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Die französischen Museen im Zweiten Weltkrieg

28/09/2023 Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR)

Am Sonntag, dem 3. September 1939, erklärt Frankreich dem nationalsozialistischen Deutschland den Krieg. Die Weltgeschichte kennt hemmungslose Beschlagnahmungen und maβlose Plünderungen - von der Zerstörung des Tempels in Jerusalem im Jahr 70 n. Chr. bis zur Verwüstung des Nationalmuseums in Bagdad 2003. Doch keine Epoche kennt das Ausmaβ des Zweiten Weltkriegs, einer Zeit, die vermutlich neben der Französischen Revolution am einschlägigsten für die Gefährdung des kulturellen Erbes in Frankreich bekannt ist. Zahlreiche Nachforschungen wurden rund um Rose Valland und die Enteignungen jüdischer Vermögen angestellt.1 Die Forschung verfügt jedoch auch über Quellen und Veröffentlichungen, die es ermöglichen, genauer auf die Geschichte der Museen einzugehen, sei es aufgrund von Archivbeständen der französischen und deutschen Verwaltungsbehörden2, von publizierten Zeitzeugenaussagen3, von Monografien,4 von Tagungsakten5 oder Ausstellungskatalogen6. Dieses Forschungsfeld ist dank der jüngsten Veröffentlichungen, aber auch durch eine reichhaltige graue Literatur auf dem Gebiet der Universitätsforschung wieder durchaus aktuell.7 Anders als vor dem Ersten Weltkrieg war die französische Gesellschaft auf den Krieg vorbereitet, auch wenn sie nicht wirklich an die unausweichliche Konfrontation glauben wollte. Mit der Niederlage geht die Dritte Französische Republik zu Ende und der État Français unter Marschall Pétain hat freie Hand. Nach einer Zeit der Anpassung an die neuen Verhältnisse lebt die Kunstszene wieder wie gewohnt weiter, der Alltag ist jedoch geprägt von antisemitischer Ausgrenzung und Ablehnung der von den Besatzern als „entartet“ herabgestuften Kunstwerke. Wie verhalten sich nun die französischen Nationalmuseen dazu?

Kriegsvorbereitungen

In der Zwischenkriegszeit stellt sich der Vorsitzende des Museumsrats die Frage nach dem Erhalt der Sammlungen im Falle eines neuen Konflikts. Schon im Februar 1930 wird von einer neuerlichen Evakuierung gesprochen,1 womit die 1939 durchgeführte Evakuierung die einzige vorbereitete und im Voraus durchorganisierte sein sollte, anders als in den Jahren 1870 und 1914, wo sie überstürzt vonstattengegangen waren.2 Die gröβten Ängste schürt die Frage, wie die Gebäude gegen Luftangriffe geschützt werden könnten und als Vorlage für die zu treffenden Maβnahmen dient dann die Evakuierung des Prado3 im spanischen Bürgerkrieg.4 Im Jahr 1936 bereitet Henri Verne die Museumskonservatoren auf ihren Einsatz vor. Sie werden damit beauftragt, Listen zu erstellen, und zwar von den „besonders wichtigen Werken, die unmittelbar in Sicherheit zu bringen und (oder) auch dann zu evakuieren sind, wenn ihr Schutz nicht unbedingt sofort notwendig ist“.5 Zur gleichen Zeit hat der stellvertretende Konservator der französischen Nationalmuseen und Inspektor der Regionalmuseen, Joseph Billiet, die Aufgabe, für die Regionalmuseen „in absteigender Reihenfolge Listen jener Kunstwerke aufzustellen, die vorrangig bei einem internationalen Konflikt evakuiert oder vor Ort in Sicherheit gebracht werden sollen“.6 Es handelt sich um eine organisatorisch höchst schwierige Aufgabe, da für sämtliche Museen in Frankreich Auslagerungsorte gefunden werden müssen.7 Am 19. Mai 1938 wird das Loire-Schloss Chambord trotz zahlreicher Nachteile zum Hauptdepot bestimmt.8

