. a. Guy de Rothschild befragt wurde.3 Der Kunstsammler gab an, von der Weitergabe des Aufenthaltsorts keinerlei Auswirkungen verspürt zu haben. Dies unterstützte Alexander Balls Aussage, dass die Nennung des Ortes nur für Haberstock bestimmt war und keineswegs als Denunziation zu interpretieren sei. Die Untersuchung endete damit, dass der Restitution der geraubten Möbel und Kunstobjekte an Alexander und Richard Ball zugestimmt wurde.

Spätestens seit 1943 mieteten die Brüder Ball Räumlichkeiten im Hotel Dorset in 30 West 54th Street in New York.4 Die Räume des Hotels dienten Alexander Ball lange Zeit als Wohnort, doch auch als Geschäftsräume für den Handel mit Kunst und Antiquitäten. Die Brüder boten hier vor allem französische Möbel des 18. Jahrhunderts, aber auch Gemälde und Zeichnungen an.5 1952 verkauften sie dort das Gemälde Garten in Argenteuil von Claude Monet. Das Werk war einst Teil der Sammlung von Carl Henry Newman und verschwand 1945 aus einem Berliner Banksafe. Heute gehört es zur Kollektion des Metropolitan Museum of Art in New York, das sich 2001 mit den rechtmäßigen Erben des Gemäldes einigte.6 Wo sich Monets Werk in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg befand bleibt unklar.

Auch wenn die Brüder Ball nach dem Krieg Antiquitäten und Kunstgegenstände zurückerhielten, blieben viele im Zweiten Weltkrieg verlorene Objekte verschwunden. Im Jahr 1957 reichten die Kunsthändler daher eine Entschädigungsklage gemäß dem Bundesrückerstattungsgesetz (BRÜG) ein.7 Die Klage bezog sich vor allem auf in Paris geraubte Objekte, zu denen auch Möbel aus der Privatwohnung von Richard Ball sowie aus einem Lager der Speditionsfirma Wouters gehörten. 1963 wurde den Brüdern eine Entschädigung in Höhe von 750.000 DM zugesprochen. Dem deutschen Staat galten die Ansprüche von Alexander und Richard Ball damit als abgegolten.