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„Welz ist in erster Linie ein Geschäftsmann, der in politischer Hinsicht als Konjunkturritter zu bezeichnen ist, der es immer verstanden hat, sich jeweils dem bestehenden System anzuschließen, um sich so für sein Geschäft Vorteile zu sichern. Es gelang ihm daher auch, sich vom Inhaber eines Rahmengeschäfts zum Kunstsachverständigen des Gaues Salzburg emporzuarbeiten.“1

Pariser Einkaufsreisen eines NS-Profiteurs

Friedrich Welz (1903-1980) hatte 1934 das väterliche Rahmen- und Vergoldergeschäft in der Sigmund-Haffner-Gasse 16 in Salzburg übernommen und dank einer Kunsthandels-Konzession zur Galerie Welz ausgebaut. Mit der „Arisierung“ der Galerie Würthle gelang 1938 die Ausweitung seiner Geschäftstätigkeit nach Wien.1

Ab dem Herbst 1940 versuchte er im Auftrag des Salzburger Gauleiters und Reichstatthalters Friedrich Rainer durch „Einkaufstouren“ in das besetzte Frankreich sein Lieblingsprojekt einer zu gründenden Salzburger Landesgalerie zu realisieren.2 Dank der Akquisition hunderter Kunstwerke auf dem Pariser Kunstmarkt, die u.a. an prominente NS-Funktionäre wie die Reichsminister Bernhard Rust (1883-1945) und Fritz Todt (1891-1942) oder den Wiener Reichsstatthalter Baldur von Schirach3 (1907-1974) verkauft wurden, avancierte Welz, selbst Parteimitglied der NSDAP seit Juli 1938, zu einem gut vernetzten und erfolgreichen Kunsthändler des NS-Regimes.4 Von Welz‘ Einkäufen in Paris profitierten auch Galeristen wie Wolfgang Gurlitt5 (1888-1965) bzw. öffentliche Sammlungen wie das Graphische Kabinett in München, das Kunsthistorische Museum und die Graphische Sammlung Albertina in Wien.6

Welz war am 19. September 1940 erstmals in offizieller Mission nach Paris aufgebrochen: Im Auftrag von Gauleiter Rainer, „um für Schloß Kleßheim, welches im Auftrag des Führers als Gästehaus ausgebaut wird, und für die Diensträume des Reichsstatthalters Einrichtungs- und Kunstgegenstände zu kaufen.“7 Welz erwarb vier flämische Tapisserien, Die Taten des Herkules, für 425.000 F in der Galerie Paul Cailleux,8 aber auch zahlreiche Gemälde, die Eingang in die geplante Landesgalerie finden sollten. Neben euphorischen Berichten über die „außerordentlich günstigen weiteren Einkaufsmöglichkeiten“ in Paris9 informierte Welz während seiner 2. Tour am 16. November 1940 telefonisch die Reichsstatthalterei in Salzburg über die im Louvre deponierten

„beschlagnahmten Kunstgegenstände aus jüdischem Besitz […]. Über diese Kunstgegenstände hat nach einem Befehl des Führers Reichsleiter Rosenberg zu disponieren. Welz bittet, en [sic!] den Chef des Oberkommandos der Wehrmacht auf Grund des Befehles vom 17.9.1940 […], ein Ansuchen um Freigabe der aus jüdischem Besitz stammenden beschlagnahmten Kunst und Einrichtungsgegenstände in Paris zu richten. […] Welz hätte jetzt Gelegenheit, die Gegenstände zu sichten und auszuwählen, die für Klessheim und die Residenz beiseite gelegt werden könnten. Es wäre auf diese Art und Weise möglich eine ganze Menge Dinge kostenlos zu erhalten.“10