Eine richtiggehende Generalprobe findet vor dem Münchner Abkommen statt, als am 27. September 1938 ein erster Transport aus dem Louvre startet. Die Werke werden wieder aufgehängt, aber „Chambord ist ein allzu auffälliger Ort, er ist öffentlich sehr bekannt und kann deshalb nicht beibehalten werden, ohne die ohnehin schon groβe Verantwortung der Kunstbehörden noch mehr zu belasten“,9 vor allem aber weiβ die Presse nun um die Auslagerung Bescheid.10 Nach den Verfehlungen im Jahr 1938 wird unter der Leitung von Vernes Stellvertreter Jacques Jaujard der Plan für „den Umzug der Museen von Paris und Umgebung bis in alle Einzelheiten ausgearbeitet11“. Der Louvre stellt verschlüsselte Listen der Kunstwerke auf und verteilt seine Sammlungen auf Hunderte von Kisten.12

Am 24. August 1939 wird der Deutsch-Sowjetische Nichtangriffspakt bekanntgegeben und am 27. August wird den Konservatoren die Evakuierung befohlen.13 Gewisse Länder und groβe Privatsammler vertrauen Frankreich ihre kostbarsten Kunstobjekte an, und die Werke von 200 Regionalmuseen werden in 71 Depots untergebracht.14 Innerhalb von wenigen Tagen wird ein Drittel der öffentlichen Sammlungen Frankreichs ausgelagert.15 Da die Wehrmacht vorrückt, müssen die Werke im Mai und Juni 1940 erneut evakuiert werden.16 Die Gemäldeabteilung des Louvre wird in Kisten in das im Departement Aveyron liegende Kloster Loc-Dieu gebracht. Da dort jedoch keine korrekten konservatorischen Bedingungen herrschen, werden die 3.120 Gemälde weiter ins Ingres-Museum nach Montauban transportiert.17 Wegen der befürchteten Bombardierungen werden die Gemälde des Louvre im Jahr 1943 ein letztes Mal evakuiert, und zwar in die Schlösser des Zentralmassivs.18

Die Arbeit in den Depots geht bis zu den Kämpfen bei der Befreiung relativ ruhig vonstatten: Restaurierungsarbeiten, Bestandserfassungen und Evakuierungsübungen für den Notfall. Allerdings führen die deutschen Besatzer Inspektionen durch, um zu überprüfen, welche Werke und welche beschlagnahmte Sammlungen, die den Museen anvertraut worden waren, sich vor Ort befinden.

Die Museen während des Vichy-Regimes

Georges Huisman verliert seine Stelle als Direktor der Kunstbehörde und wird von Juli 1940 bis März 1944 von Louis Hautecœur ersetzt, dem ehemaligen Konservator des Musée du Luxembourg, auf den Georges Hilaire folgt, der Pierre Laval nahesteht. Unter den jeweils zuständigen Bildungsministern Jérôme Carcopino und später Abel Bonnard bestimmen diese Männer zusammen mit Jaujard, der Direktor der Staatlichen Museen in Frankreich geworden ist1, den Alltag in den Museen.

Die Schlösser Versailles, Compiègne und Fontainebleau sowie die Abteilungen des Louvre, die nun Teilsammlungen und Kopien enthalten, öffnen wieder ihre Tore, damit die deutschen Soldaten sich bei Museumsbesuchen ergötzen können.2 Pläne werden gemacht3, um den Louvre und die französischen Nationalmuseen neu zu organisieren, im Vordergrund steht aber die am 6. August 1942 vorgesehene Eröffnung des Palais de Tokyo und des Musée National d’Art Moderne, „um zu vermeiden, dass diese Gebäude von den Besatzungstruppen requiriert werden“.4 655 Werke sind bei diesem Anlass zu sehen, jüdische und ausländische Künstler sowie politische Gegner sind davon ausgeschlossen. Von diesem Ausschluss ist aufgrund der geltenden Judengesetze auch das Personal der Museen betroffen. Unter ihnen befindet sich der der Kommunistischen Partei nahestehende und mit der Schwester von Vladimir Jankélévitch verheiratete Jean Cassou, der für kurze Zeit Direktor des Musée National d’Art Moderne ist, dann aber abgesetzt und von Pierre Ladoué, dem ehemaligen Stellvertreter des Konservators des Musée du Luxembourg Louis Hautecœur, ersetzt wird.

In der Besatzungszeit werden zahlreiche Werke erworben und die Kaufvorgänge werden sogar vereinfacht.5 Die Haushaltskassen werden mit gesonderten Subventionen6 und einem Kredit von 60 Millionen Francs aufgestockt, und zwar für den Vorkauf der von Beschlagnahmungsmaβnahmen betroffenen, aus den Sammlungen kommenden Kunstwerke.7 Unter diesen Bedingungen konnten die Museen auf dem plötzlich aufblühenden Kunstmarkt besonders gute Geschäfte machen, um ihre „öffentlichen Sammlungen mit Werken zu vervollständigen, die dann im Louvre bewundert werden könnten“8, und bei dieser Gelegenheit manchmal auch versuchen, „verfolgten Sammlern in ihrer Not beizuspringen“9. Die Sammlungen werden in einem solchen Maβe bereichert, dass Georges Salles sich 1945 die Frage stellt: „Wie war es möglich, dass wir im gröβten Sturm einen solchen Reichtum ernten konnten?“10. Bei einem Blick auf die Erwerbungslisten „kann man nicht umhin, ein seltsames Nebeneinander von ausgewählten Themen und von Konservatismus geprägter, zu diesem Zeitpunkt stark verbreiteter Ideologie festzustellen“11.  Der Louvre tätigt zahlreiche Ankäufe, denn „einerseits ist es wichtig, groβe Meisterwerke zu erwerben, die dem ‚Prestige‘ unseres Museums gerecht werden, andererseits brauchen wir auch Werke von geringerem Wert, die aber wesentliche Meilensteine der französischen Kunstgeschichte darstellen“12. Deshalb gelangen Werke in die öffentlichen Sammlungen, die zwangsversteigert worden waren, von denen es aber offiziell heiβt, dass „Werke vor den Plünderungen der Besatzungsmacht gerettet wurden, deren künstlerischer Wert nur in Frankreich selbst bewahrt werden kann“13 und ohne sich an der Frage nach dem der Enteignung zum Opfer gefallenen jüdischen Besitzer zu stoßen.

Die neu organisierte Verwaltung beruft sich auf den Text des sogenannten Gesetzes vom 10. August 1941, das am 9. November 1941 im Journal officiel [frz. Amtsblatt] veröffentlicht wurde und dem Leiter der Staatlichen Museen in Frankreich mehr Macht verleihen sollte. Die Idee dazu ging von einer Gesetzesvorlage für die Museumsreform aus dem Jahr 1937 aus. Die Vorlage führt „ein gemeines Rechtssystem für Museen“14 ein, dem vier Prinzipien zugrunde liegen: nicht zur Réunion des Musées nationaux [Museumsverband] gehörende Häuser werden von nun an als solche geführt oder der Kontrolle des Verbands unterstellt, Anmeldepflicht bei der Gründung eines Museums, eine technische Beratung bei der Réunion des musées nationaux ist im Falle von Neuerwerbungen, Schenkungen oder Hinterlassenschaften obligatorisch, Kompetenzkontrolle der Konservatoren durch eine Eingangsprüfung zu diesem öffentlichen Amt und durch eine bis dahin nicht existierenden frankreichweiten Stellenverwaltung.15 Mit dem Gesetz sollen vor dem Krieg in den Kultureinrichtungen aufgetretene Probleme geregelt werden, zugleich bringt es die Kontrollabsichten und die Machtzentralisierung des Vichy-Regimes zum Ausdruck.

In den Nationalmuseen ist allmählich Überdruss zu spüren. So geht (der zu diesem Zeitpunkt abgesetzte und später inhaftierte) Jean Cassou ab Juli 1940 in den Widerstand, später folgen René Huyghe und André Chamson; Jaujard steht einigen Widerstandsgruppen nahe und widersetzt sich auf Verwaltungsebene zusammen mit Billiet den Forderungen des Ministeriums. Gleichzeitig besteht jedoch auch ein wahrhafter Antisemitismus, wie aus der Korrespondenz zwischen Germain Bazin und Huyghe16 zu ersehen ist und ein Teil der Mitarbeiter der Museen kollaboriert bedenkenlos. Georges Grappe, der Konservator des Musée Rodin17, beteiligt sich aktiv als Vorsitzender der Kunstabteilung der Kollaborationspartei Groupe Collaboration und organisiert im Orangerie-Museum die Breker-Ausstellung.18