Trotz der Ablehnung weiterer Ankäufe zur Ausstattung von Kleßheim durch die Berliner Präsidialkanzlei konnte Welz, dank der Empfehlungsschreiben von Reichsminister Rust und Gauleiter Rainer, auf vier weiteren Fahrten – im November 1940, im Februar, Mai und Oktober 1941 – für die projektierte Landesgalerie bei diversen Pariser Kunsthändlern rund 300 Kunstobjekte, größtenteils Gemälde, aber auch einige Skulpturen sowie Einrichtungsgegenstände erwerben. Abgesehen von einer Reihe barocker Gemälde sowie einiger mittelalterlicher Objekte liegt der Schwerpunkt der Pariser Erwerbungen auf Werken des 19. Jahrhunderts (Vertreter des Realismus wie Courbet, der Schule von Barbizon, Impressionisten und Spätimpressionisten, aber auch Bildhauer wie Rodin, Maillol oder Despiau). Gerhard Plasser hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Welz in Konkurrenz zur NS-Sammler-Elite nicht auf die erste Garnitur der Kunstwerke zugreifen konnte.11

Pariser Kontakte

Bei der Vermittlung und der Akquirierung der Objekte bediente sich Welz mehrerer Sub-Agenten, von denen allerdings nur zwei, seine Dolmetscherin Madame Andrée Salamon und ein nicht näher identifizierter Monsieur Solpray, namentlich bekannt sind.1 Nachweisbar sind auch Kontakte zu Wilhelm Jakob Mohnen, einem Gestapo-Agenten und besonderen Kenner des Pariser Kunstmarktes während der Besatzungszeit.2

Fritz Koller weist darauf hin, dass betreffend der Pariser Erwerbungen durch Welz bereits während des Krieges „wüste Gerüchte“ kursierten, wie etwa, er habe „wagenweise in Frankreich Kunstwerke gestohlen.“3 Laut Koller sind

„die Fakten […] sehr viel nüchterner: Auf seinen fünf Parisfahrten kaufte Welz eine unbekannte Anzahl von Kunstobjekten und historisch wertvollen Einrichtungsgegenständen, von Stilmöbeln bis zu Bezugsstoffen. 1942 inventarisierte er von den Kunstgegenständen 312 Objekte, darunter 288 Bilder und 24 Plastiken, für die Landesgalerie. 308 Objekte kaufte er bei 42 namentlich bekannten Kunsthändlern, bei vier Objekten sind die Händler unbekannt.“4

Im Gegensatz zu Koller verweist Gert Kerschbaumer darauf, dass einige der im Inventar der Landesgalerie vermerkten Händlernamen nicht zu identifizieren sind und die Provenienz der Werke meist unklar ist:

„So ist die Herkunft der Kunstwerke mit wenigen Ausnahmen nicht zu bestimmen, auch die französischen Marchands vielfach nicht, und wenn doch, dann muss das nicht bedeuten, dass Welz bei ihnen die Kunstwerke erworben hat. Ziemlich sicher ist dies nur bei Alexis Rudier. Hier hat Welz einige teure Stücke und anscheinend gegen Rechnung gekauft: acht Skulpturen einschließlich Bürger von Calais von Auguste Rodin, Axa und einen Akt-Torso von Charles Despiau, Trois Nymphes von Aristide Maillol.“5

Ein Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Paris äußerte sich anlässlich der 5. und letzten Einkaufstour von Welz nach Paris im Oktober 1941 „einigermassen erstaunt, dass Herr WELZ hier in PARIS wieder aufgetaucht ist“, da

„Herr WELZ durch die Art seiner Einkäufe im letzten Jahr hier einen sehr unangenehmen Eindruck hinterlassen hat. […] möchte Sie aber bitten, von weiteren Reisen des Herrn WELZ nach Paris absehen zu wollen, da eine Unterstützung von Seiten der Botschaft keinesfalls in Frage kommen kann.“6

Veränderte Bedingungen

In der Folge sollte durch den Gauleiterwechsel zu Gustav Adolf Scheel (1907-1979) im November 1941 der kulturpolitische Einfluss Welz‘ in Salzburg eingeschränkt werden.1 Scheel tolerierte dessen Agieren als „Meister des Verwirrens“2 zwischen offiziellen Aufträgen und privatem Profit nicht und stellte gegenüber von Schirach fest, dass er

„mit Welz einen neuen Weg eingeschlagen [habe]. Welz hat nach der Besetzung von Frankreich im Auftrage von Gauleiter Rainer dort grössere Ankäufe vorgenommen. Er benützte diese Gelegenheit, um auch für sich erhebliche Käufe vorzunehmen. Es blieb dann bis zu meinem Amtsantritt in Salzburg völlig unklar, welche Bilder, Teppiche usw. nun dem Reichsgau oder dem Pg. Welz gehören. W. legte dies in jedem Falle so aus, wie es ihm in sein persönliches Geschäft passte.“3