Besatzer und Museen

Ab Juli 1940 ordnet der deutsche Botschafter Otto Abetz die Beschlagnahmung aller Kunstobjekte an, egal, ob sie dem Staat, den Städten oder jüdischen Eigentümern gehören.1 Franz von Wolff-Metternich vom Kunstschutz wird mit der Sicherstellung der Kunstwerke beauftragt. Metternich versucht, das französische Kulturgut in Sicherheit zu bringen. Allerdings werden unter diesem Vorwand der Sicherstellung die Kulturgegenstände deutschen Ursprungs und die Kunstwerke, die mit dem Deutschen Reich in Zusammenhang gebracht werden können, in der Absicht katalogisiert, sie im Rahmen von Friedensverhandlungen zurückzufordern.2 Da Metternich jedoch mit der Plünderungspolitik des Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) in Konflikt gerät, wird er von seinem Vertreter Bernhard von Tieschowitz abgelöst, der seine Aktion weiterverfolgt.3 Die Werke der Museen in Alsace-Moselle (dem bis dahin französischen Elsass-Mosel-Gebiet) werden bereits im August 1940 von der deutschen Armee requiriert und in die ursprünglichen Departements zurückgebracht, die inzwischen an das Deutsche Reich annektiert worden waren.4

In der gleichen Zeit, nämlich am 1. November 1940, besetzt der ERR das Jeu de Paume-Museum, um von dort aus französische Privatsammlungen aus jüdischem Besitz zu plündern. Die so zusammengetragenen Kunstobjekte werden zugunsten der Führungselite der Nationalsozialisten und des Deutschen Reichs begutachtet, fotografiert und daraufhin verkauft, getauscht oder aufbewahrt. Dank Jaujard bleibt die Museumsassistentin Rose Valland auf ihrem Posten. Sie soll die Tätigkeit des ERR auskundschaften.5 Die in ihren Carnets gesammelten Notizen zeugen von den täglichen Ausschreitungen des ERR. Neben den geplünderten Sammlungen gibt es Werke, welche die Familie Rothschild, Léonce Bernheim, oder auch David David-Weill, der ehemalige Vorsitzende des französischen Museumsrats, den Musées nationaux bereits im Jahr 1939 in der Hoffnung, sie in Sicherheit zu bringen, anvertraut hatten.6 Etwa sechzig, in mehr als 500 Kisten verteilte Privatsammlungen waren somit zu gleicher Zeit wie die öffentlichen Sammlungen evakuiert und in den museumseigenen Depots untergebracht worden.7 Der Versuch der Direktion der französischen Nationalmuseen, die Werke aus  Privatbesitz in Sicherheit zu bringen, scheiterte bereits im Juli 1941.8 Die durchgeführten Beschlagnahmungen waren von unglaublichem Ausmaβ, denn zwischen 1940 und 1944 waren in Frankreich zigtausend Werke davon betroffen.

Eine weitere Schmach erleben die Museen, als das Werk L’Agneau mystique [~ Das Opferlamm] beschlagnahmt wird, das Belgien Frankreich anvertraut hatte. Trotz der von Jaujard, Metternich und dem Bürgermeister von Gand organisierten Schutzvorkehrungen9 wird das Gemälde auf Lavals Anweisung hin am 3. August 1942 nach Deutschland verbracht.10 Als Jaujard sich beschwert, erteilt ihm Bonnard einen Verweis.11

Jaujard bringt allerdings die Forderungen gewisser nationalsozialistischer Führungspersönlichkeiten zum Scheitern. Ribbentrop begehrt nämlich Bouchers Diane sortant du bain [~ Diana im Bade], Himmler den Teppich von Bayeux, und Göring das Baseler Antependium, die sich alle in den staatlichen Sammlungen befinden. Jaujard gelingt es immerhin, dank eines von den deutschen Konservatoren allerdings abgelehnten Tauschprinzips, die Verwirklichung der Pläne hinauszuzögern.12 Einige Werke aus den staatlichen Sammlungen werden dennoch nach Deutschland gebracht, ebenso wie die als „Kriegsbeute“ erachteten Kunstobjekte aus den Sammlungen des Pariser Museums für Militärgeschichte im Hôtel des Invalides sowie die Magdalenenfigur von Gregor Erhart.13 Die vorgesehenen Tauschgeschäfte mit Deutschland finden nicht statt, jene mit dem von Franco regierten Spanien gelingen jedoch. Murillos Immaculée Conception [~ Die Unbefleckte Empfängnis] aus dem Louvre wird zusammen mit sechs der insgesamt neun westgotischen Kronen von Guarrazar und der Dama de Elche in den Prado gebracht. Frankreich erhält im Gegenzug Grecos Porträt des Covarrubias und das zu jener Zeit Vélasquez zugeschriebene Gemälde Infante Marianna.14

Ein gefährlicher Weg zur Libération

1944 versuchen die Besatzerbehörden, die Werke aus den Depots nach Paris zurückzubringen. Jaujard kann den Plan unter Verweis auf die zahlreichen Bombardierungen im Pariser Raum hinauszögern,1 denen das Sèvres-Museum, das er als Beispiel anführt, 1942 zum Opfer gefallen war.2 Letztendlich bleiben die Bestände in den Depots vor Ort und nach der Evakuierung der Museen im Norden, Nordwesten und in den Küstenregionen Frankreichs werden zusätzliche Kisten dorthin verbracht.3 Sicherheitshalber informiert Jaujard mit spanischer Vermittlung das Hauptquartier der Alliierten über den Verbleib der Sammlungen.4 Im Laufe der schrittweisen Befreiung des französischen Staatsgebietes besuchen die Offiziere der Art Looting Investigation Unit die Depots und stellen sie unter die Schutzherrschaft der Alliierten.5 Im Louvre sind keine Schäden zu beklagen, trotz der Kampfhandlungen in nächster Nähe, als sich die Forces françaises libres [FFL, Streitkräfte für ein freies Frankreich] die Rue de Rivoli entlang in Richtung Hôtel Meurice zur deutschen Kommandantur des „Grand-Paris“ begeben. Nichtsdestotrotz kommt es zu Zerstörungen und Plünderungen. In Metz finden heftige Kämpfe statt, von denen die Museumssammlungen stark betroffen sind. Bei der Befreiung kommen die Arisierungsverfahren der Sammlungen in den angegliederten Regionalmuseen ans Tageslicht. Edmund Hausen, der ab 1940 Museumsdirektor in Metz ist,6 legt einen Bericht vor über die „entartete Geschichtsauffassung der Museen in Metz, die in totalem Widerspruch zum deutschen Charakter des Landes und der Lothringer Bevölkerung steht“7. Die Überleitungsstelle für das volks- und reichsfeindliche Vermögen wird innerhalb des Museums untergebracht.8 Dorthin werden mehrere Tausend entzogene Güter gebracht, karteimäβig erfasst und fotografiert,9 dann verkauft oder den „Siedlern“ angeboten, die die vertriebenen Bewohner des Moselgebietes ersetzt haben.10 Als die Werke wieder in Frankreich sind,11 erschweren Zwangsverwaltung und die ihre Rückkehr betreffenden komplexen Formalitäten die Wiedereröffnung des Museums, sodass die Konservatoren die Raubkunst wegschicken, unter dem Vorwand, die Leitung der Staatlichen Museen in Frankreich habe dies angeordnet.12

Da Jaujard zum Direktor der Kunstbehörde ernannt wird, folgen ihm zuerst Billiet, dann Georges Salles als neue Direktoren der Staatlichen Museen in Frankreich. Sie fordern umgehend Berichte über den Zustand der französischen Museen an, die nach und nach wieder eröffnet werden,13 sobald die Sammlungen erneut in den Häusern angelangt sind.14 Die in der Kunstbehörde arbeitenden Staatsbediensteten werden bei den Säuberungsverfahren so gut wie nicht behelligt.15 Bonnard, der nach Spanien geflüchtet war, wird als Einziger in Abwesenheit zum Tod verurteilt, Hilaire wird, ebenfalls in Abwesenheit, zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, Grappe wird seines Amtes enthoben. Dass die Commission de récupération artistique [Kommission für die Wiedererlangung von Kunstwerken] 1944 ihr Büro im Jeu de Paume eröffnet, hat Symbolcharakter. Rose Valland setzt ihre Arbeit auf der Suche nach den in Deutschland verloren gegangenen Kunstwerken fort.16 Hier beginnt der lange Weg zur Restitution und Entschädigung der den Enteignungen zum Opfer gefallenen Personen.