Im April 1942 musste Welz den Wunsch des Gauleiters, „alle für den Reichsgau Salzburg erworbenen Gegenstände demselben zu erhalten“, zur Kenntnis nehmen:

„Ich hatte niemals konkrete Aufträge für die Ankäufe in Frankreich übernommen. Es war vielmehr ganz meiner Initiative und meinem persönlichen Risiko überlassen, welche Kunst- und Einrichtungsgegenstände von mir erworben wurden. Meine ursprünglichen Vereinbarungen mit Gauleiter Dr. Rainer beinhalteten nur eine Erst-Angebots-Verpflichtung an den Reichsgau Salzburg. […] Der Sammlung von Kunstwerken für die Landesgalerie gehört meine fanatische Liebe. Als Nationalsozialist will ich, im Rahmen meiner Leistungsfähigkeit, mein [sic!] Teil dazu beitragen, ein Werk zum Gelingen zu bringen, das der Allgemeinheit dient.“4

Nach dem Krieg

Auf Antrag der französischen Commission de Récupération artistique [Kommission für die Wiedererlangung von Kunstwerken] wurde Welz ab November 1945 bis April 1947 von den US-Amerikanern in dem Camp Marcus W. Orr, dem sogenannten Lager Glasenbach südlich von Salzburg, interniert.1 Korrespondenzen von Welz aus dem Camp machen deutlich, dass ihm eine reflektierte Sicht auf seine Geschäftspraktiken in der NS-Zeit völlig fremd war: „Manchmal glaub ich wirklich am Ende zu sein. Dazu kommt noch das Bewusstsein, das [sic!] ich mein halbes Leben einem Ziel geopfert habe, das heute von unfähigen Händen wahrscheinlich zerstört wird.“2 Der Salzburger Kunsthändler Fritz Hoefner, der im November 1945 zum kommissarischen Verwalter der Galerie Welz bestellt wurde, erstattete im Juni 1947 Anzeige gegen Welz beim Volksgericht in Linz. Das Verfahren nach § 6 Kriegsverbrechergesetz („missbräuchliche Bereicherung durch Ausnützung der nationalsozialistischen Machtergreifung“) wurde im Januar 1950 eingestellt.3

Spätestens ab 1946 erfolgten Nachforschungen der französischen Kommission zur Wiedererlangung von Kunstwerken unter Major Eugène Villaret über den Verbleib jener 312 Kunstwerke, die Welz ab Herbst 1940 in Paris erworben und 1942 für die Landesgalerie inventarisiert hatte. Rund 200 der sichergestellten Objekte wurden in mehreren Transporten zwischen Ende Februar und Anfang Mai 1947 nach Frankreich retourniert; einzelne folgten noch bis Jahresende 1949.4 Im Juni 1948 wurde eine 120 Werke umfassende Fehlliste erstellt: „Die beigefügte Liste von 120 Gemälden, die während des Krieges von Friedrich Wels [sic!] in Frankreich erworben wurden, sind noch nicht wiedergefunden [...] und an die Franzosen zurückgegeben worden.“5 Bis heute nicht restituiert wurden auch jene 19 Kunstwerke, die in den 1950er Jahren entdeckt wurden und sich nach wie vor im Bestand der Salzburger Residenzgalerie befinden.6 Die mögliche Identifizierung und Rückführung französischer Objekte war in der Nachkriegszeit nicht als Bringschuld der Salzburger Behörden erachtet worden:

„Es ist weder dem gef. Amte noch der Landesbuchhaltung bekannt, in welcher Weise die Geschäfte der seinerzeit von Friedrich Welz in Salzburg […] geleiteten Landesgalerie bzw. Gemäldegalerie abgewickelt worden sind. Falls die Auffindung französischer Kunstwerke weiter verfolgt werden sollte, bittet das Amt der Landesregierung dem franz. Hauptquartier empfehlen zu können, sich unmittelbar mit dem ehem. Leiter der Gemäldegalerie Friedrich Welz […] in Verbindung zu setzen.“7